15. April 2024, 16:38 Uhr | Lesezeit: 9 Minuten
Mit dem Uttewalder Grund liegt zwischen den kleinen Orten Wehlen und Rathen in der Sächsischen Schweiz ein wahres Traumziel für Wanderer. Die Natur hat hier einen Ort von einzigartiger Schönheit geschaffen, ein Tal wie aus einem Märchenbuch. Schon vor über 200 Jahren erschlossen, ist es seitdem ein Refugium für Ruhe und Erholung suchende Naturfreunde. Das ist nicht zuletzt auch einem der berühmtesten deutschen Maler zu verdanken. Unser Autor war für Sie unterwegs.
Es gibt hierzulande einen ziemlich guten Gradmesser, wenn es darum geht, traumhaft schöne Ziele in der heimischen Natur zu entdecken. Einfach mal vor einem Besuch nachschauen, ob vielleicht der berühmte Landschaftsmaler Caspar David Friedrich einmal dort gewesen war. Wenn ja, dann ist das quasi eine Garantie dafür, dass Sie ein außergewöhnliches Erlebnis bzw. ein ganz besonderer Ort erwartet. Der Uttewalder Grund hatte in diesem Sinne bereits seit Jahren auf meiner Wander-Wunschliste gestanden, besuchte ihn der Künstler doch vor mehr als 200 Jahren nicht nur, sondern lebte gar eine ganze Woche dort. Und auch wenn ich leider nicht so viel Zeit hatte, erwartete mich ein wunderbarer Tag in einem wahren Märchental.
Gelegen zwischen den kleinen Orten Wehlen und Rathen in der Sächsischen Schweiz, war der Uttewalder Grund bereits seit Erschließung der Region eines der Sehnsuchtsziele für Naturfreunde. Die Wanderung zwischen den typischen hohen Sandsteinriesen durch fast unwirklich grüne Täler und Schluchten gehört mit Sicherheit zum Erhabensten, was der Nationalpark zu bieten hat. Nicht zufällig führt hier auch eine Etappe des beliebten Malerweges entlang. Dieser ehrt das Verdienst von Künstlern wie eben Caspar David Friedrich und anderen, die schon früh die Schönheit der Gegend auf Leinwand verewigten. Und so dazu beitrugen, sie auf die Landkarte zu setzen.
Erfüllung eines Wandertraums
Es war im Jahr 1800, als Friedrich im Uttewalder Grund ganze sieben Tage zubrachte, um Impressionen aufzusaugen. Der Ort muss ihn derart nachhaltig beeindruckt haben, dass er auch noch 25 Jahre später in der Lage war, aus seinen Erinnerungen daran ein Gemälde für die Ewigkeit zu schaffen. Laut der offiziellen Tourismuswebseite der Sächsischen Schweiz schrieb er über seine Eindrücke damals: „Ich muss mich dem hingeben, was mich umgibt, mich vereinigen mit meinen Wolken und den Felsen, um das zu sein, was ich bin“. Das Ergebnis war sein Ölgemälde „Uttewalder Grund“, das das hier befindliche berühmte Felsentor zeigt. Aber dazu später mehr.
Obwohl ich selbst die Sächsische Schweiz seit Jahren bewandere, auch schon mehrfach Touren als Guide hier geführt habe, hatte das Glück mich bis vor Kurzem noch niemals in den Uttewalder Grund geführt. Es sind ja immer die Orte, die auf der Landkarte unseres Herzens noch weiß sind, die uns am neugierigsten machen. Und so betrachtete ich es schließlich als nicht weniger als Schicksal, dass ich unlängst zu einem Treffen für einen neuen Arbeitgeber in den Kurort Wehlen am Ufer der Elbe eingeladen wurde. Eine dreitägige Zusammenkunft, inklusive einer abschließenden Wanderung. Mir war von Anfang an klar, dass es sich bei dem Ziel dafür nur um das berühmte Tal in Deutschlands einzigem Felsen-Nationalpark handeln konnte. Und so stieg die Spannung, bis sich schließlich mein lang gehegter Wandertraum endlich erfüllte.
