22. März 2023, 13:56 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten
Sich verwöhnen lassen, neue Gerichte ausprobieren und dafür weder einkaufen noch kochen zu müssen: Für die meisten gehört es im Urlaub dazu, im Restaurant essen zu gehen. Zwar gibt es auch landesspezifische Standards, Traditionen und Benimmregeln mit Fettnäpfchen-Gefahr, doch es sollte sich von selbst verstehen, dass man sich in jedem Land benehmen und höflich sein sollte. Auch wenn sich die Mehrzahl daran hält, gibt es immer wieder auch unangenehme Gäste, weiß unsere Redakteurin Susanne Resch. Sie hat hierzulande während ihrer Schul- und Studienzeit als Kellnerin gearbeitet – für TRAVELBOOK verrät sie, welches Verhalten von Gästen sie besonders geärgert hat.
„Können Sie das wegschmeißen?“, fragte mich ein Gast. In der Hand ein Tablett und im Kopf Bestellungen nahm ich gedankenverloren entgegen, was mir die Frau in die Hand drückte. Erst auf dem Weg zur Küche merkte ich, dass es eine noch warme Windel war. Zwar ist mir das in mehr als zehn Jahren, in denen ich gekellnert habe, nur einmal passiert – trotzdem hat es sich in mein Gedächtnis gebrannt. Erlebt habe ich es im „Theresa Grill“ – einem Top-Steak-Restaurant in München, das bei Einwohnern wie Touristen gleichermaßen beliebt ist (sowohl bei „Tripadvisor“ als auch beim bekannten Empfehlungsportal „Prinz“ zählt es noch heute zu den zehn besten Steak-Restaurants in der bayerischen Landeshauptstadt). Doch egal, ob im hochpreisigen Steak-Restaurant, beim Kleinstadt-Griechen an der Ecke oder in den Bars, in denen ich gearbeitet habe: Überall gab es anstrengende Gäste. Zwar war die große Mehrheit freundlich, doch die wenigen unangenehmen Gäste konnten ziemlich herausfordernd sein. Meistens habe ich es als „Übung“ gesehen und mich nicht aus der Ruhe bringen lassen. Doch manchmal habe ich im Gegenzug auch scharfe verbale Köstlichkeiten serviert. Danach hatten etwa die Frau, die die Windel nicht selbst entsorgen wollte oder ein Mann, der mir seinen alten Kaugummi in die Hand geben wollte, keine weiteren „Bitten“ mehr an mich. Abgesehen von diesen Einzelfällen gab es immer wieder auch schwierige Gäste, deren unangenehmes Verhalten ich schon zuvor so ähnlich erlebt hatte. Hier sind meine Top Ten der nervigsten Gäste-Angewohnheiten, wegen der ich manchmal meinen Job in Restaurants oder Bars verflucht habe:
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1. Schnipsen
Nervige Gäste, die im Restaurant schnipsen, gab es immer wieder. Natürlich macht man so auf sich aufmerksam, aber es ist absolut unangemessen. Wer einen Wunsch hat, sollte Augenkontakt halten, die Hand heben oder etwa „Entschuldigung“ sagen, wenn der Kellner gerade vorbeigeht.
2. Kein „Bitte“ und kein „Danke“
Apropos unhöflich: Auch Gäste, die nie „bitte“ oder „danke“ gesagt haben, fand ich anstrengend. War ich damals besonders freundlich, um doch noch etwas Höflichkeit herauszukitzeln, würde es heute wohl eher an mir abprallen. Trotzdem: Für besonders nette Gäste gehen auch die meisten Kellner die Extra-Meile und Freundlichkeit zahlt sich wie überall aus.
3. Anzügliche Sprüche
Ein Mann hat mich mal gefragt, ob ich auch bei ihm zu Hause (be-)dienen kann. Ein anderer meinte, er könne sich den Cocktail-Stößel, mit dem ich die Limetten für seinen Cuba Libre zerstampft habe, auch gut woanders vorstellen. Auch wenn beide die mit Abstand respektlosesten Gäste waren, kamen Anzüglichkeiten öfter vor. Klar, man darf als Gast auch flirten, aber auch hier gilt wie überall: mit Anstand und Respekt! Leider setzt in Deutschland der Tatbestand der sexuellen Belästigung noch immer eine körperliche Berührung voraus. Kellner können also wie alle anderen auch nicht strafrechtlich gegen übergriffige verbale Entgleisungen vorgehen – es sei denn, es ist der Tatbestand der Beleidigung erfüllt.
