1. Juni 2024, 7:32 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Der Hot Springs National Park in den USA hat seinen Namen von heißen Thermalquellen. Schon die Ureinwohner kannten die Heilkraft des Wassers, mussten ihren heiligen Ort dann aber unter Druck verkaufen. In der Folge entstand mit Thermopolis rund um den Park eine ganze Stadt, die von den berühmten Wassern noch heute profitiert. Dank einer Klausel in einem Vertrag, den die Indigenen damals erwirkten, kann jeder hier umsonst baden.
In Wyoming liegt mit Yellowstone der vielleicht bekannteste und definitiv älteste Nationalpark der Vereinigten Staaten, berühmt vor allem für seine heißen Geysire. Doch mit dem Hot Springs National Park gibt es noch ein weiteres, weit weniger besuchtes Naturwunder in dem US-Bundesstaat. Dabei kannten schon die Ureinwohner die heilkräftige Wirkung des heißen Wassers, das hier aus der Erde strömt. Noch heute kann jeder, der den Ort besucht, dort gratis baden. Dieser Umstand verdankt sich jedoch einem düsteren Kapitel in der amerikanischen Geschichte.
Laut der offiziellen Seite des Ortes wurde das Gebiet, auf dem heute der Hot Springs National Park liegt, im Jahre 1804 zum ersten Mal von einem Expeditionskorps „entdeckt“. Die Ureinwohner des Territoriums vom Stamm der Shoshone und Arapaho kannten die heißen Quellen zu diesem Zeitpunkt allerdings bereits seit Jahrtausenden. Sie nutzten die Wasser nicht nur für rituelle Bäder, sondern bauten in der Gegend auch Gestein für die Herstellung ihrer Werkzeuge und Waffen ab. Aufgrund der sogenannten Hunter-Dunbar-Expedition, ausgesandt vom damaligen Präsidenten Thomas Jefferson persönlich, erschloss sich nun auch „der weiße Mann“ das Gebiet.
Der älteste Nationalpark der Welt
1803 erst war das Land, auf dem sich der Hot Springs National Park befindet, Teil der noch jungen USA geworden. Schon vier Jahre später siedelten sich hier aber die ersten Pioniere an, die schnell das Potential des Heilwassers erkannten. Bereits in den 1830er Jahren waren die heißen Quellen zu einer Touristenattraktion geworden und es gab hier (bescheidene) Einrichtungen für Badegäste. Wenn man so will, könnte man Hot Springs sogar als ältesten Nationalpark der Welt ansehen. Denn schon 40 Jahre vor Yellowstone erklärte Präsident Andrew Jackson das Gebiet als besonders schutzwürdig.
Auch interessant: In diesem Park baden Affen täglich in heißen Quellen
Dennoch ging die Besiedlung der Gegend um den heutigen Hot Springs National Park ungebremst weiter. Ungeachtet der Tatsache, dass das Land, auf der er sich befindet, seit Urzeiten die Heimat der Ureinwohner von Amerika war. Von den Invasoren immer stärker bedrängt und auch bedroht, mussten sie laut der Seite „Wyoming History“ nach und nach immer größere Stücke ihrer alten Heimat unter Zwang verkaufen bzw. abtreten. Alleine zwischen 1863-68 verloren sie so gut 14 Millionen Hektar ihres angestammten Landes, und damit weit mehr als 90 Prozent der ursprünglichen Fläche.
Elend, Hunger und Tod
Interessanterweise findet sich auf der offiziellen Seite des Nationalparks zu dieser Schande auch nicht der kleinste Hinweis. Genauso wenig wie dazu, dass man die Indigenen in der Folge quasi aushungerte. Der Büffel, jahrtausendelang ihre Nahrungsgrundlage, war von den Siedlern sukzessive ausgerottet worden. Und die Lebensmittelhilfen, die die Indigenen von der US-Regierung erhielten, reichten bestenfalls für ein Leben in tiefstem Elend. So starben allein zwischen 1885 und 1900 fast ein Drittel der Shoshone und mehr als 14 Prozent der Arapaho-Population. Unter diesem Druck stimmten die Ureinwohner schließlich zu, auch das Gebiet des heutigen Hot Springs National Park zu verkaufen.
Mitte der 1890er Jahre traten weiße Vertreter also erneut in „Verhandlungen“ mit den Stämmen, denn das geschäftliche Interesse an den heißen Quellen war massiv gewachsen. Am 21. April 1896 stimmten die Indigenen schließlich zu , weitere knapp 26.000 Hektar ihres Gebiets für 60.000 Dollar zu verkaufen. Und gaben damit das Land, auf dem heute der Hot Springs National Park liegt, für immer aus der Hand. Allerdings stimmte der kluge Shoshone-Häuptling Washakie dem faulen Deal nur unter einer Bedingung zu: Allen Menschen sollte ein Bad in den heißen Quellen für alle Zeit kostenlos zugänglich sein. Eine Klausel, die bis heute unverändert festgeschrieben steht.
Urlaub in den USA Die besten Tipps für einen Besuch im Yellowstone-Nationalpark
Heiligtum der Ureinwohner Mato Tipila oder Devil’s Tower – Namensstreit um erstes National-Denkmal der USA
In South Dakota Mount Rushmore – das monumentale Präsidenten-Denkmal in den USA
Die weltweit größte Mineralthermalquelle
Der offiziellen Tourismuswebseite der USA zufolge gründete sich nur ein Jahr später, also 1897, die Stadt Themopolis rund um den heutigen Hot Springs National Park. Diese wirbt für sich selbst damit, über die weltweit größte Mineralthermalquelle zu verfügen. Seine Blütezeit erlebte der Ort jedoch vor allem zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts. Zahlreiche noble Badehäuser im viktorianischen Stil empfingen damals Gäste. Von 1912-23 ersetzte man diese dann durch noch pompösere steinerne Bauten. Am 4. März 1921 wurde der Ort schließlich auch offiziell als achtzehnter Nationalpark der Vereinigten Staaten anerkannt.
Auch interessant: Isa Lake: Der See, der in zwei Ozeane abfließt
Auch heute noch findet man hier fast alle der alten Badehäuser, die teils für eine neue Nutzung umgebaut wurden. So sind manche mittlerweile als historische Orte anerkannt, eines dient als Besuchercenter und Museum. Laut „Atlas Obscura“ feiern die Shoshone und Arapaho auch heute noch jedes Jahr im August ein Fest, das an das „Geschenk des Wassers“ erinnert. So soll Häuptling Washakie damals bei der Unterzeichnung des Vertrages, in dem sein Stamm das Land des heutigen Hot Springs National Park abtrat, Folgendes gesagt haben: „Ich habe euch die Quellen gegeben, mein Herz fühlt sich gut.“ Jeder, der hier heute ein Bad nimmt, sollte dieser bewegenden Worte und der Geschichte dieses besonderen Orte gedenken.