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Bürgermeister greift durch

Mont-Blanc-Bergsteiger sollen 15.000 Euro Kaution für Rettung und Beerdigung zahlen 

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Das Schmelzen der Gletscher hat auch in den Alpen weitreichende Folgen. Neben etwa der gefährdeten Trinkwasserversorgung der Bevölkerung ist auch der Bergsport weitaus riskanter als üblicherweise. Mont-Blanc-Bergsteiger sollen für den Fall eines Unglücks oder gar ihres Todes nun sogar eine Kaution zahlen. Foto: Getty Images
Susanne Resch
Susanne Resch

5. August 2022, 14:55 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten

Die andauernde Hitzewelle in Europa führt nicht nur zu einer Rekord-Dürre und zahlreichen Waldbränden in vielen Regionen, sondern lässt auch den Schnee auf den höchsten europäischen Berggipfeln immer weiter schmelzen. Dadurch werden auch Besteigungen zunehmend gefährlicher. Der Bürgermeister einer Gemeinde am Fuße des Mont Blancs bittet nun uneinsichtige Bergsteiger zur Kasse.

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Gletscherabbrüche, Steinschläge, Schmelzwasser, Eis ohne schützende Schneeauflage – sogenanntes Blankeis – sowie aufgeweichter und damit instabiler Schnee, in dem Steigeisen schlechter greifen: Die Gletscher schrumpfen dramatisch und die alpinen Gefahren nehmen mit dem fortschreitendem Klimawandel und der aktuellen Hitzewelle erheblich zu. Bergführer und Experten warnen derzeit etwa vor der Besteigung des Mont Blancs auf der Normalroute („Goûter-Route“), des Matterhorns sowie der Zugspitze.

Doch einige Bergfans ignorieren die Warnungen einfach und unterschätzen damit das Risiko oder nehmen es sogar bewusst in Kauf. „Russisches Roulettespiel“ nennt das Jean-Marc Peillex laut „Spiegel“. Der Bürgermeister von Saint-Gervais-les-Bains, von wo aus man eigentlich über die Goûter-Route auf den Mont Blanc aufsteigen kann, spricht von Bergsteigern, die den Tod im Rucksack hätten. Er entschied, dass jeder, der aktuell versucht, den Gipfel von der Goûter-Hütte aus zu erreichen, eine Kaution in Höhe von 15.000 Euro hinterlegen müsse – um eventuelle Kosten für die eigene Rettung oder gar Beerdigung abzudecken.

Welche Auswirkungen Klimawandel und die aktuelle Hitzewelle auf die alpinen Gletscher und den Bergsport haben – TRAVELBOOK hat darüber mit dem Deutschen Alpenverein gesprochen.

Gletscher schmelzen zu schnell

„Die Hitzewelle bringt Verhältnisse auf den hoch gelegenen Gletschern mit sich, die erfahrenen Bergsteiger und lokalen Bergführer nach so noch nie gesehen wurden“, berichtet das Bergmagazin „Alpin“.

Stefan Winter, Ressortleiter Sportentwicklung Deutscher Alpenverein e.V., erklärt gegenüber TRAVELBOOK: „Je höher und länger die Nullgradgrenze liegt, desto negativer wirkt sich dies auf den Permafrost im Hochgebirge und die Gletscher aus.“ Aufgrund der Hitzewelle schmelzen die Gletscher förmlich dahin. „Dadurch drohen vermehrt Steinschlag und Eisabbrüche“, so Winter weiter.

Erst vor wenigen Tagen hatte Noé Vérité, Hüttenwart der Cosmiques-Hütte, die sich auf der Normalroute zum Gipfel des Mont Blancs befindet, von herunterkrachenden Steinen „so groß wie Kühlschränke“ berichtet.

Auch interessant: So wollen Forscher den „Weltuntergangs-Gletscher“ in der Antarktis retten

Höhentouren gefährlich bis unmöglich

Das erhöhte Risiko für Steinschläge, Gletscherabbrüche, Vermurungen (oberflächige Erdmassen, die durch Wassereinwirkung, also auch durch Schmelzwasser, in Bewegung geraten), instabiler Schnee oder gar Blankeis beeinträchtigen den Bergsport. Klassische Hochtouren müssen nicht nur immer früher im Jahr und während kürzerer Zeitfenster begangen werden, sondern sind bereits weitaus gefährlicher als sonst. Einige Besteigungen sind derzeit gar unmöglich. Auch „hochgelegene Hütten, Wege und Bergsportrouten werden durch die Folgen der Klimaerhitzung in ihrem Bestand zunehmend bedroht“, berichtet Stefan Winter.

Mont Blanc

Am höchsten Berg der Alpen ist es für Alpinisten in diesem Somme deutlich gefährlicher. Vor allem wegen der Steinschlaggefahr empfiehlt die Präfektur Haute-Savoie, auf die Besteigung entlang der normalen Aufstiegsroute zu verzichten. Auch die Bergführervereinigungen von Saint-Gervais-les-Bains und Chamonix-Mont-Blanc haben beschlossen, die Besteigung über die Normalroute vorübergehend auszusetzen. Während Bürgermeister Jean-Marc Peillex uneinsichtige Bergsteiger zur Kasse bietet, kann der Gipfel des Mont Blanc außer über die „Goûter-Route“ noch über den Ratti-Weg von der italienischen Seite erklommen werden. Roberto Rota, Bürgermeister des Ortes Courmayeur am Fuße des Mont Blancs auf italienischer Seite, will den Zugang nicht einschränken und erklärt laut Spiegel unter Berufung auf die britische Tageszeitung „Guardian“: „Der Berg ist kein Eigentum. Wir als Verwalter können uns darauf beschränken, suboptimale Bedingungen entlang der Routen zu melden, aber eine Kaution zu verlangen, um den Gipfel zu besteigen, ist wirklich surreal.“

Zugspitze

Die Schneehöhe auf der Zugspitze ist seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1901 so gering wie noch nie. „1965 schützten noch satte 6,7 Meter den darunterliegenden Gletscher. Zum jetzigen Zeitpunkt dagegen ist der Schneefernergletscher vollständig der Sonne ausgesetzt“, heißt es auf der „Alpin“-Internetseite. Auch der Höllentalferner im Westen des Wettersteingebirges schmilzt dahin. Daher ist die Besteigung der Zugspitze über die Höllentalroute nur mit Steigeisen und für erfahrene Bergsteiger möglich. Mehr zu den prekären Verhältnissen gibt es auf den Seiten des Deutschen Alpenvereins München und Oberland.

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Matterhorn

Auch am Matterhorn raten Bergführer und Experten vom Aufstieg ab. Wegen der hohen Temperaturen ist das Wahrzeichen von Zermatt derzeit absolut schneefrei und damit sehr gefährlich. „Eine Null-Grad-Temperaturgrenze über 4000 Meter ist Gift für den Zusammenhalt von Fels und Eis im Hochgebirge“, erklärt Stefan Winter. Das Bergmagazin „Alpin“ berichtet, dass es von italienischer Seite keine Führungen mehr auf das Matterhorn gibt, da die Gefahren durch Steinschlag oder Felsstürze zu groß geworden sind. Auch Schweizer Bergführer warnen und stornieren vermehrt Touren. 

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