7. Dezember 2023, 17:21 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten
Minusgrade und Schnee, Regen und Dunkelheit: Der Winter in Deutschland kann ganz schön ungemütlich sein. Wohl dem, der die Möglichkeit hat, der grauen, kalten Jahreszeit in südlichere Gefilde zu entfliehen. Besonders Senioren, die an keine Arbeit mehr gebunden sind und unter niedrigen Temperaturen leiden, entscheiden sich deshalb nicht selten dafür, in der kalten Jahreszeit im Ausland zu überwintern. TRAVELBOOK hat mit einem Deutschen gesprochen, der mit seiner Familie regelmäßig mehrere Monate in Spanien verbringt – im eigenen Ferienhaus.
Der Hamburger Heiner Niemeyer und seine Familie haben seit 2008 ein eigenes Ferienhaus an der spanischen Costa Blanca in Spanien. TRAVELBOOK hat mit ihm über den Weg zum eigenen Ferienhaus gesprochen, ihn zu Vor- und Nachteilen des Eigenheims in der Ferne befragt und dabei erfahren, worauf man beim Hausbau im Ausland achten sollte, wie die Vermietung des Hauses auch vor ungebetenen Hausbesetzern schützt und warum eine Überwinterung in Spanien sogar ökologische Vorteile hat.
TRAVELBOOK: Ihr habt seit 15 Jahren ein eigenes Ferienhaus in Spanien. Aktuell sind hier Minusgrade und trotzdem seid ihr in Deutschland. Wie kommt es dazu?
Heiner Niemeyer: „Wir waren bis zum November in Spanien. Zu Weihnachten sind wir immer hier bei der Familie, aber wir versuchen, den Sommer möglichst weit nach hinten zu verlängern und den Winter zu verkürzen – wir fahren oft schon im Februar wieder in die Sonne.“
Urlaub kann man ja auch ohne ein eigenes Ferienhaus machen. Wie seid ihr zum Haus im Ausland gekommen?
„Meine Familie und ich haben schon immer gern Urlaub im Ferienhaus gemacht. Hotels waren nie unser Ding, auch nicht, als die Kinder noch klein waren. Früher sind wir oft nach Fehmarn gefahren und haben dort dann später ein Ferienhaus gebaut. Dort waren wir unglaublich oft, als unsere Jungs noch klein waren. An der Ostsee ist das Wetter aber nicht so beständig, und so haben wir irgendwann das Ferienhaus auf Fehmarn verkauft und in Spanien gebaut.“
Wenn man an die Winterdomizile der Deutschen denkt, kommen einem dabei eher Mallorca oder die Kanaren in den Sinn. Euer Haus ist auf dem spanischen Festland. Wie kamt ihr auf die Region?
„Ich habe früher in der Schule Spanisch gelernt, weil ich keine Lust auf Latein hatte, deshalb war mir Spanien schon immer sehr nahe. Mir gefällt die Mentalität und die Gastfreundschaft. Im Nachhinein denke ich auch, dass es absolut hilfreich ist, in der Landessprache kommunizieren zu können. Eine Insel kam für uns nie infrage, da man sich da räumlich schnell eingeengt fühlen kann. Wir haben uns deshalb am Festland orientiert. Die Costa Blanca haben wir auf unserer Suche nach einem geeigneten Ort kennengelernt und sie gefiel uns sehr: Man kann in der Landschaft wandern und Outdoorsport treiben, es ist auch im Herbst und im Winter noch mäßig warm und gleichzeitig im Sommer nicht zu heiß. Die Gegend ist außerdem gut angebunden und sehr ruhig; die Hauptverkehrsstraßen laufen parallel zum Küstenabschnitt. Bei der Suche war uns zusätzlich wichtig, dass man das Haus später vermieten kann. Damit hatten wir auf Fehmarn schon positive Erfahrungen gemacht. Vom Kauf des Grundstücks bis zum fertigen Haus lief dann aber nicht alles wie geplant …“
Travelbook: Welche Schwierigkeiten traten beim Bau auf?
„Wir dachten damals, es wäre am einfachsten, mit einer deutschen Baufirma zu arbeiten, damit keine Kommunikationsschwierigkeiten auftreten. Die Firma ging leider während des Baus insolvent und so hat sich alles verzögert. Mit den spanischen Handwerkern, mit denen wir später zusammengearbeitet haben, hatten wir hingegen nie Probleme. Mittlerweile beschäftigen wir nur noch einheimische Handwerker.“
Was kannst du anderen Menschen, die im Ausland bauen, für Tipps an die Hand geben? Wie kommt man überhaupt an Handwerker, wenn man noch gar nicht Fuß im Ausland gefasst hat?
„Wenn man im Ausland baut, macht man das üblicherweise mit einem Makler. Der kann einem auch Handwerker und Fachkräfte vermitteln. Wenn jemand nicht viel vom Bauen versteht, kann ich nur empfehlen, ein altes Haus zu kaufen und das umzubauen. Das mag auf den ersten Blick teurer erscheinen, aber am Ende spart man sich damit viel Arbeit und kommt wahrscheinlich sogar günstiger weg.“
Sollte man neben einem gewissen Händchen fürs Bauen noch andere Dinge mitbringen?
