21. November 2023, 17:14 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Wolf Spider, Huntsman, Redback Spider – schon allein die Namen der australischen Spinnenarten klingen bedrohlich. Viele Deutsche würden vermutlich beim Anblick der großen Huntsman, auf Deutsch Riesenkrabbenspinne genannt, schnell flüchten. In Australien sind die achtbeinigen Tierchen allerdings keine Seltenheit. Wie schützen sich Einheimische vor den teils tödlichen Spinnen und wie können sich Touristen vor ihrer Reise vorbereiten? TRAVELBOOK hat dazu zwei Australien–Kenner befragt.
Je nachdem, in welchem Teil des Kontinents man sich aufhält, begegnet man unterschiedlichen Spinnenarten. Manche sehen groß und angsteinflößend aus, sind aber harmlos. Andere, vor allem die kleineren, können ganz schön giftig sein und mit ihrem Biss innerhalb weniger Stunden einen Menschen töten. Tallon Smith ist selbst in Australien geboren und lebte mit seinen Eltern auf dem Land und später in Melbourne. In einem Interview mit TRAVELBOOK berichten Tallon und seine deutsche Freundin Franziska, wie man in Australien mit Spinnen umgeht.
„Überall sind Spinnen“
Vor allem in Häusern auf dem Land gehören Spinnentiere, genauso wie giftige Schlangen, zum Alltag. „Wenn man in eine Ecke im Haus guckt, ist die Wahrscheinlichkeit eine Daddy Long Legs (auf Deutsch: Zitterspinne) zu sehen, sehr hoch“, erzählt Tallon. Anders als man von ihrem Aussehen vielleicht vermuten könnte, gehört diese Spinne, zusammen mit der Riesenkrabbenspinne, zu den friedlichsten unter ihren Artgenossen. In australischen Haushalten gelten sie nicht als Bedrohung und werden oft einfach in Ruhe gelassen, da sie Mücken, Wespen und andere nervige Insekten fressen.
Tatsächlich hat eine nationale Untersuchung der Universität Melbourne aus dem Jahr 2017 gezeigt, dass Bienen– und Wespenstiche mehr Menschen ins Krankenhaus bringen als Schlangen– oder Spinnenbisse. In dem untersuchten Zeitraum führten die Stiche von Hornissen, Wespen und Bienen außerdem am häufigsten zum Tod. Schlangen, Zecken, Ameisen und Meerestiere sorgten ebenfalls für einige Todesfälle. An einem Spinnenbiss ist in den 13 Jahren der Studie niemand gestorben.
Aufräumen hilft
Aber auch wenn Spinnen in Australien nicht häufig töten, können ihre Bisse trotzdem unangenehme Nebenwirkungen mit sich bringen. „Wenn man einen Kleiderhaufen in seinem Zimmer hat, kann man sich schnell eine Weißschwanzspinne einfangen. Ihr Biss ist sehr schmerzhaft und kann Schwindel und Fieber auslösen“, erklärt Tallon. „Das kann für Kinder auf dem Land eine echte Lehre sein, das Zimmer aufzuräumen“.
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Echte Witwen, Rotrückenspinnen und andere aus der Gattung der sogenannten Webspinnen können schon etwas gefährlicher sein. „Die lieben dunkle, trockene Ecken, zum Beispiel ganz hinten im Werkzeugschuppen.“ In solchen Umgebungen muss man besonders vorsichtig sein. Gerade in Stiefeln halten sich die Rotrückenspinnen gerne auf. Daher sollte man die immer überprüfen, bevor man sie anzieht. Andernfalls kann es dem Australier zufolge passieren, dass man „eine zerquetschte Spinne am Fuß hat oder gebissen wird“.
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Für viele Deutsche ist das ein Alptraum
Franziska W. verbrachte insgesamt ein Jahr in Australien und lernte dort ihren Partner Tallon kennen. Sie verriet TRAVELBOOK, wie sie als Deutsche auf die Spinnen vor Ort reagierte: „Viele haben ein bestimmtes Bild von Australien: Überall sind Spinnen und Schlangen und alles will dich töten. Ganz so schlimm ist es nicht. Trotzdem sollte man das nicht auf die leichte Schulter nehmen.“
Zwei Begegnungen mit den achtbeinigen Kreaturen sind Franziska besonders im Gedächtnis geblieben:
Gerald, die Riesenkrabbenspinne
„Als wir in Melbourne lebten, hatten wir eines Morgens plötzlich eine Huntsman (Riesenkrabbenspinne) im Badezimmer. Die war etwa handtellergroß, aber nicht gefährlich. Viele Leute lassen die einfach in der Ecke sitzen, weil die unter anderem die kleineren und giftigeren Spinnen fressen. Deswegen ist es auch normal, dass viele Leute einfach eine Huntsman bei sich in der Wohnung halten. Und das haben wir dann auch gemacht. Wir haben ihr sogar einen Namen gegeben: Gerald.
Ich habe eigentlich auch große Angst vor Spinnen, aber das ging tatsächlich. Da Gerald so groß war, konnte man ihn gut im Blick behalten, und man passt sich eben auch an die Umstände an. Wenn ich jetzt so eine große Spinne in Deutschland sehen würde, dann würde ich die nicht einfach da sitzen lassen. Aber wenn man nach Australien reist, dann weiß man, das gehört dazu.“
Spinne im Auto
„Ein paar Monate lang habe ich bei Tallons Familie gewohnt. Einmal sind wir alle abends vom Restaurant nachhause gefahren. Als wir ankamen und alle Lichter im Auto angingen, saß da plötzlich eine riesige Huntsman, direkt vor mir auf dem Armaturenbrett. Ich bin kreischend aus dem Auto gestiegen und dachte nur: Was machen wir denn jetzt?
Tallons Mutter hat die Spinne dann einfach in die Hand genommen und wollte sie aus dem Auto tragen. Aber das war gar nicht so einfach. Die Spinne blieb nämlich nicht in ihrer Hand, sondern krabbelte über ihren Arm und ihren Rücken und sie hatte Schwierigkeiten, sie von ihrem Körper runterzukriegen. Trotz allem blieb sie dabei so ruhig, als würde sie einfach ein süßes Kätzchen auf dem Arm haben. Irgendwann hat sie die Spinne dann einfach abgeschüttelt. Ich war in dem Moment total geschockt, für alle anderen im Auto war das komplett normal. Ich glaube, für viele Deutsche wäre das ein Alptraum, so eine Riesenspinne über den Körper laufen zu haben.
Spinnen sind in Australien allgegenwärtig. Man schaut immer im Badezimmer in die Ecken oder unter den Klodeckel. Vor allem vor den kleineren muss man sich hüten. Im Raum Sydney beispielsweise gibt es die Rotrückenspinne. Die ist sehr klein und hält sich gerne in Duschen auf. In der Stadt ist die Spinnenlage insgesamt nicht ganz so schlimm. Aber wenn man auf dem Land unterwegs ist oder campen, dann muss man schon vorsichtig sein.“
Danke an Tallon Smith und Franziska W. für das Interview!