7. September 2022, 11:17 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Passagiere, die für Mittwoch oder Donnerstag dieser Woche einen Flug mit der Lufthansa gebucht haben, können aufatmen. Der angekündigte Pilotenstreik findet nach einer Grundsatzeinigung der Airline mit der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit nicht statt.
Die Lufthansa und die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) haben mit einer Tarifeinigung Tausende Kunden vor einem weiteren Streik bewahrt. Am Verhandlungstisch sei eine „Teillösung“ gelungen, die in den kommenden Tagen noch ausgestaltet werden müsse, erklärte die VC am Dienstag. „Die angekündigten Arbeitskampfmaßnahmen für diese Woche werden abgesagt.“ Die Lufthansa begrüßte die Grundsatzeinigung. Das sei für die Passagiere eine gute Nachricht. „Unsere Flüge finden in den kommenden Tagen wie geplant statt.“ Vergangene Woche hatte die Lufthansa wegen eines eintägigen Streiks fast alle Flüge streichen müssen, sodass rund 130.000 Fluggäste nicht wie geplant reisen konnten.
Die VC hatte die Lufthansa-Piloten in dieser Woche erneut zum Streik aufgerufen, um den Arbeitgeber zu einem verbesserten Angebot zu bewegen. Bei der Lufthansa wären die Passagiermaschinen ab Mittwoch für 48 Stunden am Boden geblieben, die Maschinen der Frachtlinie Lufthansa Cargo für drei volle Tage. Der völlige Ausfall des Flugplans vergangene Woche kostete die Lufthansa 32 Millionen Euro. Doch der komplette Forderungskatalog der VC hätte dem Unternehmen zufolge die Personalkosten im Cockpit um 40 Prozent oder rund 900 Millionen Euro über die nächsten zwei Jahre erhöht.
Die Gewerkschaft pochte auf Reallohnsicherung in Zeiten hoher Inflation und Verbesserungen in der Vergütungsstruktur. Sie forderte rückwirkend ab 1. Juli 5,5 Prozent mehr Geld. Ab 2023 soll es nach den Vorstellungen von VC eine weitere Anhebung von 8,2 Prozent zum Ausgleich der stark gestiegene Inflation geben. Die Piloten wollen zudem höhere Bezahlung bei Krankheit, Urlaub und Schulungen durchsetzen. Die Lufthansa verbesserte ihr Angebot, das sich bislang auf 900 Euro mehr Grundvergütung pro Monat über zwei Stufen im September und April belief.
Diese Rechte haben Passagiere im Falle eines Pilotenstreiks
Fluggäste haben bei einem Pilotenstreik im Fall von Verspätungen und Annullierungen nicht nur Ansprüche auf Ersatzbeförderung, Verpflegung und Unterbringung, sondern teils auch auf Ausgleichszahlungen nach der EU-Fluggastrechteverordnung in Höhe von 250 bis 600 Euro.
Weil die Piloten bei der Airline angestellt sind und der Streik folglich dem unternehmerischen Risiko der Fluggesellschaft und keinen „außergewöhnlichen Umständen“ zugeordnet werden kann, ist die Rechtslage hier klarer als etwa bei einem Streik der Sicherheitskräfte an den Airports.
Ersatzbeförderung oder Geld zurück
Für die meisten Passagiere dürfte aber erst mal vor allem im Fokus stehen, dass sie irgendwie möglichst zeitnah ans Ziel kommen. Für sie ist deshalb wichtig zu wissen: Fällt der Flug aus oder verspätet sich um mehr als drei Stunden, muss die Fluggesellschaft eine alternative Beförderung anbieten – sei es durch Umbuchung auf andere Flüge oder etwa die Umwandlung des Tickets in eine Bahnfahrkarte. Die Option wird bei innerdeutschen Flügen oft angeboten.
Und was ist, wenn die Airline sich nicht zuckt? Dann empfiehlt es sich, ihr eine Frist zur Beschaffung einer Ersatzbeförderung zu setzen. Als angemessen sehen Reiserechtler hier einen Zeitraum von zwei bis drei Stunden nach der geplanten Abflugzeit. Kommt die Airline der Aufforderung in dieser Zeit nicht nach, kann man sich selbst Ersatz beschaffen und die Kosten im Anschluss von der Airline einfordern.
Wenn ein Flug storniert wird, haben Passagiere neben der Ersatzbeförderung durch die Airline noch eine zweite Option: das Geld zurückverlangen. Dann müssen sie sich aber in jedem Fall selbst darum kümmern, wie sie ans Ziel kommen.
Bleibt man am Airport und wartet etwa auf einen Ersatzflug, muss die Airline einem je nach Wartezeit Mahlzeiten und Getränke bereitstellen und gegebenenfalls eine Unterbringung in einem Hotel besorgen.
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Apps helfen beim Prüfen von Ansprüchen
Im Detail können Passagiere ihre Rechte etwa auf der Website der Verbraucherzentralen nachlesen. Beim Prüfen von Ansprüchen kann die kostenfreie Flugärger-App der Verbraucherzentrale NRW helfen. Das Europäische Verbraucherzentrum bietet ein browserbasiertes Selbsthilfe-Tool bei Flugproblemen.
Ein wichtiger Punkt zum Abschluss: Ist der Flug Teil einer Pauschalreise, ist der Reiseveranstalter und nicht die Airline der erste Ansprechpartner.
Mit Material von dpa und Reuters