11. Dezember 2020, 13:50 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Wie bei der S-Bahn: Einfach zum Bahnhof gehen, ohne Fahrplanstudium. Die Züge kommen im immer gleichen Takt. Das gilt nun im Fernverkehr Berlin-Hamburg. Auch andere Verbindungen werden ausgebaut. Doch der ersehnte Deutschlandtakt ist das noch nicht.
Bahnkunden zwischen Berlin und Hamburg bekommen von Sonntag an einen kleinen Vorgeschmack auf den angestrebten bundesweiten Taktfahrplan. Tagsüber fahren ICE-, Intercity- und Eurocity-Züge dort nun durchschnittlich im Halbstundentakt.
60 statt bisher 45 Züge werden täglich zwischen den beiden größten deutschen Städten unterwegs sein. „Ich freue mich über diesen guten Startschuss für den Deutschlandtakt“, ließ Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) vorab wissen.
Mehr Züge auch auf anderen Strecken
Auch auf anderen Strecken wächst das Angebot. So gibt es neue Direktverbindungen zwischen Berlin und der früheren Bundeshauptstadt Bonn – eine Strecke, auf der etwa viele Regierungsbeamte noch immer lieber fliegen. Zwischen Köln und Berlin fährt jetzt auch der ICE4, das heißt: mehr Sitzplätze als bisher, plus Fahrradabteil.
Mehr und schnellere Verbindungen gibt es zwischen München und Zürich mit Zügen der Schweizer Bundesbahnen. Eine zusätzliche tägliche ICE-Fahrt Hamburg-München soll bessere Verbindungen auch für Fahrgäste aus Lüneburg, Uelzen, Celle und Augsburg bringen.
Bahntickets werden teurer
Mehr Angebot, mehr bezahlen: Durchschnittlich sind Fahrkarten im Fernverkehr ab Sonntag ein Prozent teurer, im Nahverkehr 1,5 Prozent. Super-Sparpreise und Sparpreise bleiben aber unverändert, ebenso die Preise für die Bahncards 25 und 50. Bahnfahren war erst mit der Mehrwertsteuersenkung zu Jahresbeginn zehn Prozent billiger geworden.
Doch was hat es mit dem „Deutschlandtakt“ auf sich? Das neue Fahrplanmodell soll Reisen mit der Bahn einfacher und schneller machen. Seit Jahren wird an Konzepten gefeilt. Das Prinzip: An wichtigen Umsteigestationen treffen Züge ungefähr gleichzeitig ein und fahren kurz darauf wieder ab. Lange Umsteigezeiten von einer halben Stunde und mehr soll es dann nicht mehr geben.
Taktfahrplan in Deutschland erst 2030
Vorbild ist die Schweiz, wo seit Jahrzehnten ein Taktfahrplan gilt. Ziel ist das Jahr 2030. Die Bahn will dafür den Halbstundentakt auf weitere große Städte ausbauen, träumt von einer „metropolenverbindenden S-Bahn“.
Durchgetaktet wie eine S-Bahn ist das neue Angebot im Norden noch nicht: Fahrplanmäßig schwankt in Hamburg die Wartezeit zwischen der Abfahrt zweier Züge zwischen 14 und 46 Minuten. Wer nicht lange warten will, sollte vorher also doch besser zu Hause auf den Fahrplan schauen.
Berliner haben es etwas leichter: Jeweils drei bis acht Minuten nach der vollen und der halben Stunde geht es dort am Hauptbahnhof los Richtung Hamburg. Danach kann man sich richten, und so soll es eines Tages an allen wichtigen Bahnhöfen sein. Das ist das Ziel des Deutschlandtakts.
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Bahn muss nachbessern
Dafür aber ist noch viel Arbeit zu leisten. Denn ein Taktfahrplan setzt pünktliche Züge voraus. Obwohl es nur wenige Fahrgäste gab, kam nach Daten der Bahn auch im November jeder fünfte Fernzug zu spät.
An vielen Stellen im Netz sind Verbesserungen nötig: Überholgleise müssen verlegt, Engpässe an Knotenbahnhöfen beseitigt werden. Dass zwischen Hamburg und Berlin nun vier Fernzüge in zwei Stunden fahren statt wie bisher drei, ist nur ein Baustein für den Deutschlandtakt.
Es werden noch Jahre vergehen, bis die nächsten Bausteine gesetzt werden können. Wenn die Neubaustrecke Wendlingen-Ulm und der neue Stuttgarter Bahnhof in Betrieb sind, sollen von Ende 2025 an auch Stuttgart und München sowie Stuttgart und Frankfurt halbstündig verbunden werden, ebenso Frankfurt-Köln und Frankfurt-Hamburg.
Für Berlin-Köln gibt es noch keinen Termin, dafür muss erst der Abschnitt zwischen Hannover und Bielefeld ausgebaut werden. „Es ist ein Schlüsselprojekt des Deutschlandtakts“, sagt Bahn-Infrastrukturvorstand Ronald Pofalla. Bonn und Berlin sollen dann in vier Stunden verbunden werden.