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Das Abenteuer beginnt
Zum Uttewalder Grund führen, genauso wie sprichwörtlich nach Rom, viele Wege. Von Wehlen aus kann man quasi direkt in die Natur hineinwandern, aus dem Ortskern sind es nur wenige Gehminuten bis in den herrlichen Mischwald. Die Ausschilderungen sind, wie meiner Erfahrung nach überall in der Sächsischen Schweiz, absolut tadellos und narrensicher. Ich möchte an dieser Stelle dennoch eine andere Route empfehlen. Wenn Sie dieser folgen, erleben Sie nämlich entlang der Strecke noch ein weiteres, wenn nicht das Besucherhighlight der Region: die weltberühmte Bastei.
Los geht es also auf dem Marktplatz von Wehlen, das an sich schon einen Besuch wert ist. Verträumt liegt das Örtchen an der langsam hier entlang mäandernden Elbe, ist auch Station auf dem beliebten Elbe-Radweg. Die Ruine einer alten Burg thront über dem Nest, ein paar Gaststätten, zahlreiche Unterkünfte wie die „Felsenpost“, wo ich zwei Nächte residierte. Ein großflächiger Parkplatz am Flussufer, der eine Idee davon vermittelt, was in der Hochsaison hier los sein muss. Doch zum Glück ist es gerade Frühlingsanfang, als ich endlich meine Wanderung Richtung Uttewalder Grund starte.
Weltberühmte Sehenswürdigkeit
Überschattet von mächtigen Baumriesen führt der Weg zunächst auf einer schmalen Straße in den Nachbarort Rathen. Am Ufer schon die ersten Frühblüher wie Scharbock und Waldveilchen, aus den Ästen ein vielstimmiges Vogelkonzert, auch schon einiger Wanderbetrieb trotz der gerade morgens noch empfindlichen Kühle. Die etwa vier Kilometer Strecke sind schnell überwunden, und in Rathen angekommen hat man dann bei den Wege zur Bastei empor wieder die Auswahl. Eine Variante, ein recht knackiger Anstieg, führt in nur etwa 20 Minuten nach oben. Für die sicher schönere und spektakulärere Tour entlang des Amselgrund und der Schwedenlöcher sollte man mindestens eine Stunde einplanen. Da ich letztere aber schon mehrfach gewandert bin, entscheide ich mich heute für die anspruchsvollere Kurzversion.
Mit der Bastei erwartet Wanderer dann die sicherlich beeindruckendste Aussicht in der gesamten Sächsischen Schweiz. Hoch über dem Elbtal staunt man über die Weite der Landschaft und die etwa 100 Millionen Jahre alten Felsnadeln. In der Ferne mit dem Tafelberg Lilienstein und der Festung Königsstein zwei weitere absolute Touristenhighlights der Gegend. Diesen Ort werden Sie sich allerdings zu jeder Tages- und Jahreszeit mit einer Masse an Menschen teilen müssen, die wohl nicht für jeden so einfach verdaulich sein dürfte. Selbst als ich einmal um 6 Uhr morgens hier ankam, herrschte schon einiger Betrieb an Gästen, die sich für genauso schlau gehalten hatten wie ich. Dennoch, die Bastei sollte, muss man gesehen haben.
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Der paradiesische Höllengrund
Ich tauche stattdessen schnell wieder in den Wald ein, nachdem ich die berühmte Basteibrücke überquert habe. Der Weg in den Uttewalder Grund ist von hier aus gut ausgewiesen, und schon nach wenigen Fußminuten umfängt mich wieder eine herrliche Ruhe. Der Schritt verlangsamt, die Sinne schärfen sich, nur ab und zu noch ein anderer Wanderfreund. Diese Strecke empfiehlt sich vor allem auch, weil sie die etwa 300 Meter Höhenunterschied durch das Tal fast ausschließlich abwärts führt. Umgekehrt hätte man, direkt von Wehlen über den Grund zur Bastei wandernd, einen doch ziemlich sportlichen Aufstieg vor sich. Wer lieber genusswandert, geht eben so wie ich jetzt.
