3. März 2021, 6:27 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Ob zum Teekochen, als Heilkur oder fürs Jungbleiben: In Hessen sprudeln vielerorts begehrte Quellen aus dem Boden. Manche nehmen auch beschwerliche Wege in Kauf, um an das Wasser zu kommen.
Oberhalb vom Rheingau-Örtchen Kiedrich führt von einem kleinen Parkplatz aus ein unscheinbarer Trampelpfad in den Wald. Regelmäßig kommen Autos an, Menschen kämpfen sich mit Kanistern oder großen Taschen voller PET-Flaschen eine kleine Anhöhe rauf und verschwinden zwischen den Bäumen. Ihr Ziel ist der „Kahleborn“, eine unscheinbare Quelle in einer Senke. Das „Kein Trinkwasser“-Schild scheint niemanden abzuschrecken. Sogar mit kleinen Wägelchen wird das Wasser der Quelle im Taunus literweise abtransportiert.
„Ich benutze es vor allem zum Teekochen“, sagt Klaus Müller, ein regelmäßiger Besucher. „Das ist eine gute Quelle“, ist der 59-Jährige überzeugt. „Und es hält jung – das sieht man ja an mir“, sagt er mit einem Lächeln im Gesicht und zieht mit seinen beiden 30-Liter-Kanistern weiter Richtung Wasser.
Warum das Wasser aus den Quellen im Taunus so beliebt ist
„Quellen gibt es grundsätzlich überall“, sagt der Hydrogeologe Dieter Kämmerer vom Hessischen Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie. Sie entstehen, wenn Grundwasser an die Oberfläche tritt. Allerdings gebe es im Taunus an vielen Orten die Besonderheit, dass die Quellen sehr weiches Wasser liefern, also wenig Kalk und andere Mineralien enthalten. „Das eignet sich gut zum Kaffee- oder Teekochen, denn es bilden sich keine Kalkaugen.“ Auch die Besitzer von Aquarien wüssten solches Wasser zu schätzen.
Weiches Grundwasser bildet sich überall dort, wo das Gestein im Boden wenig Mineralien abgibt. Im Taunus ist dies beispielsweise Quarzit, an anderen Orten in Hessen auch Buntsandstein. Ansonsten ist das Wasser nach den Worten von Kämmerer nicht gesünder oder anders als gewöhnliches Wasser. „Es ranken sich aber manchmal Legenden und Aberglaube um solche Quellen“, sagt der Experte.
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Wasserqualität kann variieren
Das Schild „Kein Trinkwasser“ – wie es etwa am „Kahleborn“ bei Kiedrich hängt – sei sinnvoll, weil diese Quellen nicht kontrolliert würden, sagt Kämmerer. Die Wasserqualität könne variieren – je nach Niederschlägen. „Am besten ist Quellwasser, wenn es ein paar Wochen nicht geregnet hat.“ Dann hat es eine lange Filterpassage durch das Gestein hinter sich.
Die Besucher und die Wasserentnahme an den Quellen sieht der Experte unkritisch. Das Einzugsgebiet einer Quelle liege ja oberhalb ihrer Austrittsstelle – wo die Menschen eher weniger unterwegs seien und den Boden verschmutzen könnten. Für die Natur und die Bäche seien die abgezapften Liter in der Regel kein Problem.
In der Region sprudeln auch zahlreiche anerkannte Heilquellen. Sie begründeten den weithin bekannten Ruf von Städten wie Bad Homburg als Heilbad. Viele von ihnen sind öffentlich zugänglich. Der denkmalgeschützte Kurpark von Bad Homburg beherbergt beispielsweise die besonders dekorativ geschmückte Chulalongkornquelle, benannt nach einem König von Siam, der zur Kur in der Stadt war und aus Dankbarkeit einen reich verzierten Pavillon stiftete. Auch in Kronberg oder Bad Soden im Taunus gibt es Heilquellen.
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Thermalquellen als Teewasser nicht geeignet
Sie sind reich an Eisen, Salz, Schwefel, Fluorid oder anderen Mineralstoffen – und wären daher fürs Teekochen eher nicht geeignet. Das gilt auch für die mehr als zwei Dutzend Thermalquellen, die in Wiesbaden sprudeln. Allerdings werden mit ihrem bis zu knapp 70 Grad heißem Wasser mehrere Bäder gespeist.
Auch die Bad Nauheimer Heilquellen ziehen zahlreiche Gesundheitsbewusste an. An mehreren Brunnen zapfen sie sich das kohlensäurehaltige Wasser ab. Für den Dauergebrauch sei es aber nicht geeignet, sondern nur als Kur einzusetzen, betont die Wetterau-Stadt. „Unsere Trinkquellen – Sauerbrunnen, Löwenquelle und Ludwigsbrunnen – sind Dauerläufer“, erläutert eine Sprecherin. „Das heißt, sie laufen frei aus den Wasserhähnen aus.“ Wie viel Liter für den Privatgebrauch abgezapft wird, könne man daher nicht sagen. Zuletzt gaben die insgesamt 5 Trinkbrunnen der Stadt zwischen rund 3880 und 49.500 Kubikmeter Wasser im Jahr ab. Nicht alle Brunnen sind derzeit auch zugänglich – wegen der Corona-Pandemie muss der Ausschank aus Kur- und Karlsbrunnen in der Trinkkuranlage Bad Nauheims pausieren.