22. Februar 2023, 17:49 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Reisen und dabei andere Länder und Kulturen entdecken, gehört für viele zu einem erfüllten Leben dazu. Nicht so für mehr als ein Drittel der Japaner, die einer Umfrage zufolge vorzugsweise gar nicht reisen wollen – oder zumindest nicht ins Ausland. Warum das so ist – TRAVELBOOK nennt die Gründe.
Japan ist laut dem Passport Index der Beratungsfirma Henley & Partners das Land mit dem „mächtigsten“ Reisepass weltweit. Demnach können Bürger aus Japan zurzeit 193 Länder weltweit bereisen, ohne ein Visum beantragen zu müssen. Nur: Viele haben gar nicht vor, ihr Land jemals (wieder) zu verlassen. So ergab, wie „CNN“ berichtet, eine im vergangenen Jahr von dem globalen Nachrichtendienst Morning Consult durchgeführte Umfrage, dass 35 Prozent der befragten Japaner nicht bereit sind, noch einmal zu verreisen. Das sind mehr als in jedem anderen in die Studie einbezogenem Land. Nach Angaben des japanischen Außenministeriums besitzen sogar nur weniger als 20 Prozent der Japaner überhaupt einen Reisepass.
Warum viele Japaner nicht reisen wollen
Zu der Frage, warum viele Japaner nicht reisen wollen, hat „CNN“ Tetsu Nakamura befragt, Professor an der Universität Tamagawa und Spezialist für Tourismusverhalten und -psychologie. Ihm zufolge sind die Ergebnisse der Umfrage nicht überraschend: „Im Jahr 2019, noch vor der Pandemie, machten Japaner, die mindestens einmal im Jahr ins Ausland reisten, etwa 10 Prozent der Bevölkerung aus.“ Zum Vergleich: Laut Zahlen des Deutschen Tourismusverbandes hat 2019 mehr als jeder zweite Deutsche eine Auslandsreise unternommen.
Einer Studie zufolge, die Nakamura 2016 durchgeführt hat, gibt es unter den Japanern, die nicht reisen wollen, zwei Gruppen. Zum einen die sogenannten „Passivisten“, also Menschen, die zwar sagen, dass sie ins Ausland reisen wollen, es aber nicht tun. Die zweite Gruppe besteht demnach aus den sogenannten „Verweigerern“, also Menschen, die kein Interesse an Auslandsreisen zeigen und auch keine machen. Zusammen machten diese beiden Gruppen etwa 70 Prozent aller der Befragten in seiner Studie aus, 30 Prozent davon waren „Verweigerer“.
Aber warum genau verweigern sich so viele einer Reise ins Ausland? Dazu sagt der Professor: „Viele Japaner haben das Gefühl, dass Auslandsreisen zeitaufwändig sind, und zwar, noch bevor sie einen Fuß in ein fremdes Land setzen.“ Viele glaubten, dass man einfach zu viel Zeit in die Planung stecken müsse und sich dafür auch gut auskennen müsse – und das sei ihnen einfach zu anstrengend.
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Corona-Pandemie spielt auch eine Rolle
Ein weiterer Experte, mit dem „CNN“ zu dem Thema gesprochen hat, ist der japanische Luftfahrt- und Reiseanalyst Kotaro Toriumi. Er mutmaßt, dass die Corona-Pandemie die Reiselust der Japaner noch einmal mehr gedämpft hat. „Menschen, die früher gereist sind, haben jetzt Angst, ins Ausland zu reisen, weil das Infektionsrisiko zu hoch ist. Ich glaube, sie erkennen mehr und mehr, dass es in Japan viele attraktive touristische Ziele gibt und dass man sich auch amüsieren kann, ohne ins Ausland zu reisen.“
Hinzu komme, dass der Yen derzeit so schwach sei wie seit Jahrzehnten nicht mehr, und viele japanische Arbeitnehmer hätten seit 30 Jahren keine Gehaltserhöhung mehr erhalten. „Im Vergleich zu den älteren Generationen sind junge Menschen weniger geneigt, ins Ausland zu reisen, da sie nicht viel Geld haben. Außerdem finden viele junge Leute Online-Unterhaltung oder Smartphone-Spiele unterhaltsamer als Auslandsreisen“, sagt Toriumi. Viele ältere Menschen würden dagegen gerne wieder ins Ausland reisen, wenn die Pandemie endgültig vorbei sei. „Diejenigen, die früher nur gereist sind, weil es billig war, oder die nicht besonders gerne reisen, reisen jetzt nicht mehr.“