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Wintersport

Skifahren ohne Schnee – sind Kunststoffmatten die Zukunft auf der Piste?

Längst leidet der Wintertourismus unter den Folgen des Klimawandels. Zu wenig Schnee und stillstehende Lifte
Längst leidet der Wintertourismus unter den Folgen des Klimawandels. Zu wenig Schnee und stillstehende Lifte Foto: Getty Images
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TRAVELBOOK Redaktion

23. Januar 2023, 18:02 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten

Ohne künstliche Beschneiung geht in vielen deutschen Skigebieten nichts mehr. In dieser Saison war es aber bereits so warm, dass vielerorts selbst Schneekanonen nicht eingesetzt werden können. Sind spezielle Matten die Lösung?

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Längst leidet der Wintertourismus unter den Folgen des Klimawandels. Zu wenig Schnee und stillstehende Lifte: Wer in dieser Saison Winterurlaub in Europa geplant hatte, wurde vielerorts enttäuscht. Auch in Deutschland haben Wärme und Schneemangel lange die laufende Saison geprägt. Sogar für die künstlichen Flocken aus den umstrittenen Schneekanonen war es mit bis zu 20 Grad zum Jahresausklang zu warm. Die Bergbahnen Hocheck im bayerischen Oberaudorf haben nun eine Piste mit Kunststoffmatten ausgelegt: Am Freitag, dem 20. Januar 2023, startete der Betrieb. Doch ist die sogenannte textile Skipiste eine echte Alternative?

Sind die Pisten der Zukunft aus Kunststoff?

„Cool“ finden es die Kinder, die in der Skischule „Top on Snow“ in Oberaudorf erstmals auf Kunststoffmatten statt auf Schnee die Pisten bergab rutschen. Rund 80.000 Euro haben die etwa 800 Quadratmeter Piste gekostet. Skischulleiter Rupert Nagl war zunächst skeptisch, sagte aber nach dem Test: „Vom Skigefühl ist es Schnee sehr ähnlich“. Für Anfänger sei es zwar eine sehr gute Möglichkeit zum Üben, „Skierlebnis, Wintersport ist das natürlich nicht.“

Als vollwertigen Ersatz sind die Matten aber auch nicht gedacht. Zumindest nicht laut Hannes Rechenauer, Geschäftsführer der Bergbahnen in Oberaudorf: „Es ist eine Abrundung, eine Ergänzung“ lautet sein Fazit. Seine Hoffnung ist, dass mit den Matten schon im Oktober Skikurse starten und „Anfänger und Wiedereinsteiger die ersten Schwünge probieren können. Sie müssen dann nicht auf die Gletscher ausweichen“. Auf der Internetseite der Hersteller spricht man hingegen auch von Ersatz statt nur von Ergänzung, die textilen Skipisten „garantieren ganzjähriges Wintersportvergnügen“-

Auch interessant: Expertin: „Es gibt in Europa keine Skigebiete mehr, die schneesicher sind“

Das Problem der (Mikro-)Plastik

Umweltschützer sind jedoch nicht begeistert. Sie verweisen auf eine energieintensive Herstellung, Mikroplastikabrieb und Schäden für schützenswerte Wiesen. „Auch Matten bringen ökologische Probleme mit sich“, sagt Martin Geilhufe vom Bund Naturschutz in Bayern. Ein Landwirt, der eine nahe Alm bewirtschaftet, findet: Ein Event sei das, gut für die Region. Aber mit Blick auf die Mikroplastik: „Ich krieg nicht mal mehr einen Plastikstrohhalm für die Kinder her.“ Die Hersteller wiederum verweisen auf Unterlagen, die den Abrieb aufnehmen sollen. Sie sagen: „Der geringe Reibwert sorgt für Riesenspaß, die ökologischen und haltbaren Eigenschaften für ein nachhaltiges Produkt.“

Zudem werden im Skispringen seit Jahrzehnten die Matten verwendet, 2022 erstmals im Weltcup. Die Kopenhagener ziehen ihre Schwünge sogar auf einer Müllverbrennungsanlage. Auch in anderen Ländern und in Deutschland gibt es ein paar, meist kleinere, Textilpisten. Der britische Rennläufer Dave Ryding fuhr als Kind nur auf Matten, ehe er mit zwölf Jahren erstmals auf Schnee startete. Vor einem Jahr feierte er in Kitzbühel den ersten Weltcup-Erfolg eines Briten bei den Alpinen überhaupt.

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Nachfrage nach dem Schnee-Ersatz steigt

Die Hersteller berichten aktuell über die steigende Nachfrage nach dem wärmeresistenten Schnee-Ersatz. „Unser Lager ist leer. Es geht täglich noch Ware raus“, sagt Jens Reindl, Geschäftsführer der Chemnitzer Firma Mr. Snow, die ihr teils aus Baumwolle bestehendes Produkt „textilen Schnee“ nennt. Zu Reindls Kunden zählen Skischulen und -clubs in Sachsen, im Sauerland, im Kleinwalsertal und im Bayerischen Wald. Weiß und Grün sind die Teppiche – je nachdem, ob sie im Sommer liegen bleiben sollen. Auch das Oberaudorfer Unternehmen Skitrax World sieht einen internationalen Zukunftsmarkt. „Wir haben Projekte in der Realisierung für neue Mattenskipisten in der Größe von 1000 bis 8000 Quadratmeter und mehr“, sagt Geschäftsführer Wolfgang Schmidt.

Man sei im Kontakt mit einer arabischen Investmentgesellschaft für eine Matten-Piste in Saudi-Arabien im Skigebiet Trojena, die dann ganzjährig genutzt werden könne, sagt Schmidt. Vor allem arabischen Staaten und viele Länder Asiens seien interessiert. Angesichts des schlechten Winters in den Alpen rechne er auch mit weiteren Aufträgen aus europäischen Skigebieten. Es gebe eine professionelle Alternative für der schneelose Zeit – „aber sie ist noch nicht salonfähig“.

Im Ski-Land Bayern ist man hingegen, abgesehen von den Bergbahnen in Oberaudorf, eher zurückhaltend. Bei der Bayerischen Zugspitzbahn heißt es, man habe noch nie über Matten nachgedacht: „Wir sehen das nicht als Alternative zum Schnee.“ Auch der Verband Deutscher Seilbahnen sieht keinen Trend. „Das eigentliche Wintergeschäft ist das Skifahren auf Schnee, draußen in der Natur, an der frischen Luft und vor einem Bergpanorama.“ Nun gebe es Neuschnee, man blicke zuversichtlich auf die weitere Saison.

Einig sind sich die meisten: Das Wintererlebnis in tief verschneiter Landschaft können die Kunststoffmatten auf der Piste nicht ersetzen. So freuen sich Wintersportler und Liftbetreiber gleichermaßen über den Schnee, der nun endlich doch noch vielerorts gefallen ist.

Mit Material von dpa

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