26. März 2023, 13:41 Uhr | Lesezeit: 9 Minuten
Der Nationalpark Bayerischer Wald ist ein Paradies für Wanderer und Erholungssuchende gleichermaßen. Ob alleine, als Paar oder mit der ganzen Familie, auch die Umgebung bietet zahllose Ausflugs-Möglichkeiten und Aktivitäten für einen perfekten Urlaub. TRAVELBOOK-Autor Robin Hartmann war für Sie in der Region unterwegs.
Hier oben, auf dem Gipfel des Lusen, scheint der Himmel auf einmal ganz nah zu sein. Und gleichzeitig unendlich weit, bis an den Horizont und darüber hinaus erstreckt sich der tiefgrüne Baumteppich weiter unten. In der Ferne ist die Spitze des Rachel auszumachen, auch andere Erhebungen stechen aus dem Waldmeer hervor. Eine sprichwörtlich erhebende Aussicht. Vor allem, weil man weiß, dass es gleich in der nahen Lusen-Schutzhütte etwas Leckeres zu essen gibt. Willkommen im Nationalpark Bayerischer Wald.
Der Lusen ist nur einer der zahlreichen Berge, die in Deutschlands zweithöchstem Mittelgebirge auf Wanderer jeden Fitness-Grades warten. Er liegt nahe der tschechischen Grenze, mitten im Nationalpark Bayerischer Wald. Und dieser ist das Vorbildmodell für alle anderen Nationalparks in Deutschland, wurde als allererster hierzulande bereits 1970 gegründet. Vor allem die Forstindustrie rebellierte damals, wurde das Gebiet doch vorher gewinnbringend für den Holzabbau genutzt. Diese Zeiten sind zum Glück bereits lange vorbei, und heute ist der Bayerische Wald insgesamt wieder ein grünes Paradies und Heimat für etwa 14.000 Tierarten.
Das größte Waldgebiet in Mitteleuropa
„Natur wieder Natur sein lassen“, unter diesem Motto setzten sich damals die Gründer des Nationalpark Bayerischer Wald gegen alle Widerstände durch. Für Flora, Fauna und letztlich auch den Menschen ein absoluter Glücksfall. Aus Fichten-Monokulturen werden langsam wieder Mischwälder, ausgestorbene Arten wie Luchs, Wolf, Biber und Fischotter haben sich längst wieder angesiedelt. Teils sogar mit Hilfe des Menschen, so wurden die Luchse aus dem benachbarten Böhmerwald bzw. Šumava quasi „überführt“. Zusammen bilden beide Nationalparks das größte zusammenhängende Waldgebiet in ganz Mitteleuropa.
Und von dessen Wildheit und Ursprünglichkeit profitieren Wanderer wie Erholungssuchende gleichermaßen. Ein guter Ausgangspunkt für eine Reise im Nationalpark Bayerischer Wald ist der kleine Ort Waldhäuser. Mit einer Lage auf 1000 Metern ist er das höchste Dorf im gesamten Bayerischen Wald, der noch einmal sehr viel mehr Fläche hat. Von hier aus starten zahlreiche Touren, zum Beispiel auf den eingangs erwähnten Hausberg Lusen. Von Waldhäuser aus muss man dann auch nur noch knapp 400 Höhenmeter überwinden, denn sein Gipfel liegt auf 1373 Metern Höhe.
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Himmlischer Ausblick
Die Tour startet man am besten am Parkplatz Fredenbrücke und folgt dann dem Wildbach Kleine Ohe stetig über einen anspruchsvollen und teils abschüssigen Pfad bergan. Er führt schon bald zur Martinsklause, einem der vielen künstlich angelegten Seen im Bayerischen Wald, über die man früher die Holzdrift regulierte. Gab es Baumstämme zu transportieren, konnte man aus ihnen Wasser in die Bäche leiten und sie so anschwellen lassen. Diese künstlichen „Straßen“ waren lange Zeit die wichtigsten Waren-Wege.
