24. März 2020, 13:13 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Tausende Urlauber sitzen aufgrund verschärfter Einreisebestimmungen infolge der Coronavirus-Ausbreitung in aller Welt fest. Immer mehr gestrandete Deutsche werden zurückgeholt. Wie die Rückholaktionen funktionieren, wer sie in Anspruch nehmen kann und was Reisende jetzt wissen müssen.
Inhaltsverzeichnis
- Wer wird zurückgeholt?
- Was muss ich tun?
- Wer zahlt die Kosten für den Rückflug?
- Was ist, wenn ich im Ausland unter Quarantäne stehe?
Immer mehr Länder machen ihre Grenzen dicht, lassen wegen der Ausbreitung des Coronavirus keine Urlauber mehr ins Land. Viele sitzen auch Flughäfen fest und können nicht weiterreisen.
Rückholaktionen bereits gestartet
Die Bundesregierung hat eine beispiellose Rückholaktion für Tausende Deutsche gestartet, die wegen der Coronakrise im Ausland gestrandet sind. Außenminister Heiko Maas sprach von einer „Luftbrücke“. Für die Rückholflüge will die Regierung insgesamt bis zu 50 Millionen Euro ausgeben.
Die Rückholaktion greift aktuell erstmal für besonders betroffene Länder. Dazu gehören: Ägypten, Algerien, Argentinien, Chile, Costa Rica, der Dominikanischen Republik, Ecuador, Gambia, Indien, Kenia, Kolumbien, Marokko, Mexiko, Neuseeland, Panama, Peru, den Philippinen und Tunesien.
Maas rechnet damit, dass die Rückholaktionen noch zwei Wochen dauern werden.
Wer wird jetzt nach Hause geholt?
Alle deutschen Urlauber und ihre Familienangehörigen in den besonders von Reiseeinschränkungen betroffenen Regionen, die sich vorübergehend im Ausland aufhalten (z.B. zum Urlaub), sollen zurück nach Deutschland gebracht werden, erklärt das Auswärtige Amt.
„Das gilt auch für Familien, bei denen nur ein Familienmitglied die deutsche Staatsbürgerschaft hat“, erklärt Rechtsanwalt Jan Bartholl TRAVELBOOK. Aber: Grundsätzlich sei Deutschland zwar dazu verpflichtet, deutsche Staatsbürger zurückzuholen, es gebe jedoch keinen Rechtsanspruch. „Das heißt, ich habe kein Recht, morgen zurückzufliegen“, betont Bartholl.
Noch nicht klar ist, was für Personen gilt, die einen Aufenthaltstitel für Deutschland haben, in Deutschland leben und von dort in den Urlaub gereist sind. Man bemühe sich „im Rahmen der Kapazitäten, eine Lösung zu finden“, so das Auswärtige Amt. Laut Bartholl sollten sich Betroffene aber beim Auswärtigen Amt melden, das dann im Einzelfall entscheiden muss. Gut sähe es seiner Meinung nach für EU-Bürger aus. Die Chance, dass sie zurückgeholt werden, sei vergleichsweise hoch.
Was muss ich tun, wenn ich im Ausland festsitze?
Ganz wichtig: Tragen Sie sich in die Krisenvorsorgeliste des Auswärtigen Amts ein, die sogenannte Elefand-Liste. „So weiß das Auswärtige Amt, wer und wo Sie sind, und hat Ihre Kontaktdaten“, erklärt Bartholl.
Falls es für Ihr Land eine Rückholaktion gibt, tragen Sie sich zusätzlich auf der Webseite rueckholprogramm.de ein.
Außerdem solle man sich selbst bemühen, die Ausreise zu organisieren. Das heißt vor allem: die Airline kontaktieren, bei der Sie gebucht haben. Handelt es sich um eine europäische Airline, muss sie Ersatz-Rückflug organisieren oder Sie umbuchen, erklärt Bartholl. Das geht natürlich nur, wenn es einen Ersatzflug gibt.
