27. April 2022, 16:33 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Bereits bis 2050 könnten weite Teile der Welt überflutet sein, Deutschland und auch die Niederlande würde es dabei besonders hart treffen. Das lässt eine Studie vermuten. Ein Horror-Szenario, das auf einer interaktiven Karte visualisiert wurde. Worum es geht.
Einer Studie der Forscher der US-amerikanischen Nichtregierungs-Organisation „Climate Central“ zufolge könnten, wenn es keine einschneidenden Veränderungen beim weltweiten CO₂-Ausstoß gibt, bis zum Jahr 2100 bis zu 640 Millionen Menschen ihre Heimat verlieren. Wo vor allem die Küsten besonders gefährdet sind, zeigt eine interaktive Karte. Für sie hat „Climate Central“ mithilfe des Programms „CoastalDEM“ 51 Millionen Datensätze ausgewertet und auf deren Basis die Karte erstellt. Die Karte zeigt genau, wie sich die Welt durch den Klimawandel und damit einhergehenden steigenden Meeresspiegel bis 2050 beziehungsweise 2100 verändern könnte und welche Orte besonders von Überschwemmung bedroht wären.
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Demnach werden besonders in Asien weite Landstriche, die heute schon nur wenige Meter über dem Meeresspiegel liegen, in Zukunft aufgrund von immer wieder kehrenden Überschwemmungen unbewohnbar werden, bzw. sogar vollständig unter Wasser liegen. Die Forscher schätzen, dass von erstem Szenario bis 2050 die Heimat von 300 Millionen Menschen betroffen sein wird, bis 2100 würde dann das Meer gar Landmassen für immer verschlucken, auf denen heute 200 Millionen Menschen leben.
Weite Teile Deutschlands unter Wasser
Diese realistischen Schätzungen gehen davon aus, dass der Meeresspiegel bis zum Ende des Jahrhunderts schlimmstenfalls um bis zu zwei Meter steigt. Forschern weltweit macht besonders das in der Antarktis und auf Grönland rapide abschmelzende Festlandeis große Sorgen. Je mehr es schmilzt, umso mehr wird die Welt, wie wir sie bislang kennen, Vergangenheit sein. Laut „Climate Central“ läge den Daten zufolge zum Beispiel Shanghai 2100 unter Wasser, genau wie Kalkutta in Indien und weite Teile von Bangladesch, Vietnam, Thailand und Indonesien.
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Auch Europa ist massiv vom steigenden Meeresspiegel bedroht: Venedig? Spätestens 2100 in den Fluten verschwunden. Die Gegenden um Lissabon und London: unter Wasser. Städte wie Bordeaux, Le Havre und Dünkirchen: unbewohnbar. Gent, Antwerpen, Den Haag und Amsterdam: überflutet. Und auch Deutschland würde es hart treffen, unter anderem Städte wie Bremen, Oldenburg und auch Hamburg, die Insel Sylt wäre fast vollständig unter Wasser. Eine Sprecherin des Alfred-Wegner-Instituts sagte auf TRAVELBOOK-Anfrage: „Wir wissen zum Beispiel aus den Niederlanden, dass dort die Küstenschutzmaßnahmen sich bereits verändert haben und auch Land aufgegeben wird. Deutschland hat gerade seine Deiche erhöht und wird hier erst einmal sicher sein. Das sieht in anderen Ländern dieser Welt ganz anders aus.“
Karte zeigt: Überschwemmungen durch Klimawandel weltweit zu erwarten
Heißt konkret: Auch im Falle, dass Regionen „nur“ von regelmäßigen Überschwemmungen betroffen wären, würden sie dennoch unbewohnbar. Das im Meer vorhandene Salz würde nicht nur Ackerböden verderben, sondern letztlich auch das Trinkwasser, weshalb die Forscher vor dem Phänomen der Klimaflüchtlinge warnen. Dieses würde die momentane Situation in Europa, in der Menschen aus kriegsgebeutelten Ländern fliehen, noch „in den Schatten stellen“.
Schon heute lebten drei von vier Bewohnern der Marshall-Inseln auf Land, dass es in spätestens 80 Jahren nicht mehr geben wird. Erst im November 2021 warten die Klimabotschafterin Tina Stege vor dem baldigen Untergang der Inseln. Auch in Bangladesch wäre jeder vierte Bewohner vom den Überschwemmungen betroffen.
Renate Treffeisen vom Alfred-Wegener-Institut sagt: „Die Folgen des Klimawandels sind in vielen Teilen dieser Welt viel deutlicher zu spüren als in Deutschland. Es wird in Folge der klimatischen Veränderungen auf der Erde sicherlich zu Bevölkerungsbewegungen kommen. Wie diese dann konkret aussehen werden, können wir heute noch nicht sagen.“
Fest steht nur: In der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) kommen die Worte „Klima“, „Umwelt“ oder „Umweltveränderung“ nicht im Wortlaut vor, demnach sei ein Flüchtling per Definition der GFK zudem jemand, der sein Land verlassen habe – Binnenflüchtlinge, die innerhalb ihres Staates ihren Heimatort verlassen, zählen aktuell nicht dazu. Kurz, die Rechtslage eines „Klimaflüchtlings“ ist aktuell schlichtweg (noch) nicht definiert. Zudem ist festgeschrieben, dass zur Anerkennung des Status als Flüchtling eine schwerwiegende Verletzung der Menschenrechte vorliegen muss – was bei einer Klimakatastrophe ja nicht per se der Fall wäre.
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Anstieg des Meeresspiegels eine unmittelbare Gefahr
Das Fazit der Forscher von „Climate Center“ ist eindringlich und klar: „Das Ansteigen des Meeresspiegels ist eine unmittelbare Gefahr. Die heutige Gesellschaft muss daher nicht nur für zukünftige Generationen Maßnahmen ergreifen, sondern auch für sich selbst.“ Insofern gibt die Karte nicht nur einen Überblick über die Orte weltweit, die konkret von Überschwemmungen bedroht sind – sondern auch, welche dramatischen Folgen der Klimawandel haben wird.
Machen Sie sich hier ein Bild von der Bedrohung anhand der interaktiven Karte von „Climate Center“. Unter dem Punkt „Change Projections“ können sie mittels verschiebbarer Regler verschiedene Szenarien abrufen. Auch für Deutschland und die Nordsee gibt es eine Karte des „Norddeutschen Küsten- und Klimabüros“, auf welcher Sie per Eingabe Ihrer Postleitzahl erfahren können, ob Ihr Wohnort in einem Gebiet liegt, das bis spätestens zum Jahr 2100 vor Sturmfluten zu schützen sein wird.