Die Route führt weiter über das Teufelsloch, eine Art Höhle im Berg, in der es auch im Hochsommer stets kühl bleibt. Gerade an heißen Tagen bietet sich dieser Ort für eine Rast an, zumal man hier zwischen den Steinen mit etwas Glück sogar fluoreszierendes Moos entdecken kann. Das letzte Stück auf den von einem Geröllfeld bedeckten Lusengipfel führt dann ziemlich steil und über lose Steine über die sogenannte Himmelsleiter. Diesen Namen trägt sie vermutlich, weil sie dem Wanderer sprichwörtlich den Zugang zu dem eingangs erwähnten, himmlischen Blick gewährt. Und den sollte man auch erst einmal genießen, bevor man auf einer der möglichen Routen wieder absteigt. Je nach Fitnesslevel dürfte die Tour etwa den halben Tag in Anspruch nehmen. Eine Stärkung gibt es dann entweder unterwegs in der Schutzhütte oder am Ziel in Waldhäuser im „Café Am Guldensteig“.
Das artenreichste Biotop
Wer eine anspruchsvolle Ganztagestour machen möchte, kann von Waldhäuser aus zur Quelle des Flusses Moldau laufen. Diese liegt auf der tschechischen Seite, und der Weg führt auf einer sehr vielseitigen Strecke durch den Nationalpark Bayerischer Wald. Von der Busstation „Waldhausreibe“ steigt man zunächst auf, bis knapp unter den Gipfel des Lusen, folgt dann aber der Beschilderung in Richtung „Tummelplatz“. Dabei handelt es sich um einen sogenannten Schachten, eine künstlich angelegte große Lichtung im ansonsten tiefen Wald. Diese wurden einst angelegt, um Weidetiere hier zu halten, und sind heute eines der artenreichsten Biotope im gesamten Nationalpark.
Das spektakulärste Stück Strecke führt von hier durch das wilde Reschbachtal, immer entlang des kleinen, aber reißenden Gewässers. Der Wald wird ergänzt durch das Panorama, das die unzähligen moosbewachsenen Steine entlang des Wasserlaufes bieten. Von der ebenfalls künstlich angelegten Reschbachklause dann auch schon der Endspurt zur Moldauquelle. Dieser mag zunächst etwas ernüchternd erscheinen, bewegt man sich doch auf einer quasi zweispurigen geschotterten Forststraße, nachdem man den ganzen Tag nichts anderes als weichen Waldboden unter den Füßen hatte.
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Die magische Moldau-Quelle
Einmal bei der Quelle angekommen, versteht man aber warum. Sie ist ein nahezu magischer Kraftort, den man auch weniger mobilen Wanderern zugänglich machen möchte. Aus einem kleinen runden Quelltopf entspringt, was irgendwann zum mächtigsten Strom in ganz Tschechien wird. Hier, am Ursprung, spürt man schon die Kraft des eiskalten Wassers. Unzählige Besucher haben Münzen in die Quelle geworfen wie in einen Wunschbrunnen. Jede Münze der Traum eines Menschen, sein Wunsch an diesem hier noch so zerbrechlichen Fluss. Kurz fließt er als dünnes Rinnsal ein paar Meter, um dann im Wald zu verschwinden, und seine insgesamt 430 Kilometer lange Reise zu beginnen.
Von hier ist es noch etwa eine Stunde bis zu dem kleinen Ort Buchwald/Bučina, von wo aus man wiederum die Grenze nach Deutschland überschreitet. Wer möchte, kann direkt per Bus ein weiteres beliebtes Wanderziel im Nationalpark Bayerischer Wald ansteuern, die Steinklamm in Spiegelau. TRAVELBOOK-Geheimtipp: Die Leberkäse-Semmeln bei der Fleischerei Meier. Da es sich um einen Rundweg handelt, empfiehlt es sich, dem Forellensymbol folgend die Strecke ab der Sparkasse von Spiegelau zu nehmen. Auf diese Weise ist man wesentlich schneller in der beeindruckenden engen Klamm, denn der Rest des Weges ist leider weder anspruchsvoll noch landschaftlich besonders interessant.
