21. Februar 2018, 10:40 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Die Zahl der Orang-Utans auf Borneo sinkt rapide – inzwischen sind die Menschenaffen vom Aussterben bedroht. TRAVELBOOK sprach mit WWF-Expertin Susanne Gotthardt über die Problematik.
Orang-Utans lebten früher in vielen Regionen Asiens. Inzwischen gibt es nur noch wenige von ihnen auf den Inseln Sumatra und Borneo – auf letzterer verlieren aber immer mehr Tiere ihren Lebensraum: Die Nachfrage nach Palmöl führt zur fortwährenden Zerstörung des Regenwaldes und mit ihm der Heimat der Borneo-Orang-Utans. Doch auch andere Gründe gefährden die Menschenaffen. TRAVELBOOK hat mit der WWF-Expertin Susanne Gotthardt über das Thema gesprochen.
Vom Aussterben bedroht
Laut der Weltnaturschutzorganisation International Union for Conservation of Nature and Natural Resource (IUCN) ist der Borneo-Orang-Utan vom Aussterben bedroht. Genaue Zahlen gibt es nicht, weiß WWF-Expertin Gotthardt. In der Roten Liste des IUCN sei aber aufgeführt, dass es 1973 noch 288.500 Orang-Utans auf Borneo gab. 2012 sollen es nur noch 104.700 Tiere gewesen sein – also deutlich weniger als die Hälfte. Beim WWF gehe man laut einem Stand von 2016 hingegen nur noch von 54.000 lebenden Tieren auf Borneo aus. „Beim letztjährigen internationalen Population and Habitat Viability Assessment hat man sich auf 57.000 Orang-Utans ‚geeinigt’“, sagt die WWF-Expertin. Wichtig sei aber nicht die exakte Zahl, sondern vielmehr der Trend, dass die Zahl der Orang-Utans in vielen Regionen dramatisch abnehme.
8 Millionen Hektar Wald gingen auf Borneo zwischen 2005 und 2016 verloren, führt Gotthardt aus. „Das ist aber nicht nur Orang-Utan-Lebensraum“, erklärt die Expertin. Laut IUCN verloren die Orang-Utans auf Borneo 98.730 Quadratkilometer ihres Lebensraums zwischen 1973 und 2010. Wenn so weiter gemacht wird, werden von 2010 bis 2025 weitere 57.140 Quadratkilometer des Lebensraumes der Orang-Utans verschwunden sein, so prognostiziere IUCN.
Die Tiere zu zählen sei nicht einfach, heißt es in einem Bericht des „Tagesspiegel“. Denn Orang-Utans bauen jede Nacht ein neues Quartier, anhand welcher die Forscher versuchen, die Anzahl der Affen möglichst genau zu bestimmen.
Störenfried, Haustier, nötiges Übel
Der Rückgang der Borneo-Orang-Utans ist hauptsächlich der Zerstörung ihres Lebensraumes geschuldet. Durch Waldbrände und Abholzung verschmälert sich der Raum, in dem sich die Menschenaffen ungestört aufhalten können, zunehmend. „Viel Wald wurde durch intensive Forstwirtschaft degradiert oder für Ölpalm- und Holzplantagen abgeholzt“, sagt die WWF-Expertin. Der Verlust ihres Lebensraumes führe aber auch zu weiteren Problemen für die Affen: Da der natürliche Lebensraum der Orang-Utans immer kleiner wird, überschneidet er sich immer mehr mit dem Lebensraum der Menschen. Die Orang-Utans suchen sich ihre Nahrung so auch immer öfter auf den Feldern und Plantagen der Anwohner, weshalb sie zu einem Problem für die Bauern werden und nicht selten als Schadtiere umgebracht werden, erklärt Gotthardt.
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Doch auch andere Gründe sind für das Verschwinden der Affen verantwortlich. Gotthardt: „Orang-Utan-Weibchen werden umgebracht, um ihre Jungen zu fangen.“ Diese werden dann verkauft und als Haustiere gehalten. Um das Überleben der Borneo-Orang-Utans zu sichern, müsse man einerseits den Lebensraum der bedrohten Tiere schützen und andererseits den Konflikt zwischen den Menschen und den Orang-Utans auf Borneo entschärfen, sagt Gotthardt.
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Was man selbst tun kann
„Hauptgrund für die Entwaldung sind Produkte, die auch in Deutschland nachgefragt werden“, erklärt die Expertin. Die Nachfrage Palmöl, Holz und Papier sei einer der Gründe, weshalb der Lebensraum der Menschenaffen Stück für Stück zerstört wird. Mit verantwortungsvollem Konsum könnte man der Abholzung entgegenwirken. Die Expertin rät dazu, auf FSC-zertifiziertes Holz und Papier oder auf recycelte Materialien zurückzugreifen. Möchte man Palmöl nutzen, sollte man laut Gotthardt lieber RSPO-zertifiziertes Palmöl in den Einkaufswagen legen. „Das ist immer noch nicht perfekt, aber das beste System, das wir momentan haben“, sagt Gotthardt zu TRAVELBOOK. Auch Süßigkeiten und Fertigprodukte enthalten oft Palmöl – ein Verzicht unterstützt die Orang-Utans. Neben dem Kauf zertifizierter Produkte sei es ebenfalls wichtig, bewusst mit den Ressourcen umzugehen und nicht mehr zu nutzen, als man auch tatsächlich benötigt.
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Ebenfalls kann man Organisationen, die sich um das Überleben der Borneo-Orang-Utans kümmert, mit Spenden unterstützen.