29. März 2023, 10:54 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Vor fünf Jahren gingen in Deutschland die ersten Flixtrain-Züge an den Start, seitdem baute das Verkehrsunternehmen sein Streckennetz auch über die Landesgrenzen hinaus kontinuierlich aus. TRAVELBOOK sprach mit Flix-Gründer und -CEO André Schwämmlein über die weiteren Pläne und Strategien des Unternehmens und darüber, welche Auswirkungen die geplante Einführung des Deutschlandtickets auf den Fernbusmarkt haben könnte.
TRAVELBOOK: Herr Schwämmlein, Flixtrain gibt es inzwischen schon seit fünf Jahren. Wie sieht Ihre Strategie für die kommenden fünf Jahre aus?
André Schwämmlein: „Wachstum im Schienenverkehr ist mittel- und langfristig enorm wichtig für Flixtrain. Wir haben vor fünf Jahren mit der ersten Linie angefangen, heute haben wir in Deutschland ein Netz mit 60 Zielen und mehrfachen Verbindungen am Tag zwischen fast allen größeren Ballungsräumen. Dazu fahren wir auch in Schweden. Darüber sind wir sehr happy, aber wir sind noch nicht da, wo wir hinwollen. Unser Plan ist, in Deutschland alle Regionen miteinander in hoher Frequenz zu verbinden. Wir möchten die Menschen wieder fürs Zugfahren begeistern.“
Was genau ist für das Streckennetz geplant?
„Wir wollen mit Flixtrain einerseits das Netz in Deutschland ausbauen und das Angebot mit höheren Takten verdichten, andererseits auch in weiteren Ländern präsent und erfolgreich sein. Wir führen im Rahmen des Projekts „Connecting Europe“ auch schon sehr gute Gespräche mit der EU-Kommission, da geht es erstmal um die Strecken München-Zürich und Berlin-Stockholm. Was internationale Fahrten angeht, sind wir mit FlixBus ja schon sehr erfolgreich, weil die Infrastruktur da einfach besser funktioniert als auf der Schiene.“
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Zu einem Wachstum von Flixtrain gehört sicherlich auch ein deutlicher Ausbau der Flotte?
„Für unsere ambitionierten Pläne brauchen wir natürlich mehr Züge. Völlig klar ist, dass das Angebot wachsen muss, damit es für die Kunden attraktiver ist – und wir wollen da unseren Beitrag leisten.“
Für viele sind Zugreisen kaum erschwinglich. Was müsste sich ändern, damit die Tickets günstiger werden?
„Aus unserer Sicht gibt es zwei Wege, wie Zugfahren zwischen Städten günstiger werden kann. Einerseits braucht es ein ergänzendes, neues Produkt mit einem anderen Fokus. Wir bieten hier keinen zweiten ICE an, denn den gibt es ja schon. Aber wir lassen zum Beispiel das Bordrestaurant oder die erste Klasse weg, dafür können wir günstigere Tickets verkaufen. Andererseits muss man über die Trassenpreise sprechen. Die sind in Deutschland enorm hoch und das treibt natürlich die Kosten für alle Anbieter nach oben. Das Problem kann aber nur die Politik lösen – dann würde Zugfahren auch strukturell viel, viel günstiger werden. Und wenn die Ticketpreise günstiger wären, weil die Trassenpreise sinken, dann könnten sich auch mehr Menschen das Zugfahren leisten.“
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Wie wird sich das Zugfahren in den nächsten 10 bis 20 Jahren verändern?
„Ich glaube, wenn man in zehn Jahren in Deutschland Zug fährt, wird es ganz anders als heute sein. Da geht es zum einen um Pünktlichkeit: Ich bin sehr optimistisch, dass das Thema durch Investitionen ins Netz deutlich besser wird. Zum anderen geht es um attraktive Preise. Es darf nicht sein, dass die Tickets so teuer sind und man am Ende dann doch das Auto nimmt. Wir wollen, dass alle Menschen nachhaltig reisen können, und deswegen wollen wir mit Flixtrain die Preise, wie wir sie heute haben, halten – nur eben mit einem größeren Netz. Es wird auch viel mehr Reiseoptionen geben, unsere Wettbewerber werden mehr Züge auf die Schienen bringen, das Gleiche gilt für uns. Um es zusammenzufassen: pünktlicher, erschwinglicher und mehr Optionen für alle.“
Das Deutschlandticket für 49 Euro soll voraussichtlich zum 1. Mai kommen. Stand jetzt sind Fahrten mit Flixtrain und Flixbus nicht enthalten. Sorgen Sie sich um das Geschäft in Deutschland?
„Flixtrain und auch der ICE sind klassischer Fernverkehr. Hier ist die klare Aussage, dass diese Verbindungen nicht im Deutschlandticket enthalten sind – das halte ich auch für richtig. Bei Fernbussen ist das anders, denn sie sind vor allem bei Distanzen von bis zu 300 Kilometer interessant und müssen unbedingt Teil des Angebots werden. Dazu sprechen wir kontinuierlich mit dem Verkehrsministerium. Wir sind optimistisch, dass der Fernbus später noch dazukommt. Wenn es aber keinen Weg für die Fernbusse ins Deutschlandticket geben wird, dann können wir die Netze so nicht mehr aufrechterhalten an bestimmten Strecken, und dann wird es natürlich zu Kürzungen kommen. Das Verkehrsangebot in Deutschland würde sich dadurch verschlechtern.“