14. August 2023, 7:12 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten
Die Märkische Schweiz nahe Berlin macht ihrem Beinamen alle Ehre: Denn Brandenburgs „Mini-Alpen“ bieten Wanderern abwechslungsreiche und durchaus auch herausfordernde Strecken in ursprünglicher Natur. Gelegen zwischen zahlreichen wunderschönen Seen, ist der kleine Ort Buckow ein idealer Start- und Zielpunkt für eine aufregende Tagestour – und überrascht auch ansonsten in vielerlei Hinsichten. Unser Autor hat den Naturpark für Sie erwandert.
„Wow, ist das schön hier!“ Ein solcher Satz lässt einem ja vor allem dann das Herz höher schlagen, wenn man ihn völlig überrascht und begeistert ob einer unerwarteten Entdeckung äußert, die man gerade gemacht hat. Mir ging es so, als ich kürzlich eine Tageswanderung rund um das kleine Buckow im Naturpark Märkische Schweiz unternahm. Und dabei noch viel mehr Schönes fand, als ich gehofft hatte. Nämlich nicht nur eine abwechslungsreiche Strecke in herrlichster Natur und weitgehender Einsamkeit, sondern auch einen wunderbaren Ort, der mich in vielerlei Hinsicht richtiggehend bezaubert hat.
Die Tagestour beginnt an einem namenlosen Kiosk direkt an der Promenade des Schermützelsee – und schon hier endet sie auch beinahe wieder, denn man möchte eigentlich überhaupt nicht mehr weiter laufen. Die Crew des kleinen Imbisses hat soeben ein herrliches Fischbrötchen über die Theke gereicht, dazu der Blick auf das schilfbestandene türkisgrüne Wasser. Schwer vorstellbar, dass es irgendwo gerade schöner sein könnte. Das findet auch eine 93-jährige Seniorin, die eher wie 80 wirkt und hier jeden Tag sitzt. Vermutlich hält sie das so jung. Oder aber die Tatsache, das Buckow ein anerkannter Kneipp-Kurort ist und auch in vielerlei anderen Hinsichten so ganz anders als vergleichbare Orte in der Brandenburger Peripherie.
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Empfehlung von Fontane
Also noch einen hausgebackenen Pflaumenkuchen und einen Kaffee hinterher, bevor es ans Wandern geht. Die Märkische Schweiz kann man wohl an kaum einem Ort so gut kennenlernen wie auf der gut 20 Kilometer langen Naturpark-Route, auf der ich heute rundwandern möchte. Direkt hinter dem Strandbad von Buckow dann erstmals die Wegmarke, die mich ab da den ganzen Tag sicher und ohne einmal fehlzugehen durch die Lande leiten wird. Ein roter Punkt auf weißem Grund, die Ausschilderung ist wirklich entlang der gesamten Strecke absolut tadellos. Und ich sogleich froh, dass ich doch weiter gezogen bin, mich vom Buckower Bann lösen konnte.
Denn die Tour startet sogleich sehr schön und lässt erahnen, warum die Landschaft auch mit dem Slogan „Brandenburgs Mini-Alpen“ für sich wirbt. Durch einen herrlichen Laubmischwald aus Buchen, Eichen und Ahorn führt der stets gut erkennbare Weg durch eine hügelige Landschaft, die beim Rückzug der großen Gletscher am Ende der letzten Eiszeit entstand. Ein guter Gradmesser für die mutmaßliche Schönheit einer Gegend: einfach mal vorher schauen, ob der deutsche Schriftsteller Theodor Fontane schon einmal darüber geschrieben hat. Wenn ja, wie im Fall Märkische Schweiz, dann erwartet Sie sehr wahrscheinlich ein toller Wandertag.
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Ein fast historischer Ort
Und das ist er auch jetzt schon, der auch durch Buckow fließende Stobber-Bach windet sich plätschernd und gluckernd flach durch den tiefen, stillen Wald. Hier und da eine Biber-Burg, Rotfedern flitzen durch das flache Wasser, andere Wanderer trifft man kaum. Vorbei am Kleinen und Großen Tornowsee, nichts als Ruhe und frische, erdig riechende Luft. Immer wieder wird das Gewässer direkt entlang des Weges auftauchen, an manchen Stellen gibt es sogar Kneipp-Fußbäder mitten im Bach, an denen müde Wanderer ihre Füße erfrischen können. Andernorts hinterlässt es überschwemmte Wiesen und einen nun lichten Auenwald, der von Erlen dominiert wird.
