22. Januar 2024, 15:30 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Die Gewerkschaft der Lokomotivführer (GDL) will den Bahnverkehr in Deutschland ab Mittwochmorgen erneut mit Streiks lahmlegen. Dieses Mal soll er ganze sechs Tage dauern. Was Bahnreisende jetzt wissen müssen und welche Rechte sie haben – TRAVELBOOK gibt einen Überblick.
Wieder gibt es schlechte Nachrichten für Bahnreisende. Denn die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) hat erneut zu einem Streik aufgerufen. Diesmal soll er fast eine Woche dauern. Los gehen soll es am Mittwoch, dem 24. Januar, um 2.00 Uhr nachts. Bis zum darauffolgenden Montag, dem 29. Januar, um 18.00 Uhr soll der Ausstand dann andauern. In der Tarifrunde legen die Lokführer dann bereits zum vierten Mal die Arbeit nieder und bringen damit den Bahn-Verkehr weitgehend zum Erliegen. Zwar hat die Deutsche Bahn (DB) für den Fernverkehr erneut einen Notfahrplan erstellt, doch zahlreiche Verbindungen werden wegen des GDL-Streiks wohl ausfallen. Lesen Sie hier, welche Rechte Betroffene dann haben.
Überblick
Der Zug fährt nicht
Fährt der Zug wegen des GDL-Streiks nicht oder wird absehbar mindestens 60 Minuten verspätet am Ziel sein, kann man den Ticketpreis zurückverlangen. Man hat aber auch die Möglichkeit, die Reise zu einem späteren Zeitpunkt anzutreten oder fortzusetzen, wobei man stets auch eine andere, vergleichbare Verbindung zum Zielort wählen kann.
Zudem hat die Deutsche Bahn bereits Sonderkulanz-Regelungen getroffen: Alle Fahrgäste, die ihre zwischen Mittwoch und Freitag geplante Reise wegen des GDL-Streiks verschieben möchten, können ihr Ticket später nutzen. Die Zugbindung ist aufgehoben. Sitzplatzreservierungen können kostenfrei storniert werden. Zudem haben Fahrgäste im Fernverkehr die Möglichkeit, ihre Reise vorzuverlegen.
Die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (söp) hat online unter soep-online.de/rechte-bahnreisen in übersichtlicher Form wichtige Rechte Bahnreisender aufgeschlüsselt – beispielsweise auch, wann sie sich ein Fernbus-Ticket kaufen und sich die Ausgaben dafür im Nachgang von dem Bahnunternehmen zurückholen können.
Die söp vermittelt als neutrale Instanz bei Zwist zwischen Reisenden und – vor allem – Bahnunternehmen und Airlines. Dorthin kann man sich kostenlos wenden, etwa, wenn es Streit um Erstattungen gibt.
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Der Zug fährt nicht mehr weiter
Wer unterwegs strandet, hat bei Verspätungen von mehr als einer Stunde oder Zugausfällen Anspruch auf Mahlzeiten und Erfrischungen in einem angemessenen Verhältnis zur Wartezeit.
Ist klar, dass es an einem Tag nicht mehr weitergeht, muss das Bahnunternehmen für eine Unterbringung in einem Hotel oder in einer „anderweitigen Unterkunft“ (laut EU-Regeln) sorgen und den Transfer dorthin organisieren.
Wer auf eigene Faust ein Hotelzimmer bucht, sollte sich vorher von der Bahn bestätigen lassen, dass keine Weiterfahrt möglich ist und sie nicht mit einer Unterkunft helfen kann.
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Entschädigung bei Verspätung
Die gibt es auch bei Warnstreiks. Kommt der Zug mehr als eine Stunde zu spät am Ziel an, kann man 25 Prozent des Fahrpreises verlangen, bei mehr als zwei Stunden sind es 50 Prozent.
Laut söp besteht der Anspruch auf die Verspätungsentschädigung auch dann, „wenn die verspätete Ankunft am Zielort durch eine in Anspruch genommene Alternativbeförderung erfolgt“. Das heißt im Klartext: Wer sein Zugticket wegen eines Zugausfalls zu einem späteren Zeitpunkt nutzt, dem stehen demnach 50 Prozent Erstattung zu.
Wichtig: Verpasst man wegen eines Zugausfalls einen gebuchten Flug, haftet die Bahn nicht für mögliche Folgekosten.
