19. November 2023, 14:09 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Die Dune du Pilat an der französischen Atlantikküste nahe Bordeaux ist die größte Wanderdüne in ganz Europa. Dank ihrer wahrhaft gewaltigen Ausmaße und ihrer Lage ist sie längst ein sehr beliebtes Ausflugsziel für Einheimische wie Touristen gleichermaßen.
An der französischen Atlantikküste, nahe dem kleinen Ort Arcachon, nur etwa eine Autostunde entfernt von Bordeaux, liegt eines der größten Naturwunder von ganz Europa. Wobei „liegt“ eigentlich das falsche Wort ist, denn die Dune du Pilat, Europas größte Wanderdüne, bewegt sich jährlich tatsächlich um einige Meter. Nicht zuletzt wegen der spektakulären Lage zwischen dem Atlantik und einem kilometerlangen Wald aus Seekiefern ist der Gigant aus Sand mittlerweile eine der größten Touristenmagneten der gesamten Region Nouvelle-Aquitaine.
Allein die schieren Ausmaße der Dune du Pilat sind beeindruckend: Laut offizieller Seite ist sie 107 Meter hoch, 616 Meter breit und 2,9 Kilometer lang. Dies sind allerdings keine wirklich, nun ja, festen Werte, da sich die Dimensionen des Riesen je nach Wetter- und vor allem Windlage jederzeit leicht verschieben können. In manchen Jahren variiert die Düne daher mitunter gar in der Höhe um mehrere Meter. Es sind Millionen von Kubikmetern an Sand, die diese Wanderdüne im Laufe der Jahrhunderte geformt haben.
Jahrhundertealtes Wunder
Wie die offizielle Seite der Dune du Pilat schreibt, entstand der „Vorgänger“ des heutigen Sandberges zwischen den Jahren 500 und 1000. In dieser Periode kam es häufiger zu Stürmen, die zu den teils massiven Sedimentablagerungen in der Gegend sprichwörtlich beitrugen. Nach einer jahrhundertelangen Ruhephase setzten dann solche starken Winde wieder ein, und häuften unter anderem auch Europas heute größte Wanderdüne auf. Es war keine Seltenheit, dass solche Dünen zum Teil über Felder und durch Dörfer wanderten. Bis Kaiser Napoleon dem höchstpersönlich ein Ende setzte.
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Denn 1801 unterzeichnete er ein Dekret, dass die Pflanzung von Seekiefern an der Küste der von Nouvelle-Aquitaine anordnete. Mit diesen Bäumen hoffte man, die Dune du Pilat und ihre „Artgenossen“ quasi einzuzäunen, und sie fortan so an ihrer Bewegung zu hindern. Jedoch funktionierte dieser Plan nur bis 1860. Dann begann die Düne wiederum zu wandern. Durch stetige Erosion erhielt sie die Form, die wir heute bewundern können. Diese und ihre traumhaft schöne Lage haben sie mittlerweile zu einem der beliebtesten Besucherziele in der Region gemacht.
Beliebter Besuchermagnet
Die etwa zwei Millionen Besucher pro Jahr sind umso beeindruckender, wenn man bedenkt, dass die Saison hier nur von Anfang April bis Mitte November geht. In diesen Monaten erklimmen täglich tausende Menschen Europas größte Wanderdüne, um selbst auf ihr zu wandern. Doch nur die Wenigsten stapfen dabei wohl durch den tiefen Sand hinauf. Beim Aufstieg verhilft eine Treppe mit 160 Stufen zum Gipfel-Glück. Oben angekommen, wird man dann mit einer fantastischen Aussicht belohnt.
Da ist zunächst einmal der einzigartige Weitblick, unter anderem auf die Halbinsel Cap Ferret mit ihrem Leuchtturm. Außerdem sichtbar bei Ebbe: die Sandbank Banc D‘ Arguin, im Osten das Landes de Gascogne, Westeuropas größtes zusammenhängendes Waldgebiet. Gut einen Kilometer entfernt vom Einstieg bei der Treppe befindet sich der höchste Punkt der Dune du Pilat. Von hier aus kann man die Düne dann in ihrer ganzen Länge bewundern. Wer noch weiter laufen möchte, kann auch alte Bunker aus dem Zweiten Weltkrieg entdecken. Im Sommer ist natürlich nach einer solchen Tour ein Bad im Atlantik quasi Pflicht. Der Strand Plage de la Corniche bietet sich dafür an und ist in der Hauptsaison auch überwacht.
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Verwirrung um den offiziellen Namen
Der Name der Düne stammt übrigens aus dem Gaskognischen, einer alten Sprache. „Pilàt“ bedeutet hier wörtlich übersetzt so viel wie „Haufen“, was ob der Größe der Dune du Pilat etwas respektlos anmutet. Wer von Bordeaux aus anreist, dürfte übrigens mitunter verwirrt sein, denn auf Schildern finden sich teils auch die orthografisch falschen Bezeichnungen Dune du Pyla oder Dune de Pyla. Eine Erklärung dafür dürfte die Nähe des Badeortes Pyla sur Mer zu der Düne sein. Wie auch immer geschrieben, die Gegend wurde aufgrund ihrer Besonderheit bereits 1878 zum Naturschutzgebiet erklärt.
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Jedes Jahr wandert die Dune du Pilat einige Meter weiter nach Osten, und verschluckt dabei den Kiefernwald, der sie einst begrenzte. Der Wind hier am Meer trägt dazu bei, die insgesamt 60 Millionen Kubikmeter Sand langsam abzutragen bzw. zu verwehen. Jedes Jahr bedeckt sie so 8000 Quadratmeter neue Fläche, wandert dabei um bis zu fünfeinhalb Meter. Seit 2009 vermessen Wissenschaftler die Düne jährlich, um Aufschluss über ihre Entwicklung zu gewinnen.
Wer die Dune du Pilat besuchen möchte, wird vermutlich mit dem Auto anreisen. Ein offizieller Hauptparkplatz in der Nähe der Treppe auf die Düne bietet Platz für fast 1000 Fahrzeuge. Auch Parkmöglichkeiten für Wohnmobile und Reisebusse sind zusätzlich vorhanden. Vom Bahnhof von Arcachon aus fährt zudem die Buslinie 1 direkt die Haltestelle Dune du Pilat an. Der Eintritt zu dem Naturwunder ist ganzjährig möglich und kostenlos. Mitte November bis Anfang April wird die Treppe auf die Düne abgebaut, um eine Versandung zu verhindern.