Ein erster längerer Stopp dann im Umweltzentrum Drei Eichen, wo Kaffee, Kuchen und frisch gepresste Säfte Stärkung versprechen. Eine Zeltwiese gibt es auch, zudem kann man sich hier für kleines Geld auch in das fast schon historisch wirkende Gasthaus einmieten. Besonders ausgelegt ist der Ort für Familien und Schulklassen, die hier für betreute Wildniswochen herkommen und über die Natur lernen. Wie lange es das Gehöft schon gibt, weiß selbst eine Mitarbeiterin nicht zu sagen: „Aber es kommen immer wieder 70-Jährige, die uns erzählen, dass sie als Kinder schon hier waren.“
Auswandererträume
Zudem ist der Ort scheinbar ein Hafen für großstadtmüde Berliner. Gleich mehrere Familien heulen hier den Auswander-Blues, und träumen ob der Schönheit von Buckow und seiner Umgebung davon, in die Märkische Schweiz zu flüchten. Ich, der sich als gebürtiger Spandauer schon immer so weit wie eben möglich aus dem Innenstadt-Dschungel rausgehalten hat, ziehe voller Verständnis weiter. Und mit dem Wunsch, die Märkische Schweiz bei einem längeren Aufenthalt im wunderschönen Drei Eichen-Hof möglichst bald auch noch besser kennenzulernen.
Weiter geht es nun, wieder in schönster Einsamkeit, durch die hügelige Landschaft Richtung Waldsieversdorf. Kundige Wanderer können sich hier die Strecke noch versüßen. Denn wer genau hinschaut, entdeckt mitunter schon am Wegesrand gleich mehrere Arten Pilze. Ich fand auf meiner Tour Butterpilze, Maronen und sogar einen fetten Steinpilz. Zugleich muss ich an dieser Stelle als ausgebildeter Wanderleiter und lebenslanger Naturfreund deutlich warnen: Wenn Sie sich nicht zu 100 Prozent sicher sind, was für einen Pilz Sie vor sich haben, lassen Sie ihn stehen. Als „Trostpreis“ warten jede Menge Brombeeren.
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Liebenswertes Wahrzeichen
Vorbei am Großen und am Kleinen Däbersee über die Kreuzfließbrücke, schon ist man in dem veträumten Waldsieversdorf. Ein kurzer steiler Anstieg über die Himmelsleiter führt zu einer der wohl liebenswürdigsten Sehenswürdigkeiten entlang der Strecke. Denn hier steht, mitten im Ort, ein sehr gut erhaltener Wasserturm, den man auch besteigen kann. 11 Meter hoch, hat man von oben eine tolle Aussicht auf das weite, dicht bewaldete Land. Mit einem auf der Panorama-Plattform montierten Fernrohr kann man noch weiter blicken. Ein Klapptisch und zwei Stühle sowie eine kleine Bücherfundgrube im Inneren des Turms laden zum Verweilen ein.
Nun beginnt das landschaftlich schönste, aber auch anspruchsvollste Stück des Weges. Der sogenannte Panoramaweg führt jetzt hoch oberhalb des Schermützelsees an seinem Ufer entlang zurück nach Buckow. Hier zeigt sich auch, warum die Märkische Schweiz mit dem Slogan „Brandenburgs Mini-Alpen“ für sich wirbt. Es geht munter bergauf und bergab, die Wege sind nun mitunter richtig steil, ja, zum ersten Mal schweißtreibend. Dafür ist die Aussicht einmalig, wie ein Smaragd schimmert das Gewässer durch den dichten Wald, die Handy-Kamera glüht auf der Jagd nach dem schönsten Motiv.
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Ob des hier doch sehr anspruchsvollen Streckenprofils mag sich dann aber auch eine gewisse Müdigkeit ausbreiten. Zum Seeufer absteigend, beginnt nun der letzte Abschnitt, wo sich mitten im Wald noch einmal zahlreiche sehr verlockende Bademöglichkeiten auftun. Die Märkische Schweiz hat auf den gut 20 Kilometern einen ganzen Tag lang wirklich ihr schönstes Gesicht gezeigt, und ich bin müde und glücklich. Und auch sehr erstaunt, denn auch abends ist in Buckow noch richtig was los. Ganze Scharen dinieren in der lauen Sommerluft in den zahlreichen brechend vollen Restaurants, Kindern wuseln auf dem großen Spielplatz, man könnte auch im Kollwitz-Kiez in Prenzlauer Berg in Berlin sein.
Sogar eine Tapas-Bar gibt es, nicht weit entfernt lockt ein Yoga-Studio wohl auch nicht wenige Großstädter mit Angeboten wie „Mantra-Singen mit Patrick“ an. Am Ufer des Schermützelsees hingegen ist es jetzt wunderbar ruhig und einsam, während der Sonnenuntergang den Himmel in eine farbenfrohe Cinemascope-Leinwand verwandelt. Der Ausflugsdampfer „Scherri“ liegt schon längst in dem spiegelglatten Wasser vor Anker, morgen wird er wieder die vielen Tagestouristen über den Märchensee fahren. Mein Herz hat längst beschlossen, dass auch ich bald in die Märkische Schweiz zurückkehren möchte. Den kleinsten Naturpark Brandenburgs mit seiner großartigen Landschaft.