26. November 2023, 16:25 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
26,21 Meter – so hoch war die Welle, die der Deutsche Sebastian Steudtner im Oktober 2020 in Nazaré mit 80 km/h hinuntergejagt ist. Noch heute steht der 37-Jährige damit offiziell m Guinness-Buch der Rekorde. Denn nie zuvor und danach hat ein Mensch eine höhere Welle gesurft. Aber wie entstehen eigentlich die Riesenwellen von Nazaré?
Mehr als 30 Meter hohe Riesenwellen sind in Nazaré in Portugal keine Seltenheit. Der Strand mit den Monsterwellen ist legendär, aber auch gefürchtet. Denn immer wieder verletzen sich Surfer bei ihrem Ritt auf den Mega-Wellen. Für manche endete der Ritt sogar tödlich. Erst Anfang des Jahres ist der bekannte Surfer Marci Freire in einer Riesenwelle in Nazaré um Leben gekommen.
Immer wieder Surf-Rekorde in Nazaré
Auch die Brasilianerin Maya Gabeira weiß, wie gefährlich die Riesenwellen sein können. 2013 stürzte sie schwer bei einem Surf-Weltrekordversuch. Zu ihrem Glück konnte sie wiederbelebt werden. Im Jahr 2020 brach sie in Nazaré dann schließlich ihren eigenen Surf-Rekord, als sie eine 22,40 Meter hohe Welle bezwang. Mit dieser Höhe war es die größte jemals von einer Frau gesurfte Welle. Schon 2018 hatte Gabeira in Nazaré in Portugal einen Weltrekord mit einer Riesenwelle von mehr als 20 Meter Höhe aufgestellt.
Damit war sie nicht die erste – schon oft wurden hier Rekorde über die höchste gesurfte Welle weltweit aufgestellt. Riesenwellen von mehr als 30 Metern sind in dem portugiesischen Ort keine Seltenheit. Sogar Pro-Surfer wie Hugo Vau und Garrett McNamara bezwangen bereits die sogenannte „Big Waves“ von Portugal.
Am 29. Oktober 2020 hat Sebastian Steudtner schließlich eine Riesenwelle von 26,21 bezwungen, wofür er am Dienstag 24. Mai 2022 einen Eintrag im Guinness-Buch der Rekorde erhielt.
Wie entstehen die Riesenwellen von Nazaré in Portugal?
Der Winter ist die Saison der Hochhaus-hohen Riesenwellen in Nazaré in Portugal. Zu dieser Zeit pilgern Surfer und Schaulustige in Scharen in den kleinen Ort am Atlantik. Dort können sie die Wassergiganten und ihre im Vergleich winzig erscheinenden Bezwinger aus nächster Nähe beobachten. In sicherer Entfernung stehen die Zuschauer auf den Dünen oder am Leuchtturm, der sich auf einer kleinen Festung über das Wasser erhebt. Die Wellen-Gucker sehen zu, wie die Wassermassen mit ohrenbetäubendem Getöse heranrollen, sich langsam auftürmen, um auf ihrem Zenit angekommen zu brechen und dann als Weißwassergischt an den Strand Praia do Norte klatschen.
Auch interessant: Die 20 schönsten Strände in Portugal
Was die Wellenliebhaber nicht sehen, ist, was vorher passiert. Die Faktoren, die zusammenspielen, um die Riesenwellen aufzubauen, sind vielen unbekannt. Das Hydrografische Institut (HI) in Lissabon erklärt, dass es sich beim Phänomen der portugiesischen Monsterwellen um ein Zusammenspiel mehrerer Mechanismen handelt. Nur wenige hundert Meter vor der Küste der Stadt Nazaré liegt die Tiefseeschlucht Nazaré Canyon. Mit einer Länge von 170 Kilometer und einer Tiefe von rund 5.000 Meter spielt der Canyon einen entscheidenden Faktor bei der Entstehung der Riesenwellen.
Canyon im Ozean als Quelle der Riesenwelle
Das Wasser am Festlandsockel ist im Vergleich sehr viel flacher. Durch den Tiefen-Unterschied werden Geschwindigkeit und Richtung der Ozeanströmungen verändert. Verschiedene Zonen entstehen, in denen die Welle zusammenlaufen, wie das HI schreibt. „Dieser Prozess scheint besonders während der vorherrschenden Nordwest- und Westschwellperioden in dem Gebiet vor dem Praia do Norte zu wirken“, erklärt das Institut. Da die Welle in Küstennähe erzeugt wird, wirkt die Strömung aus dem lokalen Wasserkanal als „zusätzlicher Mechanismus“ auf ihre Höhe ein. Kommen dann noch eine perfekte Windgeschwindigkeit und -richtung hinzu, entstehen die 20 bis 30 Meter hohen Wasserwände. Bei so einem Anblick ist es kein Wunder, dass der portugiesische Küstenort so viele Zuschauer anlockt.
Auch interessant: Das Interview unserer Kollegen von FITBOOK mit dem US-Surf-Profi John John Florence
Der Nazaré Canyon wurde bereits vor Jahrtausenden entdeckt. Laut dem Hydrographischen Institut galt er in der Antike als „unergründlicher Abgrund“. Erst Anfang des 20. Jahrhunderts nahmen sich Forscher der Tiefseeschlucht an und führten die ersten Messungen durch. Deshalb wissen wir heute nicht nur von der Größe des Canyons, sondern können auch nachvollziehen, wie diese Riesenwellen in Portugal entstehen. Außerdem ist dieses Wissen wesentlich für die Big-Wave-Profis, die immer regelmäßig in Nazaré neue Weltrekorde aufstellen.