6. Juli 2018, 15:23 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Wer die Natur und Tier liebt, der sollte im Sommer bei einem Trip in die Hauptstadt der Menagerie der Pfaueninsel einen Besuch abstatten. Hier grasen Wasserbüffel neben Pferden, Pfauen und Fasanen. Im Hintergrund: malerische Schlösser, Tempel und die idyllische Havellandschaft.
Obwohl die Pfaueninsel-Wasserbüffel ein nachtschwarzes Fell haben, erspäht man sie nicht sofort, wenn man sich ihren Wiesen nähert. Erst wenn man die Augen fest zusammenkneift, tauchen sie in dem gelben Grasmeer zwischen dem griechischen Luisentempel und der mittelalterlichen Meierei (ein Ort, an dem der preussische Adel einst „Landleben“ spielte und sich gegenseitig Käse und Wein kredenzte) auf. Das Gras, das durch die sommerliche Hitzewelle schon völlig ausgetrocknet ist, dient den Tieren als Nahrung.
Obwohl ihre Vorfahren aus Asien stammen, sind sie geborene Norddeutsche, aufgewachsen im Gut Darß an der Ostsee. Ihre Namen sind wiederum französisch: Chloe und Babette. Aber wie kommen die Exoten, die vor der Kulisse der idyllischen Berliner Pfauensinsel im Südwesten der Hauptstadt so fremd wirken, eigentlich hierher?
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Jedes Jahr treten vier Rinder der Darßer Wasserbüffelherde die Reise in die Hauptstadt an. Auf den Wiesen der ehemaligen Sommerresidenz der preußischen Könige sind sie nicht zur Erholung, sondern zur Arbeit: Sie sollen die Insel auf natürliche Weise beweiden. Bullen wären zu aggressiv, um sie ohne Gefahr für die Pfleger an die neue Umgebung zu gewöhnen, deshalb sind es immer zwei Muttertiere und ihre Kälber, die der Pfaueninsel vom Gut Darß zur Verfügung gestellt werden.
Wasserbüffel waren schon zu preußischen Zeiten Teil der königlichen Menagerie
Jan Uhlig, Fachbereichsleiter bei der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, ist Experte für die Flora und Fauna auf der Pfaueninsel. Er weiß alles über die Geschichte des Eilandes. Zum Beispiel, dass schon Anfang des 19. Jahrhunderts Wasserbüffel hier heimisch waren. Schon damals unterhielten die preußischen Könige eine große Menagerie auf der Insel: Die Tiere waren allerdings nur zu Unterhaltung und Zierde da. „Bereits ab 1801 bis vermutlich zur Auflösung der Menagerie im Jahr 1842 wurden Wasserbüffel auf der Pfaueninsel westlich der Meierei am Büffelteich gehalten, allerdings als Zootiere“, erzählt Uhlig. „Ab Anfang des 19. Jahrhunderts grasten Rinder zudem auf der Pfaueninsel.“
Was also wie eine hochmoderne Öko-Landwirtschafts-Methode klingt, ist in Wirklichkeit eine sehr alte Möglichkeit der Landschaftspflege. Würde man statt der Tiere Maschinen zum Mähen einsetzen, würde dies die botanische Vielfalt der Feuchtwiesen zerstören. Auf die Idee, die Tradition der natürlichen Beweidung zurückzuholen, kam die Stiftung preußischer Kultur vor acht Jahren. Obwohl die Tiere, einmal ausgewachsen, bis gut 8 Tonnen wiegen können, und ihre Kälber nach fünf Wochen auf der Welt schon 150 Kilo auf die Waage bringen, sind die Tiere extrem friedfertig und passen sich leicht an neue Umgebungen und Witterungen an. Sie sorgen dafür, dass der Boden nicht austrocknet und erodiert und wirken wie ein natürlicher Dünger für die Pflanzenvielfalt auf den Wiesen.
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Sind die Rinder erst mal beim Fressen, können auch die Berliner Rotznasen auf Klassenausflug, die die Pfaueninsel unter der Woche bevölkern, sie nicht mehr aus der Ruhe bringen. Seit Ende Mai grasen die Wiederkäuer wieder auf der Berliner Insel in der Havel: Sie galoppieren durch eine hochgewachsene Steppe aus Gräsern und Wildblumen: Im Hintergrund die Laubwälder, Rondelle und Statuen aus dem 18. Jahrhundert.
Denn natürlich gibt es neben den Büffeln noch viele andere Gründe, warum die Pfaueninsel einen Besuch wert ist: Die Überfahrt mit der Fähre, die wunderschönen Bauwerke wie die historische Meierei, der Tempel und natürlich das weiße Lustschloss, dass wie eine Burgruine gebaut ist. Die liebevoll angelegten Blumengärten neben der Pfauen-Voliere, der traumhafte Blick auf die Berliner Havellandschaft und die vorbeiziehenden Segelboote bieten eine so romantische Kulisse für einen Ausflug, wie ihn kein klassischer Zoo bieten kann.Außer den Büffeln, die ja nur Sondergäste in der Menagerie sind, gibt es das ganze Jahr über Shetlandponys und Fasane, Wildgänse und Albinopfauen auf der Insel zu bewundern.
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Bis Oktober werden die Büffel hier luxuriös leben. Die Kälber ernähren sich noch von der Muttermilch. Sie imitieren aber bereits die Muttertiere und nehmen zaghaft Grashalme in den Mund. In ein paar Tagen werden sie auch anfangen, beim Mähen mitzuhelfen. Aber warum eigentlich Wasserbüffel und keine normalen Milchkühe?
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„Der Vorteil des Büffels gegenüber den meisten Rinderrassen besteht darin, minderwertiges Pflanzenmaterial besser zu verwerten“, sagt Uhlig. „Er vermag sich von Pflanzen wie z.B. Binsen, Schilf, Seggen, Hochstauden und Blättern von Bäumen und Sträuchern zu ernähren, die für Rindermägen so gut wie unverwertbar sind. Dank der breiten Klauen und relativ weichen Fesseln können Wasserbüffel im Vergleich zu anderen Rinderrassen insbesondere auf Feuchtwiesen, in Sümpfen und Mooren, gehalten werden und verletzen sich dabei nicht. Die Wasserbüffel stehen außerdem für das Wildnishafte und für die Exotik der Insel – durch die Beweidung mit den Tieren lässt sich dabei sehr gut der naturschutzfachliche Aspekt verbinden.“
Wer nach einem absoluten Geheimtipp sucht, für den gibt es in Berlin noch einen Ort, an dem man Wasserbüffel antreffen kann – und zwar unter Garantie ohne Touristen: Am Tegeler Fließ im Norden der Stadt in einem Naturschutzgebiet aus Laubwäldern und Sümpfen grast eine ganze Herde von ihnen.