4. September 2024, 6:50 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten
Der riesige Loch Ness in den schottischen Highlands ist weltberühmt. Der Grund ist nicht nur der schöne Riesensee selbst, sondern sein vermeintlicher Bewohner: Nessie. Das Seeungeheuer von Loch Ness lockt seit vielen Jahren die Massen in die schottischen Highlands. Auch unsere Autorin Anna Wengel (jetzt Chiodo) war dort. Wie sie das Nessie-Spektakel erlebt hat und wie man Nessie näherkommen kann, lesen Sie hier.
Ich bin ein bisschen aufgeregt, als mir das Navi anzeigt, dass wir bald am Loch Ness ankommen sollen. Noch immer euphorisch dank des Besuchs des Glenfinnan Viaducts an diesem Morgen, freue ich mich umso mehr auf ein nächstes vermeintliches Highlight meiner Schottland-Reise. Nessie fasziniert mich, wie so viele andere, wenn ich auch nicht so ganz weiß, was ich von der Sage um das mystische Riesenseemonster halten soll. Denn so sehr ich gleichermaßen an ein Dino-ähnliches Tier in dem tiefen See glauben möchte, es fällt schwer.
Besuch am Loch Ness
Vorbei am Loch Lochy führt uns die Route bereits seit einer guten Stunde weiter durch die faszinierende Natur der Highlands, als wir in Fort Augustus ankommen. Und damit im absoluten Touristenrummel. Der charmante Ort ist nicht groß und an diesem Tag im August tummeln sich überall abgestellte Fahrzeuge und Menschen in Shorts und Sonnenhüten mit Kameras, Selfiesticks und Schlecht-Wetter-Rucksäcken. Überall kleine und große Hinweise auf das Seemonster, wegen dem wohl die meisten hergekommen sind: eine drahtige Statue, Ballons, Kuscheltiere usw. Und schließlich erhasche ich einen ersten Blick auf den weltberühmten, bis zu 230 Meter tiefen See, der übrigens der wasserreichste Großbritanniens ist.
Wir fahren weiter, entlang des riesigen blauen Lochs und genießen die ruhige Szenerie aus dichten, grünen Wäldern, teils steinernen Felswänden zur Linken und der Ruhe dieses scheinbar nie enden wollenden Binnensees. Natürlich halte ich hin und wieder auch Ausschau, ob da nicht irgendwo ein Hals aus dem Wasser ragen und uns ganz kurz beweisen möchte, dass die Mythen wahr sind. Doch das Loch bleibt ruhig, wunderschön und friedlich.
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Zu viel Nessie-Tourismus
Ich habe als Etappenziel auf unserem Weg zur Unterkunft in der Nähe von Inverness an diesem Tag das Loch Ness Centre anvisiert. Doch als wir ankommen merke ich, wie sich Abneigung in mir breit macht. Ich bin sicher, es gibt hier allerlei spannende Dinge zu sehen und zu erleben. Aber ehrlicherweise erscheint mir das Nessie-Thema auch hier einfach nur aufgeblasen, was nicht nur an den diversen Nessie-Figuren überall liegt. Ähnlich ist es dann zwei Tage später in Inverness, wo sich meine Tochter zwar ein Nessie-Kuscheltier aussuchen darf, dabei aber aus einer Vielzahl an Nessies wählen muss. Loch Ness ist weltberühmt und natürlich kommen die Menschen her, um es zu sehen und natürlich wird das entsprechend bedient. Mir ist es jedoch zu viel. Zu viel Nessie-Tourismus. Und ich entscheide mich spontan um und fahre nicht noch einmal zum See und seinen diversen Nessie-Orten zurück.
Möchte ich deshalb von einem Besuch am Loch Ness abraten? Nein, auf keinen Fall. Nicht nur glaube ich, dass andere Touristen das Nessie-Spektakel sicherlich super spannend finden. Es gibt einfach jede Menge zu sehen, zu lesen und zu entdecken. Vor allem aber ist Loch Ness selbst, Seeungeheuer oder nicht, einfach sehr schön. Zwar sind das auch so ziemlich alle anderen Lochs, an denen ich in Schottland vorbeigekommen bin, das bedeutet aber nicht, dass man dieses hier meiden sollte. Denn auch unabhängig vom Nessie-Tourismus gibt es an dem riesigen See viele Orte, an denen man in Ruhe den Blick auf das Wasser genießen kann, ohne dabei von hunderten weiteren Touristen zur Seite gerempelt zu werden.
Nessie hat in Schottland viele Verwandte
Spannend fand ich schließlich ein Gespräch, das ich mit unserem schottischen B&B-Host hatte: Der erzählte mir, dass es noch diverse andere Lochs in Schottland gebe, an denen es ähnliche Sichtungen wie die von Nessie gegeben hätte, manche sogar glaubhafter. Die Sichtung des vermeintlichen Ungeheuers von Loch Ness erklärte er mir dahingegen mit von der Wassertemperatur abhängigen Gasen im Wasser, die riesige Baumstämme so aus dem Wasser stoßen würden, dass Menschen sie mit einem riesigen Hals verwechselt hätten.
Ich habe mich im Anschluss an das Gespräch und zur Vorbereitung auf diesen Artikel ein bisschen mit beiden Themen beschäftigt. Und es stimmt, diverse schottische Lochs sollen quasi Verwandte des Ungeheuers von Loch Ness beheimaten, darunter zum Beispiel Lizzie im Loch Lochy. Auf der offiziellen Seite der Nessie-Sichtungen finde ich die Aussage meines Hosts bestätigt. Dort steht: „Wie viele andere schottische Lochs hat auch Loch Lochy eine Geschichte der Monster-Sichtungen.“ Ein weiteres ist zum Beispiel Mhorag oder Maggie, ein, wie Nessie, Plesiosaurier-ähnliches Ungeheuer, das angeblich im Loch Morar lebt.