4. Zu viel Körperkontakt
Anzüglichkeiten gab es nicht nur auf verbaler Ebene. Gäste, die ihre Hand auf meinen Hintern oder um meine Hüfte gelegt haben, habe ich schnell in ihre Schranken gewiesen. Da es aber so subtil respektive „vermeintlich zufällig“ war, wenn Gäste mich etwa beim Servieren mit ihrem Bein oder ihrem Unterarm berührten, habe ich mir in diesen Fällen nichts anmerken lassen, nur mehr Abstand gehalten. Natürlich gibt es auch mal Körperkontakt, vor allem dann, wenn es voll ist. Unnötiger Körperkontakt aber ist, insofern der Kellner oder die Kellnerin zuvor keine eindeutigen Signale gesendet haben, in jedem Fall übergriffig.
5. Unangemessenes Trinkgeld
Zwar sind die meisten Kellner auf das Trinkgeld angewiesen, doch hatte ich immer Verständnis für Menschen, die nur sehr wenig oder kein Trinkgeld geben konnten. Unangemessen fand ich es, wenn Gäste bei etwa einer Rechnung von 39,60 gönnerhaft betonten, ich solle auf 40 Euro aufrunden. Noch schlimmer waren die Gäste, die erst durch ihre Geldscheine geblättert und danach im Münzfach gestochert haben, um dann zu sagen, sie haben leider nichts „Kleines“. Überraschung: Ich hätte auch wechseln können.
6. Mit Geld angeben
Der Porsche-Schlüssel sichtbar auf dem Tisch, lautstark den teuersten Champagner bestellen oder etwa so bezahlen, damit man auch ja alle Scheine im Luxus-Portemonnaie gesehen hat: Auch, wenn ich nicht abstreiten kann, dass das eventuell bei dem ein oder anderen Kollegen angekommen wäre, fand ich das zwar amüsant, aber in keinster Weise beeindruckend.
7. Das Restaurant zur erziehungsfreien Zone erklären
Gäste, die ihre Kinder unbeaufsichtigt gelassen oder das Restaurant mit einem Spielplatz verwechselt haben, fand ich genauso nervig wie Eltern, die den Müll ihrer Kinder unter dem Tisch einfach liegen lassen haben oder die ihre Sprösslinge Skulpturen aus etwa Salz oder Zucker bauen ließen. Wenn man sich dafür entschuldigt und eventuell noch etwas Trinkgeld drauflegt, ist es noch einmal etwas anderes, als wenn man das zur Selbstverständlichkeit erklärt.
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8. Sich einfach hinsetzen
Täglich gab es Gäste, die sich einfach irgendwo hingesetzt haben – am besten an den einzigen noch nicht abgeräumten Tisch. Oft gibt es viele Reservierungen und auch unabhängig von dieser Organisation haben Kellner einen besseren Überblick, wenn sie die Gäste selbst platzieren. Natürlich kann man mit und ohne Reservierung trotzdem äußern, wo man gerne sitzen möchte. Wenn es möglich ist, freut sich der Kellner, wenn er diesen Wunsch erfüllen kann.
9. Ein „Nein“ nicht akzeptieren können
Auch wenn ich immer versucht habe, alles möglich zu machen, gab es manchmal keinen Platz oder ein Gericht nicht mehr. Die meisten Gäste haben das auch verstanden, doch es gab auch diejenigen, die das einfach nicht akzeptieren wollten. Besonders nervig waren in diesem Fall die Gäste, die meinten zu wissen, dass da noch was möglich sei – etwa weil sie selbst in einem Restaurant gearbeitet haben.
10. Stühle nicht an den Tisch ranschieben
Zugegeben, es ist kein Riesen-Problem: Dennoch habe ich nie verstanden, warum Gäste ihre Stühle nicht an den Tisch ranschieben, wenn sie gehen. Haben wir das nicht alle in der Schule gelernt?
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11. Nicht reagieren
Gerade bei Gruppen und wenn es voll ist, kann man sich als Kellner nicht immer merken, wer was bestellt hatte. Wenn man dann etwa dreimal „das Filet?“ ankündigt, aber niemand reagiert, ist das anstrengend. Auch Gäste, die keinen Platz machen, wenn man ihre Speisen serviert, sind nervig. Zumal im Restaurant die Teller oft sehr heiß oder schwer sind.
Doch trotz so manch nerviger Gäste und harter Arbeitsbedingungen habe ich gerne in Restaurants und Bars gearbeitet. Es war unglaublich abwechslungsreich, ich habe viele Menschen kennengelernt und es hat mich in jedem Fall stärker gemacht. So leicht kann mich nichts mehr schockieren.