19. Mai 2023, 13:16 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Forscher des U.S. Geological Survey geben eine beunruhigende Prognose für Weltstadt New York. Sie könnte bis Ende des Jahrhunderts im Meer versinken. Besonders in Gefahr: Lower Manhattan. TRAVELBOOK hat sich die Studie angeschaut.
New York ist ein Sehnsuchtsziel, ein Ort, an dem Träume wahr werden und platzen, vielfache Film-Kulisse und nicht zuletzt Küstenstadt. Und genau deshalb in Gefahr. New York City, allen voran Manhattan, versinkt nämlich aus gleich zwei Gründen im Meer. Das haben Forscher des U.S. Geological Survey in Zusammenarbeit mit der University of Rhode Island in einer Studie herausgefunden. Ihre Erkenntnisse wurden unter dem Titel „The Weight of New York City: Possible Contributions to Subsidence From Anthropogenic Sources“ im Mai 2023 im Fachjournal „Earth’s Future“ veröffentlicht.
New York ist so schwer, dass es versinkt
New York City ist Heimat von 8,4 Millionen Menschen und mehr als einer Million Gebäude. Besonders letztere sind ein Grund für das stete Absacken der Millionenmetropole. Die gigantischen Hochhäuser und anderen Gebäude, insbesondere in Manhattan, wiegen so viel, dass die Landmasse unter ihnen ächzt. So sehr, dass sie jedes Jahr ein bis zwei Millimeter absinkt, mancherorts sogar mehr.
Laut der Studienautoren wiegen die Gebäude in New York City insgesamt 762.035.181,6 Tonnen, verteilt auf eine Fläche von 778,2 km2. Straßen, Brücken, Eisenbahnschienen oder Parks sind da noch nicht eingerechnet. Neben dem Gewicht seien „Grundwasserentzug, natürliche Bodenverdichtung, tektonische Effekte (…), Umleitung der normalen Sedimentansammlung“ generelle Gründe für das Absenken von Städten, heißt es in der Studie.
Parallel steigt der Meeresspiegel
Die ein bis zwei Millimeter, die die Stadt jährlich absackt, klingen erst einmal nicht allzu viel. Bedenkt man aber, dass New York durchschnittlich bloß zehn Meter über dem Meeresspiegel liegt, sieht es schon anders aus. Rechnet man den, durch den Klimawandel bedingten, Anstieg des Meeresspiegels hinzu, wird es dramatisch. „Der prognostizierte Anstieg des Meeresspiegels stellt eine klare Bedrohung für Küstenstädte dar, mit einem erwarteten Anstieg von 200 bis 600 mm bis 2050 weltweit“, schreiben die Autoren.
New York trifft es jedoch besonders hart. „Die Gefahr eines Meeresspiegelanstiegs ist entlang der Atlantikküste Nordamerikas drei- bis viermal höher als im globalen Durchschnitt“, heißt es in der Studie. Sie prognostizieren für die US-Ostküsten-Metropole, „dass postglaziale isostatische Effekte bis zum Jahr 2100 eine Absenkung von 500 bis 1500 mm verursachen werden“ – also bis zu eineinhalb Meter. Lower Manhattan liege größtenteils gerade einmal ein bis zwei Meter über dem Meeresspiegel. Nach Angaben in der Studie sinkt der Bereich 2,1 Millimeter pro Jahr. Werden keine Maßnahmen getroffen, die das Absinken Manhattans noch verhindern, könnte der beliebteste Ortsteil New York Citys bis zum Beginn des neuen Jahrhunderts dauerhaft überschwemmt sein.
Und als wären diese Daten nicht schockierend genug, kommt in New York eine besonders große Gefahr von Naturkatastrophen hinzu. Laut der Wissenschaftler liegt New York City „weltweit an dritter Stelle, wenn es um künftige Küstenüberschwemmungsrisiken geht“. Sie führen zwei Hurrikane der letzten Jahre an, die beispielhaft für schlimme Überschwemmungen mit Todesopfern und schweren Schäden in der Millionenmetropole waren: Hurrikan Sandy im Jahr 2012, der das Meerwasser in die Stadt strömen ließ. Und Hurrikan Ida, 2021. Der brachte so starke Regenfälle mit, dass die Entwässerungssysteme der Stadt restlos überlastet und als Folge die Straßen überflutet waren.
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New York City versinkt aus vielen Gründen
Es gibt also viele Gründe, aus denen New York bis Ende des Jahrhunderts im Meer versinken könnte. Fast alle sind menschengemacht. Besonders das Wachsen der Küstenstädte führe gemeinsam mit Bauverdichtung und ansteigendem Meeresspiegel zunehmend zur Überschwemmungsgefahr. Deshalb versuchen die Studienautoren mit ihrer Arbeit „das Bewusstsein dafür zu schärfen, dass jedes zusätzliche Hochhaus, das an Küsten-, Fluss- oder Seeufern errichtet wird, zum künftigen Überschwemmungsrisiko beitragen könnte und dass möglicherweise Minderungsstrategien einbezogen werden müssen.“
Die Autoren fassen zusammen: „Die Kombination aus tektonischer und anthropogener Bodensenkung, Anstieg des Meeresspiegels und zunehmender Hurrikanintensität führt zu einem zunehmenden Problem entlang der Küsten- und Flussufergebiete.“ Ein weiteres Problem sei, dass die „wiederholte Einwirkung von Salzwasser auf Gebäudefundamente (..) Bewehrungsstahl korrodieren und Beton chemisch schwächen“ könne, „(…) was zu einer strukturellen Schwächung führt.“
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Und nicht nur für New York sehen die Prognosen düster aus. „Es wird erwartet, dass Großstädte auf der ganzen Welt im Vergleich zu ländlichen Gebieten überproportional wachsen werden, wobei bis 2050 voraussichtlich 70 Prozent der Weltbevölkerung in Städten leben werden“, erklären die Autoren. Gleichzeitig sei zu beobachten, „dass Großstädte auf allen Kontinenten mit Ausnahme der Antarktis zurückgehen (…) und das Problem könnte sich mit dem Bevölkerungswachstum verschlimmern.“ Sie nehmen an, dass die zunehmende Urbanisierung „die Senkung durch Grundwasserentnahme und/oder Bebauungsdichte verstärken“ werden. Gemeinsam mit dem „beschleunigten Anstieg des Meeresspiegels“ führe das „zu einer wachsenden Überschwemmungsgefahr in Küstenstädten“. Und zwar nicht nur in New York. Sondern weltweit.