Doch sind das alles tatsächlich einfach nur Baumstämme? Die Seite „visitinvernesslochness“ ergänzt diese Theorie mit anderen, teils wissenschaftlichen Erklärungen: wellenförmige Bootswellen, Luftspiegelungen, die etwa langhalsige Wasservögel größer erscheinen lassen, Windböen, Robben, im See schwimmende Rehe, wilde Schwimmer, Aale. Die Liste ist lang, wenn auch nicht so lang wie die der angeblichen Sichtungen des vermeintlichen Seemonsters. Mehr als 1.140 Mal soll Nessie in irgendeiner Form gesehen worden sein. Ob jemals abschließend geklärt werden kann, wer da im Loch Ness wohnt, ist unklar. Und vielleicht ist das auch einfach gut so.
5 beliebte Nessie-Suchorte
Wer sich auf die Suche nach dem Ungeheuer von Loch Ness machen möchte, kann mit diesen ersten fünf Schritten beginnen:
1. Urquhart Castle
Die Burg am Westufer des Sees gilt als guter Start für die Jagd auf Nessie. Rund um die Ruine gab es die meisten angeblichen Sichtungen. Das liegt nach Ansicht von Experten auch daran, dass die tiefste Stelle des Sees ganz in der Nähe liegt. Mit ihrer strategisch günstigen Position ungefähr in der Mitte des Loch Ness bietet die Burg zudem eine gute Sicht in alle Richtungen. Einst eine mächtige Festung, um die englische Herrschaft über die schottischen Highlands zu sichern, wechselte Urquhart Castle vor allem im Mittelalter häufiger die Besitzer. 1692 wurde die Burg endgültig aufgegeben und verfiel. Für Erwachsene kostet der Eintritt ab 13 Pfund (rund 15,40 Euro) bei vorherigem Onlinekauf.
2. Drumnadrochit
Der kleine Ort in der Nähe von Urquhart Castle ist das Zentrum des Nessie-Tourismus. Hier informieren das interaktive Loch Ness Centre (Erwachsene: 18,95 Pfund, umgerechnet 22,45 Euro; Kinder: 15,45 Pfund, 18,30 Euro) und das Nessieland (Erwachsene zahlen 8 und Kinder 6 Pfund, umgerechnet 9,48 und 7,11 Euro) über die bekannteste Bewohnerin des Sees. Letzteres bekennt sich dazu, den Mythos am Leben halten zu wollen. Wissenschaftliche Beweise, die gegen die Existenz von Nessie sprechen, darf man hier also nicht erwarten. Im Ortsinneren können beim Infozentrum Loch Ness Hub & Travel Touren und Hotels gebucht werden.
3. Bootsfahrt auf Loch Ness
Auf der Jagd nach einem Seeungeheuer bietet sich die Suche auf dem See an und gleich mehrere Anbieter fahren Touren über den Loch Ness. Im Nordwesten wendet sich Jacobite Cruises an größere Gruppen und bietet bis zu 300 Nessie-Fans Platz. Ganz im Süden, in Fort Augustus, legen die mittelgroßen Schiffe von Cruise Loch Ness ab. Wer es etwas ruhiger will, meldet sich in Drumnadrochit bei Mike Bell. Auf der „Nessie Hunter“ nimmt er mehrmals täglich bis zu zwölf Personen mit.
4. Ein echter „Nessie-Jäger“
Wer Nessie gesehen hat oder aus erster Hand Geschichten über das Ungeheuer erfahren will, sollte Steve Feltham besuchen. Der 60-Jährige hält den Guinness-Weltrekord für die längste ununterbrochene Suche nach Nessie: Vor 32 Jahren zog Feltham an den Strand von Dores an der Nordost-Ecke des Sees. Seinen Lebensunterhalt verdient er mit dem Verkauf von selbst gekneteten Nessie-Figuren (ab 9 Pfund).
5. Wanderungen um Loch Ness
Der Loch Ness ist vielerorts nur schwer zugänglich, auch weil die Ufer steil abfallen. Eine gute Übersicht bieten „walks“, das sind ausgeschilderte Wanderungen. Manche, wie die Ersteigung des Meall Fuar–mhonaidh auf der Westseite, mit 699 Metern der höchste Berg am See, sind anstrengender. Auf der Ostseite des Loch Ness gelangt man über steile Stufen zum Wasserfall von Foyers und kann von dort aus weiter absteigen zum Ufer. Deutlich erholsamer ist ein Spaziergang von Dores über den Kiesstrand zum Wald des Aldourie Estate mit seiner malerisch am See gelegenen Burg. Wer mehr möchte, sollte den 360-Grad-Trail wandern: einmal um den See herum. Bei rund 130 Kilometern sollte man aber etwas Zeit einplanen.
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Tipps für die Anreise
Ausgangspunkt vieler Nessie-Suchen ist die Stadt Inverness. Aus Deutschland gibt es keine Direktflüge, wohl aber aus London, Manchester, Amsterdam und anderen Städten. Von Inverness aus fahren Busse nach Drumnadrochit und Fort Augustus. Auch Zugverbindungen gibt es nach Inverness, etwa aus Edinburgh oder London.
Es lohnt sich jedoch auch, einen Mietwagen zu buchen und damit Inverness, Loch Ness und deren Umgebung zu erkunden. Von Edinburgh bis zum Loch Ness braucht man mit dem Auto rund dreieinhalb Stunden.
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Mit Material von dpa