„Ich denke, man sollte auch die Landessprache sprechen können. Das geht ja schon damit los, dass man sich einen Notar oder eine Vertrauensperson suchen muss, die einen Blick auf den Vertrag wirft.“
Wie fühlt es sich an, im Ferienhaus anzukommen? Wie zu Hause anzukommen oder nach Urlaub?
„Das ist für mich wie zu Hause anzukommen. Das ist unser zweites Zuhause. Bei unserem letzten Urlaub fiel mir das extrem auf: Meine Frau und ich sind letzten August mit dem Wohnmobil mehrere Wochen nach Spanien gereist und haben auf der Fahrt verschiedene Stopps in Frankreich und Portugal eingelegt. Dabei haben wir viel gesehen; am Ende waren wir dann aber auch froh und erleichtert, endlich in den eigenen vier Wänden zu sein.“
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Mit Eigentum sind auch Pflichten verbunden. Welche Vor- und Nachteile hat ein eigenes Ferienhaus in Spanien gegenüber dem Urlaub im Hotel oder einem gemieteten Haus?
„Ein eigenes Ferienhaus erfordert auf jeden Fall mehr Zeit, als ein Haus zu mieten. Der Aufwand ist höher, dessen muss man sich bewusst sein. Man muss auch bei der Arbeit so aufgestellt sein, dass es einem theoretisch möglich ist, alle paar Monate mal hinzufahren und nach dem Rechten zu gucken.“
Machen Immobilien „immobil“ insofern, als ihr in euren Urlaubszielen stärker eingeschränkt seid?
„Meine Frau und ich haben, seitdem wir das Ferienhaus haben, schon noch einige andere Dinge gesehen. Wir waren 2020 in Marokko und wenn wir mit dem Wohnmobil in den Urlaub fahren, sehen wir auf der Reise dorthin eh viel.“
Wenn ihr euer Ferienhaus nicht selbst nutzt, vermietet ihr es. Was kannst du Hausbesitzern da empfehlen?
„In der Anfangszeit war es nicht so einfach, unser Haus zu vermieten, weil da vieles noch nicht über das Internet lief. Da haben wir noch in Zeitungen inseriert. Da hatten Ferienorte so eine Art Verzeichnis. Heute geht das gut über die gängigen Ferienhausportale.“
Habt ihr mit dem Vermieten eures Ferienhauses auch schon mal negative Erfahrungen gesammelt?
„Nein, aber wir schützen uns auch davor. Viele Portale wollen am liebsten, dass man als Mieter sofort über die Seite mietet. Wir möchten aber vorher wissen, wer zu Besuch kommt und schreiben wenigstens einmal kurz eine Mail. Es kam nämlich auch schon vor, dass in anderen Ferienhäusern Party-Gäste zu Besuch waren; wir hatten mal zur Pandemie eine Anfrage von ein paar jungen Leuten aus Valencia, die zu zehnt das Haus belegen wollten. Das Haus ist allerdings für sechs Personen. Zudem haben in Spanien Hausbesetzer, die sogenannten „Okupas“, Sonderrechte. In Spanien hat, grob gesagt, jeder das Recht auf ein Dach über dem Kopf, und wenn ein Haus widerrechtlich besetzt wird, kriegt man die Besetzer gar nicht so einfach wieder heraus. So gesehen, ist es auch eine Art Schutz, das Haus zu vermieten.“
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Ihr fliegt oder fahrt mehrfach im Jahr nach Spanien. Wie passt das in eine Zeit, in der man den ökologischen Fußabdruck immer mehr zu verringern versucht?
„Das mag jetzt komisch klingen, aber in Spanien verbrauchen wir wesentlich weniger Energie als hier. Im Winter muss man kaum heizen und unser Haus in Spanien hat, wie fast alle Häuser in der Region, eine Photovoltaikanlage. Die lohnt sich dort richtig; durch die Sonne wird so viel Energie produziert, dass die Energie eingespeist werden kann. Ohne da zu politisch werden zu wollen, lohnt es sich also energetisch, über die Wintermonate im Süden zu sein. Dazu kommt, dass Kälte, gerade wenn man älter wird, nicht angenehmer wird. Ich freue mich sehr, dass wir so den Winter verkürzen können.
Was fehlt dir, wenn ihr in Spanien seid, bezogen auf Deutschland? Warum ist „auswandern“ keine Option für euch?
„Ein großer Teil unseres Freundeskreises lebt hier in Deutschland, die Freunde würden uns sehr fehlen. Die Lebensqualität gefällt mir in Spanien trotzdem sehr. Wenn ich mir überlege, dass wir dort vor ein paar Wochen noch draußen unter freiem Himmel gesessen haben, während hier im November die Bürgersteige schon lange zugeklappt hatten! Besonders für ältere Menschen finde ich das Angebot abends hier in Deutschland nicht so stark. Wenn man jung ist, geht man hier in der Stadt abends vielleicht noch in eine Bar, aber ich würde dort niemanden in meinem Alter treffen. Das ist in Spanien anders.“