Direkt zum Inhalt wechseln
logo Deutschlands größtes Online-Reisemagazin
In den Katakomben des Stephansdoms

Die schaurigen Geheimnisse unter Wiens bekanntester Kirche

Katakomben unter dem Stephansdom
Der 72 Meter hohe Stephansdom ist eines der wichtigsten gotischen Bauwerke in Österreich Foto: Getty Images
Larissa Königs
Larissa Königs Autorin

27. September 2021, 16:56 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten

Abertausende Menschen liegen hier begraben. Berühmte Adlige, aber auch arme Menschen. In einigen Grabkammern befinden sich Urnen mit Eingeweiden der Habsburger – in anderen stapeln sich Menschenknochen. Sie alle teilen sich ihre letzte Ruhestätte in den Katakomben des Stephansdoms. TRAVELBOOK hat sich unter Wiens berühmtester Kirche umgesehen.

Artikel teilen

Es ist kalt in den Katakomben des Stephansdoms. Dabei ist es schon in den Hallen der weltberühmten Kirche, eines der Wahrzeichen Wiens, merklich frischer als draußen. Doch wer das große Kirchenschiff durchschreitet und auf der linken hinteren Seite den Weg unter die Kirche wagt, muss sich tatsächlich auf eine Gänsehaut gefasst machen. Wobei die nicht nur von der Temperatur kommt – sondern auch von den grausigen Geheimnissen, die sich hier unten verbergen.

Gehütet werden sie von einem Ort mit langer Historie. „Erbaut wurden die Katakomben im Stephansdom schon vor mehr als 700 Jahren“, erklärt Domführer Bernhard Erlach TRAVELBOOK. „In dem ältesten Bereich dieses außergewöhnlichen Friedhofs wurden die Reichen und Mächtigen bestattet.“ Hier fand auch das bislang letzte Begräbnis statt, das erst 17 Jahre her ist. Damals wurde Kardinal König beigesetzt. Heutzutage kann sein Sarg, in dem er einbalsamiert bestattet wurde, ebenso wie die Särge vieler anderer Kardinäle in den Katakomben besichtigt werden. Doch die erste Grabkammer wurde nicht für die Geistlichen errichtet – sondern für Könige.

Auch interessant: Einheimische verrät, wie man Wien wie ein Wiener erlebt

Organe der Habsburger wurden in mehreren Kirchen bestattet

In der ältesten Kammer befinden sich die Särge von bedeutenden österreichischen Herrschern, etwa von Rudolf IV. Er wird auch „Stifter“ genannt, weil er unter anderem die Universität von Wien gründete, und er wurde schon vor 900 Jahren, im Jahr 1365, in den Katakomben bestattet. Doch spannender als sein Grab sind die zunächst unspektakulär wirkenden Tonkrüge, die sich links und rechts in der gleichen Grabkammer an den Wänden befinden. Hierbei handelt es sich nämlich um „Kupferurnen“ – und in eben jenen befinden sich die Innereien Dutzender Habsburger. Doch warum werden sie auf diese Weise aufbewahrt?

„Auf den Wunsch der Habsburger hin, wurden die Organe der Familie in drei verschiedenen Kirchen in Wien bestattet“, weiß Domführer Erlach. „Die Körper wurden in der Kapuzinerkirche bestattet, das Herz kam in die Augustinerkirche und die Organe wurden in den Dom gebracht.“ Diese Vorgehensweise war Teil des sogenannten „spanischen Hofzeremoniells“. Eingelegt in Spiritus, befinden sie sich 72 Urnen mit Organen noch heute hier und stellen die bedeutendste Sammlung der sterblichen Überreste österreichischer Herrscher und ihrer Familien.

Wer die Kammer besucht und sich fragt, warum die Töpfe so unterschiedlich groß sind: Es liegt nicht an der Größe der Organe. Über die Jahrhunderte hinweg werden einige Töpfe undicht. Dann werden die adligen Organe jedoch nicht entnommen – sondern besagte Urne einfach ins nächstgrößere Gefäß „umgetopft“.

Wo sich Knochen bis an die Decke stapeln

Instagram Platzhalter
An dieser Stelle findest du Inhalte aus Instagram
Um mit Inhalten aus Sozialen Netzwerken zu interagieren oder diese darzustellen, brauchen wir deine Zustimmung.

Wem jetzt schon etwas flau im Magen ist, sollte Abstand von den Beinhäusern halten. Denn sechs Meter unter dem zentralen Platz vor dem Stephansdom befindet sich, neben den Gräbern der Geistlichen und Adligen, auch ein gigantischer öffentlicher Friedhof. 30 große Grabkammern gibt es hier auf zwei Stockwerken. In diesen wurden in einem Zeitraum von nur 40 Jahren ungefähr 11.000 Menschen beigesetzt. Doch 1783, nach nur vier Jahrzehnten, musste der unterirdische Friedhof schon wieder schließen. Gründe gab es einige. Ratten, Gestank und versuchtes Grundwasser sind nur einige Beispiele.

Kein Problem war allerdings der Platz. Denn wenn die großen Grabkammern voll waren, regelte man die Angelegenheit einst pragmatisch. Dann räumte man die Gräber einfach aus und die Überreste der Verstorbenen schichtete man in einer kleineren Kammer wieder übereinander. In diesen Beinkammern, auch Karner genannt, sind die Knochen noch heute bis zur Decke gestapelt. Das Knochenstapeln war dabei keineswegs eine „Wiener Besonderheit“. Einst war es in Europa eine weitverbreitete Tradition und noch bis ins 19. Jahrhundert hinein gängige Praxis. In den Katakomben unter dem Stephansdom befinden sich bis heute diverse dieser Kammern. Sichtbar für Besucher sind jedoch nur wenige.

Auch interessant: In dieser Stadt sind 99,9 Prozent der Bewohner tot

Touren durch die Katakomben im Stephansdom

Doch dass eben jene Kammern irgendwann zu Anziehungspunkten für Touristen werden würden, hätte einst wohl niemand gedacht. Zwar sind nicht alle Bereiche der Katakomben öffentlich zugänglich, 20.000 Quadratmeter jedoch schon. Interessierte können im Stephansdom an einer Tour teilnehmen, eine Anmeldung ist nicht nötig. Eine etwa halbstündige Tour kostet 6 Euro für Erwachsene und 2,50 Euro für Kinder bis 14 Jahren. Hier finden Sie weitere Informationen zu den Touren.

Mehr zum Thema

Quellen:

Stephanskirche Katakomben

Deine Datensicherheit bei der Nutzung der Teilen-Funktion
Um diesen Artikel oder andere Inhalte über Soziale- Netzwerke zu teilen, brauchen wir deine Zustimmung für diesen .
Sie haben erfolgreich Ihre Einwilligung in die Nutzung dieser Webseite mit Tracking und Cookies widerrufen. Sie können sich jetzt erneut zwischen dem Pur-Abo und der Nutzung mit personalisierter Werbung, Cookies und Tracking entscheiden.