Sollte Ihnen kein Ersatzflug angeboten werden oder Ihnen die Rückkehr mit eigenen Mitteln nicht mehr möglich sein, müssen Sie auf das Auswärtige Amt hoffen. Dort bemühe man sich, „für alle Deutschen Lösungen zu finden“ und stünde „in engem Kontakt mit Airlines, Reiseveranstaltern und den Behörden vor allem in den am meisten betroffenen Ländern“.
Hinweis: Sowohl beim Elefand-Programm als auch beim Krisenpool des Auswärtigen Amts (Tel-Nummer:030 5000 3000) und den jeweiligen Auslandsvertretungen kommt es aktuell zu langen Wartezeiten. Daher empfiehlt das Auswärtige Amt, sich online in die Krisenvorsorgeliste einzutragen und auf Rückmeldung zu warten.
Wer zahlt für die Rückholaktion?
Bei Pauschalreisen zahlt der Reiseveranstalter die Rückführung. Wenn Sie Individualreisender sind, ist es komplizierter.
Im ersten Schritt sollten Sie, so rät das Auswärtige Amt, versuchen, einen eigenen Rückflug zu organisieren. Wenn Sie mit einer europäischen Airline gebucht haben, ist eigentlich die Airline selbst veranwortlich, Sie zurück nach Deutschland zu bringen – z.B. mit einem Ersatzflug. Doch aktuell gibt es aus vielen Ländern gar keine Flüge mehr nach Deutschland.
Sollte „eine Rückkehr mit eigenen Mitteln nicht mehr möglich“ sein, werde man Lösungen finden, also die Rückreise mit verantworten, teilt das Auswärtige Amt mit. Die Preise für die vom Auswärtigen Amt organisierten Rückflüge sollen sich dann an einem vergleichbaren Flugticket der Economyklasse orientieren. Je nach Länge der Strecke können das bis zu 1000 Euro sein – aber Angst, nicht zahlen zu können, müsse laut Jan Bartholl niemand haben. „Es stimmt, dass Betroffene einen Anteil der Kosten tragen müssen, das steht im Konsulargesetz. Aber es wird im Endeffekt individuell entschieden werden, ob die Person wirklich die Kosten tragen kann.“ Bei Härtefällen werde, so Bartholl, wohl kaum geklagt werden. Das Auswärtige Amt selbst teilt ebenfalls mit, niemand müsse in Vorleistung treten.
Grundsätzlich können Sie auch möglicherweise entstandene Zusatzkosten bei der Fluggesellschaft Ihres ursprünglichen Flugs zurückfordern – allerdings gibt es laut Bartholl keine Rechtsgrundlage, die eine Entschädigung seitens der Airlines voraussetzen würde.
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Was für Urlauber in Quarantäne gilt
Viele Urlauber sind in ihrem Urlaubsland unter Quarantäne gestellt worden und werden deshalb an der Weiterreise gehindert. Das Auswärtige Amt macht klar: Bei einer Quarantänemaßnahme im Ausland sollen Touristen nicht mit einer Rückholung durch den Veranstalter oder die Bundesregierung rechnen, sondern sich an die Auflagen der Behörden vor Ort halten.
Es gibt auch vereinzelt noch deutsche Urlauber, die an weit entfernten Reisezielen festsitzen und bislang gar nicht wissen, ob und wie sie nach Hause kommen sollen. TRAVELBOOK-Redakteurin Anna Wengel ist z.B. derzeit privat in Australien und wollte eigentlich am kommenden Samstag zurückfliegen. Ob ihr Rückflug tatsächlich stattfindet – unklar! „Es ist ehrlich gesagt nicht ganz einfach, die Informationslage ist so konfus und ändert sich ständig und ich habe keine Ahnung, wann ich fliegen kann. Ich habe an sich nichts dagegen, länger in Australien zu sein – zumal es hier definitiv noch entspannter zugeht – aber das Gefühl nicht nach Hause zu kommen, wenn ich es will, ist gerade angesichts von Sorgen um Verwandte im Moment sehr schwierig für mich.“
Sind Sie im Ausland gestrandet und wollen von Ihren Erfahrungen berichten? Schreiben Sie uns an redaktion[at]travelbook.de!