9. Januar 2023, 8:21 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Wer im vergangenen Jahr geflogen ist, musste vielfach mit verspäteten oder ausgefallen Flügen rechnen. Die Branche konnte mit der starken Nachfrage aufgrund der vielerorts aufgehobenen Coronaregeln schlicht nicht umgehen – es mangelte überall an Kapazitäten. Für 2023 ist eine noch höhere Nachfrage prognostiziert, sie soll sogar das Vor-Corona-Jahr 2019 übersteigen. Was bedeutet das für Urlauber? TRAVELBOOK hat sich bei Branchen-Experten umgehört.
Das Jahr 2023 wird für die Reisebranche aller Voraussicht nach ein sehr gutes werden. Tourismus und Luftverkehr haben die Coronakrise weitgehend hinter sich gelassen, die Reiselust der Menschen scheint weltweit nicht zu bremsen zu sein. Ingo Burmester, Zentraleuropa-Chef von DER Touristik, rechnet damit, dass das Umsatzniveau 2023 das von 2019, also vor Corona, deutlich überschreiten wird. Auch der Geschäftsführer des Deutschen Tourismusverbandes, Norbert Kunz, ist optimistisch. Und selbst die Fluggesellschaften, die besonders unter der Pandemie gelitten hatten, machen 2023 voraussichtlich ein Umsatzplus, da immer mehr Menschen wieder fliegen. Der Branchenverband Iata erwartet für die europäischen Fluggesellschaften in diesem Jahr Passagierzahlen von knapp 90 Prozent des Vorkrisenniveaus. Einige Airlines, etwa Ryanair, hatten schon im vergangenen Jahr mehr Passagiere als vor der Pandemie. Doch ist die Branche überhaupt wieder bereit für so viele Reiselustige aus der ganzen Welt?
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Mehr als 12.000 Flugzeuge in Auftrag gegeben
Hier gehen die Einschätzungen auseinander. Das US-Branchenportal Bloomberg schreibt etwa auf Basis von Zahlen der Investmentbank Jeffries, es gebe eine Warteliste von mehr als 12.000 Flugzeugen, deren Fehlen auf dem Markt zu höheren Preisen bei den Verbrauchern führen würden. Korrekt ist tatsächlich, dass derzeit Airbus und Boeing zusammengerechnet einen Auftragsbestand von knapp 12.500 Flugzeugen haben, Boeing spricht gegenüber TRAVELBOOK konkret von einem Auftragsbestand von mehr als 4.400 Flugzeugen. Allerdings handelt es sich hier um fest terminierte Auslieferungen für die kommenden Jahre. Heißt konkret: Die Flugzeuge sind zwar aktuell nicht verfügbar, aber bereits bestellt oder im Bau.
Angst vor einem konkreten Fehlen im Markt müssen sich Urlauber nach Einschätzung von Experten allerdings nicht machen. „Uns liegen keine Erkenntnisse über einen Flugzeugmangel vor“, sagt Alexander Klay des Bundesverbands der Deutschen Luftverkehrswirtschaft. Auch Flugexperte Heinrich Großbongardt betont: „Es gibt genug Kapazitäten. Die eine oder andere stark wachsende Gesellschaft wie z.B. Wizz Air bekommt vielleicht nicht so viele Maschinen, wie sie gern hätte, aber das ist ein Einzelfall. Insgesamt ist reichlich Kapazität da.“ Zudem hätten viele Fluggesellschaften „noch nicht mal alle Flugzeuge, die sie in der Krise außer Dienst gestellt haben, wieder in Betrieb genommen.“ Eine Einschätzung, die der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft teilt.
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Doch genau diese Flugzeuge bereiten ebenfalls Sorgen. So schreibt etwa „Focus online“, die Flugzeuge ließen sich „nicht wieder so einfach in den aktiven Dienst versetzen“, sondern müssten „größere Checks in Werkstätten durchlaufen“. Eine schnelle Instandnahme sei oftmals nicht angedacht. Ein Sprecher von Boeing bestätigt TRAVELBOOK, dass „abgestellte/geparkte Flugzeuge“ erst „nach verschiedenen Checks wieder einsatzbereit“ seien.
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Wird Fliegen 2023 teurer?
Ob die Branche nun für die 2023 erwartete große Nachfrage gewappnet ist, bleibt schlussendlich abzuwarten. Zumindest für Reisende ist es zu hoffen. Denn Grund zu Frust gibt es bereits an anderer Front. Einig ist man sich nämlich dabei, dass Flugtickets generell teurer werden. Der Grund: die Energiekrise. „Die Kerosinpreise werden dauerhaft steigen, so wie alle Energiepreise“, so Flugexperte Großbongardt. Die Treibstoffkosten machen laut Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft etwa ein Viertel bis ein Drittel der Gesamtkosten eines Fluges aus, es sei daher davon auszugehen, „dass sich steigende Treibstoffkosten entsprechend in den Ticketpreisen widerspiegeln werden“. Tatsächlich sind Flugreisen zum Teil aktuell bereits bis zu 50 Prozent teurer als im Vorjahreszeitraum.
Doch die Preissteigerung ist nicht nur negativ. „Wenn das normale Kerosin teurer wird, dann lohnt es sich, eher sogenanntes SAF (Sustainable Aviation Fuel), also umweltfreundliches synthetisches Kerosin, beizumischen“, erklärt Großbongardt. So hätten die gestiegenen Kosten zumindest einen positiven Einfluss auf die Umwelt. Und auch was die Furcht vor einem erneuten Flugchaos, wie im Sommer 2022 zur Hauptreisezeit, angeht, ist Großbongardt zuversichtlich. „Ich bin da einigermaßen optimistisch. Es war jetzt ein Jahr Zeit, um die Dinge in den Griff zu bekommen, insbesondere die Personalsituation zu verbessern und Abläufe anzupassen.“ Das bestätigt auch Alexander Klay: „Die Luftverkehrswirtschaft bereitet sich intensiv auf die zu erwartenden Verkehrsspitzen im Reiseverkehr 2023 vor. Die Unternehmen stellen derzeit Tausende neue Mitarbeitende ein.“ Und Großbongardt fasst zusammen: „Da hat sich bei den Flughäfen einiges getan.“