12. Dezember 2019, 12:45 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Ein neues Stadtviertel mitten in Manhattan – das ist kaum zu glauben, hat doch gerade die New Yorker Halbinsel ein chronisches Platz-Problem. Nun jedoch gibt es das neue Viertel „Hudson Yards“ mit weiteren Luxuswohnungen, modernen Wolkenkratzer und edlen Geschäfte. Ein Ärger für die New Yorker, für Touristen jedoch ein weiterer Grund in die Metropole zu reisen. TRAVELBOOK erklärt, ob sich ein Besuch im Hudson Yards lohnt.
Der Weg führt aus der U-Bahn heraus erstmal an Hot-Dog-Ständen vorbei. Dann steht man zwischen glatten Glasfassaden im Viertel Hudson Yards – und fragt sich, wer hier einen langweiligen Vorstadt-Geschäftspark bloß mit einem fotogenen Rummel gekreuzt hat.
25 Milliarden Dollar (etwa 22,7 Milliarden Euro) hat die Handvoll Designer-Wolkenkratzer gekostet. Viele New Yorker aber rümpfen die Nase: „Bloß nicht hingehen!“ Es gebe viele interessante Orte in der Stadt, die Auswahl ist groß – Hudson Yards zählt für sie nicht dazu.
Wer den „Spielplatz für Milliardäre“ besucht, wie Medien die Hudson Yards genannt haben, bahnt sich dennoch seinen Weg durch ein Meer an Touristen, die im Mittelpunkt des Viertels stehen: vor dem „Vessel“ (zu Deutsch: „Gefäß“), einem eigentümlichen, 200 Millionen Dollar teuren Bauwerk, das sich auf dem Platz zwischen den Häusern befindet.
Ein „überstimulierendes“ Gefühl?
Ein junger Kerl staunt das Ding an, das einem indischen Stufenbrunnen nachempfunden sein soll, obwohl es eher aussieht wie ein begehbarer, überdimensionierter Dönerspieß. Der junge Mann ist begeistert: „Es ist überstimulierend!“. Nicht nur das „Gefäß“, sondern die Hudson Yards insgesamt: „Dieser Ort ist so dicht, es gibt so viel zu sehen.“
Mehr als sechs Jahre wurde am größten und teuersten privaten Bauprojekt in der US-Geschichte gearbeitet. Im März 2019 gab es die Eröffnung. Gebaut wurden Büros für 40.000 Menschen und Wohnungen für 4000. Firmen wie SAP und L’Oréal haben sich angesiedelt, wo einst die Gleise hinter dem Bahnhof Penn Station das Bild prägten. Die Schienen sind immer noch da, denn die Hochhäuser stehen auf einer Plattform über den Gleisen, auf der sie sich gegenseitig ausbalancieren.
Oben auf dem „Gefäß“ stellt sich das angeblich „überstimulierende“ Wow-Gefühl irgendwie nicht ein. So gut ist die Aussicht nicht, der Blick fällt nur auf die Yuppies am Pool des Luxushotels gegenüber.
Kathleen Corless, die Öffentlichkeitsarbeit für die Hudson Yards macht, redet gerne davon, wie „instagramable“ der Stadtteil sei: „Wenn du ein Luxuskonsument bist, solltest du absolut in die Hudson Yards kommen.“ Die Auswahl an Dior- und Gucci-Läden und edlen Restaurants ist in der Tat groß, Preise und Zielgruppe sind exklusiv.
Teures Bier und kreativer „Schuppen“
Was aber bekommen normale Touristen geboten in einem Viertel, in dem auch im Foodcourt ein 0,33 Liter-Bier zehn Dollar (neun Euro) kostet?
Der einzige Grund für einen Besuch, so schrieb die „Washington Post“, sei der teuerste „Schuppen“ der Welt: „The Shed“ heißt das 500-Millionen-Dollar-Gebäude mit seiner spektakulären Architektur, das als interdisziplinäres Kunst- und Kulturzentrum angelegt ist.
Doch es gibt noch andere Gründe. Einer ist der Beginn der ehemaligen Hochbahntrasse „High Line“. Früher brachten hier Güterzüge ihre Waren zu Fabriken und Lagerhäusern, heute können Fußgänger auf der „High Line“ 2,5 Kilometer lang mitten durch New York flanieren. Und im Frühjahr 2020 eröffnet in knapp 345 Metern Höhe die offene Plattform des Wolkenkratzers „30 Hudson Yards“. Die Aussicht dort wird sich kaum übertreffen lassen. Zumindest für viele Einheimische ein weiterer Vorteil: Man kann die Hudson Yards von dort nicht sehen.
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Eine neue U-Bahn-Station
Die Stadt New York hat viel dafür getan, dass die Hudson Yards Wirklichkeit werden – unter anderem wurde eine komplett neue U-Bahn-Station gebaut. Dem Bauherren wurden einem Bericht der „New York Times“ zufolge Steuernachlässe in Höhe von sechs Milliarden Dollar zugestanden.
Viele New Yorker aber sind nicht begeistert – zu steril, zu wenig authentisch und vor allem zu teuer sei das neue Stadtviertel, und das in einer Zeit, wo New York dringend bezahlbaren Wohnraum brauche, kritisieren viele. Hudson Yards sei „die Fantasiestadt eines Milliardärs“, ätzte das „New York Magazine“. „Wir haben das Gefühl, wir sind hier gar nicht mehr in New York.“