3. September 2019, 7:10 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
In Liberia leben Schimpansen, die jahrzehntelang zu Forschungszwecken missbraucht wurden, auf kleinen Inseln – die sie wohl nie wieder verlassen werden. Das ist ihre Geschichte.
Es ist das Jahr 1974, als US-Forscher in dem westafrikanischen Land Liberia eine Serie von Experimenten beginnen – Tierversuche, um genau zu sein. Ihre „Opfer“ sind Schimpansen, die sie im Dschungel fangen, mit dem Ziel, durch Testreihen an ihnen ein Mittel gegen Hepatitis zu finden. Die Wissenschaftler, die für das gemeinnützige Unternehmen New York Blood Center arbeiten, infizieren die unschuldigen Tiere in der Folgezeit absichtlich mit diversen Krankheiten, und das über einen Zeitraum von über 30 Jahren, wie der „Independent“ berichtet.
2005 schließlich wurde das Forschungslabor Vilab II geschlossen, zu massiv war in der Zeit davor der Protest von Tierschützern geworden, die gegen die Versuche an den Schimpansen Sturm liefen. Zudem fühlten sich die Forscher vermutlich auch nicht mehr wirklich sicher in Liberia, nachdem das Land sowohl 1989 als auch 1999 von Bürgerkriegen erschüttert worden war. Schließlich aber auch hatten die Tests an den Affen tatsächlich zu dem gewünschten Ergebnis geführt, nämlich einem Mittel gegen Hepatitis B sowie auch einem Untersuchungsverfahren für Hepatitis C.
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Für immer auf den Inseln
Die zu dieser Zeit 85 Affen fanden schließlich ein neues Zuhause auf insgesamt sechs kleinen Mangroven-Inseln in einer Flussmündung, die NYBC hatte sich bereit erklärt, „lebenslang“ für die Tiere zu sorgen – die geschätzten Kosten für die Fütterung und gesundheitliche Versorgung der Schimpansen belaufen sich monatlich auf schätzungsweise 20.000 Dollar (ca. 18.000 Euro). 2015 drehte das Unternehmen dann aber plötzlich den Geldhahn wieder zu, in einem offiziellen Statement sagte eine Sprecherin damals, man habe „niemals die Verpflichtung gehabt, für die Tiere zu sorgen – weder vertraglich noch sonst irgendwie.“
Wiederum folgten massive Proteste, woraufhin sich das NYBC laut „New York Times“ im Mai 2017 doch bereit erklärte, noch einmal sechs Millionen Dollar für die zukünftige Pflege der Tiere zu zahlen – ein Schimpanse kann bis zu 60 Jahre alt werden. Aktuell leben noch etwa 60 Tiere auf den sechs kleinen Inseln, die wohl für immer ihr Zuhause bleiben werden: Eine Auswilderung wäre zu riskant, da sie auch noch Jahre bzw. Jahrzehnte nach den Tests wildlebende Tiere mit Krankheiten anstecken könnten.
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Daher hat man für sie als Zuhause auch die Inseln ausgewählt: Sie können dort nicht weg, denn Schimpansen können von Natur aus nicht schwimmen. Im Übrigen haben die Experimente anscheinend aber nicht nur negative Spuren hinterlassen: So sagte Betsy Brotman, die von 1974-2005 als verantwortliche Forscherin an den Experimenten mit den Affen beteiligt war, 2014 in einem Interview: „Die Tierschützer hatten recht. Schimpansen sollten nicht für Versuche missbraucht werden. So fühle ich wirklich.“