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Vorher-Nachher-Fotos dokumentieren das Phänomen der Bleiche

Der schockierende Zustand der Korallen in den Weltmeeren

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TRAVELBOOK Redaktion

27. April 2016, 16:00 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten

Korallenriffe leuchten normalerweise in den prächtigsten Farben. Doch durch steigende Wassertemperaturen bleichen die Nesseltiere zunehmend aus. Die Vorher-Nachher-Fotos einer australischen Organisation, die sich seit Jahren mit dem Phänomen befasst, dokumentieren jetzt das schockierende Ausmaß der Korallenbleiche.

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Der Fotozusammenschnitt oben zeigt ein Korallenriff vor Amerikanisch-Samoa im Pazifik. Die Aufnahme links stammt vom Dezember 2014, das rechte Bild wurde im Februar 2015 aufgenommen, also nur zwei Monate später. Die Unterschiede sind frappierend: Während die Korallen links noch rötlich-braun sind, erscheinen sie rechts fast komplett weiß. Korallenbleiche nennt man dieses Phänomen, das den marinen Nesseltieren stark zusetzt und sie schließlich absterben lässt.

Aufgenommen hat die dramatischen Vorher-Nachher-Fotos ein Team von Wissenschaftlern der XL Catlin Seaview Survey, einer australischen Forschungsorganisation, die sich mit dem Zustand von Korallenriffs weltweit befasst und den Fortschritt der Korallenbleiche dokumentiert. Vor Hawaii, Neukaledonien, Fidschi und in vielen weiteren Gebieten sind ähnliche Aufnahmen entstanden.

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Diese Koralle hat ihre Farbe, die von Algen erzeugt wird, komplett verloren. Foto: www.globalcoralbleaching.org

„Am schlimmsten ist die Situation momentan im westlichen Pazifik“, erklärt Korallen-Experte Dr. Sebastian Ferse vom Leibniz-Zentrum für Marine Tropenökologie (ZMT) in Bremen auf TRAVELBOOK-Nachfrage. Besonders betroffen sei derzeit auch auch das größte Korallenriff der Erde. „An über 90 Prozent der Riffe des Great Barrier Reef sind teilweise dramatische Anzeichen der Korallenbleiche entdeckt worden.“

Grund für das derzeit extreme Ausmaß sind, neben lokalen Stressfaktoren wie Süßwassereintrag oder Ähnliches, vor allem die hohen Wassertemperaturen. Ausgelöst werden diese durch den Klimawandel und das Wetterphänomen El Niño, das alle paar Jahre auftritt und dieses Mal besonders stark ausfällt. Die US-amerikanische Ozeanbehörde NOAA warnte jüngst: „Wir durchleben gerade die längste globale Phase von Korallenbleiche, die wir je beobachtet haben.“ Die Phase könne noch weitere zwei bis zweieinhalb Jahre andauern – mit dramatischen Auswirkungen.

Denn während sich die Nesseltiere bei einer nur milden oder wenige Tage andauernden Bleiche anschließend wieder vermehren und erholen können, haben sie dieses Mal dazu gar keine Chance, wie Korallen-Experte Sebastian Ferse erklärt. „Hält der Stress, und damit die Bleiche, lang an, dann verhungern die Korallen, da sie auf Nährstoffe der Symbiosealgen angewiesen sind.“

Gibt es noch Hoffnung für betroffene Riffe?

Damit der Prozess eine Ende hat, muss zunächst die hohe Wassertemperatur zurückgehen. „Das wird zum Glück in einigen paar Monaten durch ein erwartetes Eintreten des La Niña , dem Gegenstück zu El Niño – der Fall sein“, erklärt Sebastian Ferse vom ZMT. „Bis dahin können aber große Teile der betroffenen Riffe abgestorben sein.“ Dennoch gebe es Hoffnung.  „Auch ein von massiver Bleiche betroffenes Riff kann wieder regenerieren“ – vorausgesetzt, es sei von einer gesunden Umwelt umgeben, so Ferse zu TRAVELBOOK. „Dazu dürfen keine chronischen Stressfaktoren wie Überfischung, Nährstoffeintrag, Sedimenteintrag und Ähnliches vorhanden sein und auch keine weiteren Störungen auftreten.“

Außerdem bedürfe es dazu einer Quelle von Larven, die das Riff wiederbesiedeln können. „Wenn in der weiteren Umgebung – mehrere hundert Kilometer für einige Arten – keine gesunden Riffe sind, ist diese Wiederbesiedlung massiv gestört.“ Ein positives Beispiel, das zeigt, dass auch stark beschädigte Riffe sich wieder regenerieren können, sind die Malediven. 1998 hat das Inselparadies im Indischen Ozean infolge des starken El Niño teilweise über 90 Prozent seiner Korallen verloren. „Innerhalb von zehn Jahren waren aber schnell wachsende Arten wieder auf nahezu die ursprüngliche Bedeckung zurückgewachsen.“

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Ist das Great Barrier Reef noch zu retten?

Im Falle des Great Barrier Reef geht der Korallen-Experte nicht davon aus, dass es komplett absterben wird. „Es gibt vor allem im Süden Bereiche, in denen die Lage nicht ganz so dramatisch aussieht wie weiter im Norden“, sagt er Ferse zu TRAVELBOOK. Selbst wenn im Norden im schlimmsten Fall ganze einzelne Riffe absterben sollten, was der Experte in einzelnen Fällen nicht ausschließt, so seien im gesamten Riffkomplex noch andere Riffe vorhanden, von denen aus eine Wiederbesiedlung stattfinden könne.

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Das Foto zeigt die Korallenbleiche am Great Barrier Reef aus der Luft betrachtet. Foto: www.globalcoralbleaching.org

Die kritische Frage beim Great Barrier Reef sei vielmehr, ob die betroffenen Riffe durch Verschmutzung und eventuelle Überfischung womöglich so stark gestört sind, dass sich ein stabiler alternativer, von Algen anstatt von Korallen dominierter Zustand etabliert. „Dies könnte aufgrund von Rückkopplungseffekten dazu führen, dass sich Korallen nicht mehr ohne weiteres ansiedeln können, da die Konkurrenz mit den Algen zu stark wäre. Dadurch können also einzelne Riffe, aber nicht das gesamte Riffsystem verloren gehen.“

Damit sich die Korallen wieder erholen, könnte es Sebastian Ferse zufolge auch sinnvoll sein, den Tauchtourismus vorübergehend einzuschränken, wie man es etwa im Jahr 2010 in Reaktion auf regionale Bleiche in Thailand getan habe.

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