10. Januar 2020, 13:29 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Ab dem 1. April 2020 erhöht sich die Luftverkehrssteuer, Fliegen wird also etwas teurer. Die Maßnahme ist Teil des Klimapakets, das die Bundesregierung beschlossen hat. Die irische Billigairline Ryanair bittet nun auch Kunden zur Kasse, die ihre Flüge bereits gebucht haben, und setzt für die Zahlung eine sehr kurze Frist an. Aber ist das wirklich rechtens? TRAVELBOOK hat nachgefragt.
Auch für Frühbucher gibt es kein Pardon: Wer nach dem 1. April 2020 mit Ryanair fliegt, muss in jedem Fall draufzahlen. Wie zuerst „MDR aktuell“ berichtete, verschickt die irische Billigairline derzeit Mails an ihre Kunden und informiert über den zusätzlich fälligen Betrag von 5,53 Euro für innerdeutsche und innereuropäische Flüge und 9,96 Euro für alle Flüge von Deutschland ins nicht-europäische Ausland.
Dass Ryanair diese Beträge auch für bereits gebuchte Flüge verlangt, ist rechtlich korrekt, erklärt der auf Reise- und Fluggastrechte spezialisierte Berliner Anwalt Jan Bartholl. „Die Luftverkehrssteuer ist laut Gesetz an den Abflug und nicht an die Buchung gebunden.“ Eine Airline könne den Betrag deshalb nacherheben und dann weiterreichen.
48-Stunden-Frist für die Zahlung
Auch TRAVELBOOK-Leser, die bei Ryanair gebucht haben, haben von der Airline Mails mit der Zahlungsaufforderung erhalten. Bei allen Kunden, die ihre Kreditkartendaten angegeben haben, werde der fällige Betrag automatisch abgebucht, heißt es da. Und weiter: „Sofern Sie Ihren bereits gebuchten Flug nicht storniert haben, gehen wir von Ihrem Einverständnis aus, dass wir Ihre entsprechende Zahlungskarte mit dem Betrag der erhöhten Flugverkehrssteuer belasten können.“
Kunden, deren Karte nicht belastet werden kann, werden von der Airline zur Zahlung der Steuer über einen Link bzw. zur Stornierung des Fluges aufgefordert. Erfolgt die Zahlung nicht, verschickt Ryanair eine zweite Mail: „Bitte beachten Sie, dass der ausstehende Betrag innerhalb von 48 Stunden nach Erhalt dieser Nachricht beglichen werden muss. Andernfalls werden Sie nicht in der Lage sein, für Ihren Flug einzuchecken.“
Verbraucherzentrale nennt Frist „unverhältnismäßig“
„Diese 48-Stunden-Frist halte ich für absolut unverhältnismäßig, sie wirkt für die Kunden wie eine Klatsche“, stellt Eva Klaar, Beraterin für Reiserecht bei der Verbraucherzentrale Berlin, auf Nachfrage von TRAVELBOOK klar. Man solle den Betrag zwar auf jeden Fall zahlen, sich aber von der kurzen Frist nicht unter Druck setzen lassen, so die Expertin. Unter Umständen sei es aber überhaupt nicht möglich, innerhalb so kurzer Zeit eine Überweisung zu tätigen, etwa wenn ein Wochenende dazwischen liege.
Kunden haben theoretisch sogar fast einen Monat Zeit, den geforderten Betrag zu zahlen, weiß Reiserechtsexperte Jan Bartholl. „Erst nach 30 Tagen geraten Sie in Verzug und es können Ihnen Rechtsnachteile entstehen“, so Bartholl zu TRAVELBOOK. Die 48 Stunden seien eine reine „Fantasiefrist“, die Ryanair sich ausgedacht habe, um Kunden unter Druck zu setzen. Problematisch sei auch die Formulierung „48 Stunden nach Erhalt der Nachricht“. „Ryanair müsste im Zweifel nachweisen können, wann ein Kunde eine Mail tatsächlich erhalten hat, und das ist praktisch unmöglich“, so Bartholl.
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So reagieren Ryanair-Kunden
Die Reaktionen der TRAVELBOOK-Leser auf die nachträgliche Erhebung der Steuer für bereits gebuchte Flüge sind gemischt. Während einige das Prozedere in Ordnung und nachvollziehbar finden, sorgt es bei anderen für Ärger: „Trotz der Tatsache, dass Ryanair relativ günstig Flüge anbietet, finde ich die Nachzahlung eine Frechheit. Ungeachtet der Steuererhöhung biete ich privat ja auch keinen Artikel oder eine Dienstleistung an und sage nach Buchung, dass ich doch ,mehr‘ haben möchte“, schreibt uns ein Leser, der im Juni mit drei Freunden nach Málaga fliegt und insgesamt knapp 22 Euro nachzahlen muss.
Übrigens bitten nicht alle Airlines ihre Kunden für bereits gebuchte Flüge zur Kasse. So teilte die deutsche Lufthansa auf TRAVELBOOK-Nachfrage mit: „Tickets, die vor dem 1. April 2020 gekauft wurden, werden nicht nachbelastet.“ Auch Easyjet verzichtet auf die nachträgliche Erhebung der Luftverkehrssteuer, wie das Unternehmen „MDR aktuell“ mitteilte.