30. Juni 2023, 12:55 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Dubrovnik ist eine der Städte, die europaweit am meisten mit Overtourism zu kämpfen haben. Die Bewohner leiden stark unter den Besucherströmen. Um die Lärmbelästigung einzudämmen und einen verantwortungsvollen Tourismus zu fördern, verbietet die beliebte kroatische Küstenstadt nun vielerorts Rollkoffer. Doch das soll nicht die letzte Maßnahme bleiben.
Dass sich Dubrovnik spätestens seit der Erfolgsserie „Game of Thrones“ nicht mehr vor Touristen retten kann, dürfte den meisten bekannt sein. Zu den Urlaubern, die die malerische Küstenstadt mit ihrer mittelalterlichen Architektur auf einem Kroatien- oder Balkantrip mit dem Auto oder Wohnmobil einplanen, kommen Tausende, die per Flug, Bahn oder Kreuzfahrtschiff anreisen. So strömten laut „Deutschlandfunk Kultur“ im August 2019, also im Jahr vor der Corona-Pandemie, pro Tag etwa 27.000 Menschen in die malerische Stadt, die selbst nur knapp 43.000 Einwohner hat. Sogar Dubrovniks Status als UNESCO-Welterbe war wegen des Overtourism bereits gefährdet – da verwundert es nicht, dass man sich in der Stadt bereits länger einen „Reset“ wünscht.
Statt eines aktiven Tourismus-Managements gibt es also immer mehr Maßnahmen, um die Touristen-Massen einzudämmen. So dürfen bereits seit 2019 nur noch zwei Kreuzfahrtschiffe mit jeweils höchstens 5000 Passagieren anlegen und Restaurants weniger Tische aufstellen. Nun kommt die nächste Maßnahme: Die Stadt verbietet den Touristen, ihre Koffer in der Altstadt zu rollen, wie der Bürgermeister der dalmatinischen Küstenstadt, Mato Franković, laut der kroatischen Tageszeitung Jutarnji List verkündete, wie etwa „Merkur“ berichtete.
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Stadt reagiert auf Anwohner-Beschwerden
Auf dem Stradun, der mit Kalkstein gepflasterten Hauptstraße von Dubrovnik, dürfen Touristen ihr Gepäck nicht mehr rollen. Laut Franković will man damit Ordnung schaffen und den Beschwerden der Anwohner über den nächtlichen Lärm der Koffer nachkommen. Ab dieser Sommersaison müssen die Besucher ihren Koffer daher in der Altstadt tragen – wer beim Rollen seines Koffers erwischt wird, muss bis zu 265 Euro Strafe zahlen.
Doch was ist mit denen, die körperlich beeinträchtigt sind oder aus anderen Gründen nicht ihren Koffer tragen können? Die sollen – wie alle anderen Urlauber auch – ab November ein neues System nutzen können. Bis dahin will man nämlich ausgewiesene Gepäckaufbewahrungsstellen einrichten, bei denen die Touristen ihre Koffer abstellen können. Die Stadt will dann für einen kostenlosen Transport zur Unterkunft der Besucher sorgen.
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Baldiges Verbot für die Beförderung aller Gepäckstücke in der Altstadt
„Das ist nur der Anfang, das ultimative Ziel ist es, ein Logistikzentrum innerhalb des Flughafens zu schaffen, nach dem das gesamte Gepäck der Dubrovnik-Besucher von Ćilipo direkt zu den Adressen der Gäste transportiert wird“, so Franković. Nach der Einrichtung dieses Gepäckverteilungszentrums dürfen Urlauber nicht mehr selbst Gepäck mit in das Stadtzentrum nehmen – egal ob sie einen Koffer auf Rädern oder etwa eine Reisetasche mit sich führen. Für den Bürgermeister ist es das Wichtigste, dass die Stadt künftig nicht mehr vom Massentourismus geprägt ist. Ob das „Gepäck-Verbot“ eine geeignete Maßnahme ist, bleibt abzuwarten.
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Ein Kommentar unserer TRAVELBOOK-Redakteurin
Schon oft habe ich den Overtourism in Dubrovnik erleben dürfen und war einer der tausenden Menschen, die die wunderschöne Altstadt fluten und für Dubrovnik Segen und Fluch zugleich sind. Ein lukratives Geschäft auf der einen Seite: Denn natürlich leben die Stadt und auch das Land vom nicht aufhörenden Tourismusboom. Doch der Erfolg wirft andererseits seine harten Schatten. So lebten in der Altstadt laut „Südkurier“ bereits 2018 offiziell nur noch 1500 Einwohner, nach Experteneinschätzung nur noch etwa 800. Zudem leidet die Stadt unter explodierenden Mieten und Preisen, Krankenwägen, die nicht mehr durch die Menschenmassen in der Altstadt kommen und zu wenig Personal in den zu vollen Bars, Cafés und Restaurants.
Diesen Overtourism und vor allem die Interessen der Einwohner, Urlauber und politischen Akteure auszubalancieren, ist keinesfalls trivial. Klar ist: Dubrovnik ist nicht gegen, sondern für einen kontrollierten Tourismus. Ob das generelle Verbot, seinen Koffer durch die Altstadt zu rollen oder das mittelfristige Verbot, alle Gepäckstücke in der Altstadt selbst zu transportieren, richtige Maßnahmen sind, halte ich jedoch für fragwürdig. Zwar habe ich das laute Geräusch, der über das Kopfsteinpflaster gezogenen Koffer noch im Ohr (laut Experten handelt es sich um den lautesten Straßenbelag, berichtete die „Süddeutschen Zeitung“), doch ich traue dem „Gepäcksystem“ nicht. Schon jetzt sehe ich tausende vertauschte, zu spät ankommende oder verschwundene Gepäckstücke vor meinem geistigen Auge. Aber ich lasse mich auch gerne vom Gegenteil überzeugen.
Mein Tipp, für alle, die Dubrovnik unabhängig von der Gepäck-Diskussion „möglichst entspannt“ erleben wollen: alle Sehenswürdigkeiten zu den Stoßzeiten meiden. Heißt, entweder früh raus, bevor die Kreuzfahrtschiffe anlegen oder eben spät, wenn sie wieder ablegen. Und wenn es richtig voll wird, sollte man am besten ins Umland ausweichen – zum Beispiel auf die nicht einmal einen Kilometer von Dubrovnik entfernte Insel Lokrum, wo es auch wunderschön, aber noch nicht so touristisch überlaufen ist.
Susanne Resch