Fast unmerklich beginnen nun die Felswände um mich herum anzusteigen, türmen sich auf zu den bizarren Riesen, die die Sächsische Schweiz so einzigartig machen. Ganz klar, dieser Ort könnte auch als glaubwürdige Kulisse für Fantasy-Inszenierungen à la „Game of Thrones“ herhalten. Die Bäume und Steine überzogen mit dichten, feuchten Teppichen aus Moos, deren Grün in den unterschiedlichsten Schattierungen changiert. Ein tiefer Frieden senkt sich über die Seele, die satten Farben wirken wie ein natürliches Beruhigungsmittel. Völlig unzutreffend ist dieser Teil des Uttewalder Grund übrigens als Höllengrund bekannt. Auf mich wirken die Einsamkeit und die Stille eher paradiesisch.
Das berühmte Gemälde-Motiv
Nur noch vereinzelt jetzt Vogelgezwitscher, die Sonnenstrahlen dringen kaum bis auf den Grund des Tales vor. Die Landschaft daher gesättigt von Feuchtigkeit, die hier das Leben und auch das magische Grün spendet. Von überall tropft es herab, wuchern Moose und Farne aus Felsspalten und vom Waldboden empor. Buschwindröschen recken in riesigen Kolonien ihre weißen Köpfe, die Luft sanft und frisch wie der Kuss eines geliebten Menschen. Immer wieder muss man hier stehen bleiben und staunen, so sehr hebt sich die unwirklich erscheinende Landschaft von den Eindrücken des Alltags ab.
Der Weg führt stets durch dichten, gesunden Wald durch die verschiedenen Abschnitte des Uttewalder Grund. Bis auf eine recht steile Treppe, die es an einem Abschnitt zu überwinden gilt, ist die gesamte Wanderung eigentlich eher eine Art dynamischer Spaziergang. Das Bett des Uttewalder Grundbachs windet sich, noch kein Wasser führend, entlang des technisch leicht begehbaren, breiten Pfades. Und dann das Motiv, das Caspar David Friedrich 1825 auf seinem Bild verewigte. Ein besonders enger und dramatischer Abschnitt, den man wohl als steinernen Canyon bezeichnen könnte. So dicht stehen die Wände hier, dass man nur einzeln hindurch kommt. Dazwischen haben sich irgendwann riesige, herabgestürzte Felsen verkeilt, die auch schon im Jahr 1800 genauso hingen wie jetzt.
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Ein Ort der Einkehr zu sich selbst
Ein weiterer Ort wie aus dem Märchen liegt gleich dahinter, das Gasthaus „Waldidylle“. Laut eigener Webseite existiert das Gebäude, das ein wenig an ein Hexenhäuschen erinnert, seit etwa 1790. Seitdem finden müde Wanderer hier Stärkung und die vielleicht einzigartigste Einkehr in der gesamten Sächsischen Schweiz. Für mich ein weiterer, eindeutiger Pluspunkt: Im Uttewalder Grund gibt es kaum bzw. streckenweise kein Handynetz, und so bleibt der Mensch auf sich und sein Erlebnis in der Natur zurück geworfen.
In der Folge läuft der Wanderweg langsam aus, wird flankiert von einer asphaltieren Waldstraße. Die letzten Kilometer geht es nur noch bergab, zurück in die Zivilisation, der man für ein paar wunderbare Stunden regelrecht entrückt schien. Zurück in Wehlen, habe ich für Sie aber noch einen Tipp vor der Heimfahrt: Schauen Sie doch mal beim Milchhof Fiedler vorbei. Hier gibt es nicht nur einen Automaten für Frischmilch und einen weiteren für regionale Produkte. Mit etwas Glück und zur richtigen Zeit können Sie auch neugeborene Kälber bewundern und streicheln. Wenn überhaupt möglich, lacht dann das Herz sogar noch ein wenig mehr.