Hochprozentiges Genusswandern
Ganz anders verhält sich das bei einer Fluss-Wanderung entlang des Schwarzen Regen, einer der schönsten Touren außerhalb der Kernzone des Nationalparks Bayerischer Wald. Von Viechtach aus kann man dem Strom bis Teisnach folgen, besonders beliebt ist die Strecke ab Gumpenried-Aspach. Gesunder, dichter Fichtenmischwald beherrscht hier das Landschaftsbild, der der Gegend den Beinamen „Bayerisch Kanada“ eingebracht hat. Immer entlang am Wasser bzw. mit Blick darauf geht es ein ganz entspanntes Stück Weg ohne viele Höhenmeter entlang. Das Tempo verlangsamt sich automatisch, das ist Genusswandern im besten Wortsinn. Und bevor man es richtig merkt, ist man schon in Teisnach.
Wer dann noch möchte, kann den Ausflug zu einer anspruchsvollen Tagestour verlängern. Eine weitere abwechslungsreiche Strecke führt von Teisnach nach Bodenmais. Der Wald ist hier besonders schön, und endlich bieten sich auch Stellen nicht nur zum Rasten, sondern auch Baden. Immer am Wasser entlang folgt man dem Biber-Symbol bis nach Böbrach, wo man bei der Brennerei Penninger einkehren und hochprozentige Souvenirs mitnehmen kann. Von hier geht es weiter zur Wolfgangskapelle, einer kleinen ruhigen Kirche mitten im Wald.
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Auf dem Urwaldsteig
Den gigantischen Ausblick von hier muss man sich allerdings erst durch einen zähen steilen Aufstieg erkämpfen, aber es lohnt sich wirklich. Zumal es in der Folge Richtung Bodenmais fast nur noch bergab geht. Leider teils mit ziemlich rudimentärer Ausschilderung. Mit dem Sternknöckel folgt dann noch ein weiterer Aussichtspunkt, bevor es wieder zurück ins Tal nach Bodenmais geht. Der Ort ist mit über eine Million Übernachtungen pro Jahr der meistbesuchte im gesamten Bayerischen Wald. Laut einem Kellner auf der spektakulären Sonnenterrasse des örtlichen „Hofbräuhaus“ liegt das an gutem Marketing: „Wir haben hier 3000 Einwohner, aber mit den Touristen 20.000 Menschen.“
Ein weiterer schöner Ort knapp außerhalb des Nationalparks Bayerischer Wald ist Bayerisch Eisenstein, der sich mit dem benachbarten Tschechien sogar einen Grenzbahnhof teilt. Besonders beliebt sind Touren von hier aus auf den Großen Arber, den mit 1455 Metern höchsten Berg im gesamten Bayrischen Wald. Direkt am Bahnhof beginnt zudem die Tour auf dem wilden Urwaldsteig. Nur Wegweiser zeugen hier von menschlicher Anwesenheit. Ansonsten ist der etwa zweistündige steile Pfad komplett naturbelassen. Wer mag, kehrt anschließend in der „Pöschl Stuben“ ein, wo das Beste aus bayerischer und böhmischer Küche serviert wird.
Der Nationalpark Bayerischer Wald und seine Umgebung bieten nicht nur einmalige Touren, sondern sind auch außergewöhnlich gut erschlossen. Jedes noch so kleine Nest erreicht man entweder mit den sogenannten Igelbussen oder mit dem sehr gut ausgebauten Netz der Waldbahn. Bei einer Fahrt mit dieser ist oft der Weg schon das Ziel. Die Strecken verbinden die schönsten Ecken der Region miteinander. Und obwohl man an dieser Stelle noch so viel mehr schreiben könnte: Natürlich kann dieser Artikel nur einige Anreize geben. Und jetzt viel Spaß bei der Planung Ihrer eigenen Reise in den Bayerischen Wald.