Streikt Bahnpersonal, stellt sich für viele Beschäftigte die Frage, ob sie trotz ausfallender Züge pünktlich zur Arbeit erscheinen müssen? Das müssen Pendlerinnen und Pendler in diesem Kontext wissen:
Alternative Reisemöglichkeiten:
Alternativen könnten Züge von Unternehmen sein, die nicht bestreikt werden. Wer die Schienen meiden und lieber auf die Straße ausweichen möchte, kann sich einen Platz in einem Fernbus buchen. Und wer selbst fahren will, für den könnte ein Mietwagen eine Alternative sein. Auch ein Inlandsflug könnte eine Option darstellen. Oder die Fahrt im eigenen Auto. Bleibt die Frage: Wer zahlt dafür?
Die Antwort: In der Regel man selbst. Unter bestimmten Voraussetzungen muss ein Bahnunternehmen zwar eine Busfahrkarte oder Bahnfahrkarte erstatten. Doch so ein Anspruch besteht laut EU-Regeln nur dann, wenn das Unternehmen nicht innerhalb von 100 Minuten nach der planmäßigen Abfahrtszeit eine Weiterfahralternative anbietet. Oder wenn die Kundin oder der Kunde sich vorher das Okay des Unternehmens geholt hat (Artikel 18 der EU-Verordnung).
Grundsätzlich kein Anspruch auf Erstattungen gibt es für alternativ gebuchte Flugtickets oder Mietwagen, erklärt der Jurist André Schulze-Wethmar vom Europäischen Verbraucherzentrum (EVZ). Ausnahme: Das Bahnunternehmen bietet Flug oder Mietwagen von sich aus als alternative Beförderung an. „In der Praxis aber dürfte ein solcher Beförderungsdienst in der Regel eher ein Reisebus sein, den die Bahn organisiert oder eine Fahrt mit dem Taxi“, so der Fachmann.
Statt auf eine Erstattung von Flug oder Mietwagen durch das Bahnunternehmen zu setzen, ist also folgendes Vorgehen oft die bessere Variante: Sich, wenn möglich, den Preis für das nicht genutzte Zugticket zurückzahlen lassen und die Alternative – sei es etwa ein Mietwagen oder ein Fernbusticket – auf eigene Faust buchen.
Muss ich trotz Streik pünktlich zur Arbeit erscheinen?
In der Regel ja. Das sogenannte Wegerisiko trägt der Arbeitnehmer, erklärt der Berliner Fachanwalt für Arbeitsrecht Alexander Bredereck. „Wenn ich nicht zur Arbeit komme, gilt der Grundsatz: ohne Arbeit kein Geld.“
Auch eine Abmahnung ist möglich, wenn man gar nicht oder zu spät zur Arbeit kommt – zumindest wenn der Streik rechtzeitig angekündigt wurde. Denn in dem Fall könne man in der Regel erwarten, dass Arbeitnehmer sich darüber informieren und andere Verkehrsmittel wählen, so Bredereck. Und zwar auch dann, wenn ihnen dadurch höhere Kosten entstehen, etwa weil sie das Auto nehmen müssen.
Die Kosten für alternative Verkehrsmittel müssten aber im Verhältnis zum Gehalt stehen, das Arbeitnehmer an dem entsprechenden Arbeitstag verdienen würden, gibt Bredereck zu bedenken: „Dass eine Putzkraft ein Taxi nimmt, um zur Arbeit zu kommen, könnte etwa unverhältnismäßig sein.“
Was man im Vorfeld des Streiks tun kann
Fachanwalt Bredereck rät Beschäftigten, die von Zugausfällen betroffen sein können, rechtzeitig Absprachen mit dem Arbeitgeber zu treffen – und konkret nachzufragen, wie man in dem Fall vorgehen soll.
Denkbar sei etwa, dass man mit dem Arbeitgeber eine Freistellung vereinbart oder an den Tagen, für die Streik angekündigt ist, Urlaub nimmt. Auch der Abbau von Überstunden oder die Nutzung von Gleitzeit können eine Option sein. „Da sind vernünftige Lösungen gefragt“, sagt Bredereck.
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Hat man bei Streik ein Recht auf Homeoffice?
„Ein Recht auf Homeoffice gibt es nur dann, wenn ich es mit dem Arbeitgeber vereinbart habe, etwa im Arbeitsvertrag, der Betriebsvereinbarung oder im Tarifvertrag“, sagt der Fachanwalt.
Das gilt auch an Tagen, an denen man durch Streiks nicht mit der Bahn zum Betrieb kommt. Gibt es keine entsprechenden Vereinbarungen, rät Bredereck auch hier rechtzeitig Absprachen mit dem Arbeitgeber zu treffen.
Mit Material von dpa und Reuters