29. August 2023, 11:47 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Es sind besorgniserregende Umfrageergebnisse, die der europäische Pilotenverband ECA jetzt veröffentlicht hat. Demnach leiden viele Piloten während des Flugs unter Ermüdungserscheinungen und verfallen sogar häufiger in Sekundenschlaf. Die Ergebnisse der Analyse im Detail:
Knapp 7000 Piloten und Pilotinnen aus 31 Ländern haben sich laut einer Pressemitteilung des ECA an der im Juli dieses Jahres durchgeführten Umfrage beteiligt. Drei von vier Piloten gaben demnach an, in den vergangenen vier Wochen mindestens einmal im Cockpit in einen Sekundenschlaf verfallen zu sein. Ein Viertel der Befragten hat im selben Zeitraum sogar fünfmal oder noch häufiger einen Sekundenschlaf erlebt.
Darüber hinaus gaben der Mitteilung zufolge 72,9 Prozent der Piloten an, keine ausreichenden Ruhezeiten zu haben, um sich zwischen den Dienstzeiten zu erholen. Auch würden die Flugzeiten immer länger. So nutzte jeder fünfte Pilot innerhalb der vergangenen vier Wochen mindestens zweimal oder öfter die sogenannte Ermessensbefugnis des Kommandanten. Damit ist gemeint, dass der Flugkapitän bei unvorhersehbaren Umständen während des Flugbetriebs die geltenden Beschränkungen für Flugdienst-, Dienst- und Ruhezeiten nach eigenem Ermessen ändern kann.
Häufiger Sekundenschlaf bei Piloten „besorgniserregend“
Auch gaben 60 Prozent der Befragten an, sich Sorgen über mögliche negative Konsequenzen zu machen, wenn sie sich weigern würden, eine Flugdienstzeit zu verlängern. „Dies sind besorgniserregende Anzeichen und klare Hinweise darauf, dass viele europäische Fluggesellschaften mit Ermüdungsrisiken nicht gut umgehen“, sagt ECA-Präsident Otjan de Bruijn.
Der Bericht ist laut dem ECA nur zwei Monate erschienen, nachdem die Europäische Agentur für Flugsicherheit (EASA) vor dem Risiko einer erhöhten Flugzeugbesatzungs-Ermüdung vor allem während der Hochsaison im Sommer gewarnt hatte. Die EASA hatte die Fluggesellschaften damals aufgefordert, ausreichend Pufferzeiten für die Crew einzuplanen und sich nicht darauf zu verlassen, dass die Piloten die maximalen Flugdienstzeiten systematisch verlängern. „Wenn dies bereits im Juni und Juli die Ergebnisse sind, können die Ermüdungsniveaus im August nur in eine Richtung gegangen sein – nach oben!“, so de Brujn.
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Vereinigung Cockpit sieht Sicherheitsrisiko
Auch die deutsche Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) zeigte sich besorgt über die Umfrageergebnisse. „Der Bericht hat uns noch einmal klar vor Augen geführt, dass die Belastungen der Pilotinnen und Piloten in Spitzenzeiten oftmals über das sicherheitsverträgliche Maß hinaus gehen“, erklärt VC-Präsident Stefan Herth in einer Pressemitteilung. Und weiter: „Sekundenschlaf und totale Erschöpfung darf es im Cockpit nicht geben. Gesetzliche Limits dürfen keine Zielgrößen für die Planungen der Flugbetriebe sein. Das müssen Politik und Behörden mit entsprechender Regulierung sicherstellen.“
Die VC rief die Behörden dazu auf, die Zustände vor allem in Großbritannien, Irland, Malta und Spanien genau zu untersuchen. Dort registrierte Fluggesellschaften stechen dem ECA-Bericht zufolge „besonders negativ“ hervor.