12. August 2021, 13:08 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Je globalisierter die Welt ist, je besser sie vernetzt ist, umso schlimmere Folgen kann schon ein einziges Ereignis haben. So kann etwa ein Vulkanausbruch die Wirtschaft weltweit beeinflussen. Dabei kommt es allerdings darauf an, wo dieser Vulkan liegt. Welche Orte weltweit besonders gefährdet sind, haben nun Forscher untersucht.
Viele erinnern sich noch an den Ausbruch des Eyjafjallajökull auf Island vor elf Jahren. Damals entstand eine so gigantische Aschewolke, dass tagelang der komplette Flugverkehr in Europa lahmgelegt wurde. Seitdem hat sich ein solches Szenario nicht wiederholt – es könnte jedoch passieren. Denn Forscher der Universitäten von Cambridge und Plymouth haben sieben sogenannte Vulkan-Hochrisiko-Zonen identifiziert. An jedem dieser Orte könnte ein Vulkanausbruch zu einer globalen Krise führen.
Durch die Globalisierung habe sich in der Vergangenheit immer mehr kritische Infrastruktur in direkter Umgebung von Vulkanzentren angesammelt, schreiben die Forscher in einem Artikel, der im Fachmagazin „Nature“ erschienen ist. „In dieser entstehenden Risikolandschaft können moderate Vulkanausbrüche kaskadenartige, katastrophale Auswirkungen haben“, heißt es vonseiten der Wissenschaftler Lara Mani, Asaf Tzachor und Paul Cole. Dabei soll es explizit nicht um Ausbrüche gehen, die etwa für die Menschen und die Umwelt vor Ort besonders gefährlich wären. Sondern um sogenannte „Systemausfälle mit globalen Auswirkungen“.
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Die 7 Vulkan-Hochrisiko-Zonen
Systeme, deren Ausfälle globale Auswirkungen hätten, sind laut den Forschern die Bereiche Transport, Infrastruktur, Kommunikation, Klima und Umwelt. Brechen etwa Infrastruktur und Kommunikation zusammen, könnte es zu Finanzkrisen kommen. Werden Klima und Umwelt dauerhaft beschädigt, können Lebensmittelpreise ansteigen. Das gilt auch, wenn es im Transport Probleme gibt, da es dann zu Lebensmittel- und Sprit-Engpässen kommen könnte.
Auf Basis dieser Faktoren haben die Forscher sieben Orte weltweit identifiziert, die sie als „Vulkan-Hochrisiko-Zonen“ bezeichnen.
Die Tatun-Vulkangruppe im Norden von Taiwan
Laut den Forschern gibt es Anzeichen dafür, dass die Tatun-Vulkangruppe an der Nordspitze Taiwans aktiv ist und es dort mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Beben kommen könnte. Brisant ist, dass die Vulkangruppe an die Millionen-Metropole Taipeh grenzt, in der sich das Hauptproduktionszentrum des führenden Herstellers von Computerchips befindet, der auch Hauptlieferant der weltweiten Technologie- und Automobilindustrie ist. Sollte es zu einem Vulkanausbruch kommen, könnte es weltweit Versorgungsprobleme in diesen Bereichen geben. Das hätte dann schwerwiegende Folgen für die Technologiebranche und die Finanzmärkte.
Der Vulkankomplex Changbaishan an der Grenze von China zu Nordkorea
Vor mehr als 1000 Jahren, im Jahr 946 nach Christus, gab es hier schon einmal einen verheerenden Ausbruch. Seitdem ist es zwar ruhig am Vulkankomplex Changbaisha an der chinesisch-nordkoreanische Grenze. Doch sollte es noch einmal zu einem Ausbruch kommen, wäre das Ergebnis fatal für den Bereich Transport. Nicht nur wäre der Seeverkehr im Japanischen Meer gestört. Über die Region führen auch einige der verkehrsreichsten Flugrouten der Welt, etwa die Strecke Seoul-Osaka und Seoul-Tokio.
Der Luzon-Vulkanbogen zwischen China und den Philippinen
Der Luzon-Vulkanbogen liegt zwischen China und den Philippinen – und hat bereits 2006 gezeigt, welche Auswirkungen ein Ausbruch hier haben kann. Damals kam es infolge eines Bebens der Stärke 7,0 zu einer Unterbrechung der Unterseekabel in der Straße von Luzon, die Hongkong, China, Taiwan, die Philippinen und Japan verbindet. Daraufhin fiel in den betroffenen Regionen das Internet fast vollständig aus, teilweise wochenlang. Die Folge: weitreichende Störungen auf den globalen Finanzmärkten.
Die Vulkankette im indonesischen Archipel
Im indonesischen Archipel gibt es diverse vulkanische Zentren, etwa den Mount Sinabung und den Mount Toba in Sumatra oder den Mount Merapi in Zentraljava. Problematisch ist besonders, dass hier mit der Straße von Malakka eine der am stärksten befahrenen Schifffahrtsstraßen der Welt liegt. Laut den Forschern wird 40 Prozent des Welthandels jedes Jahr über die Route abgewickelt. Außerdem gibt es zwischen Singapur und Kuala Lumpur einen der verkehrsreichsten Lufträume der Welt, mit 5,5 Millionen Passagieren pro Jahr. Käme es wegen eines Vulkanausbruchs zu einer Sperrung des Luftraums über Malaysia, Indonesien und Singapur, läge der Verlust im Billionen-Bereich.
Die Vulkane im Mittelmeer
Auch in Europa gibt es den Forschern zufolge eine Vulkan-Hochrisiko-Zone, und zwar im Mittelmeer. Denn diese Region ist eine wichtige Passage für den Seetransport von Waren und Gütern aus dem Nahen Osten und Asien nach Europa. Außerdem gibt es hier ein großes Netz von Unterwasserkommunikationskabeln, die Europa mit Afrika, Nordamerika, dem Nahen Osten und Asien verbinden. Sollte es durch einen größeren Ausbruch eines Vulkans, etwa auf Santorin oder im Golf von Neapel, einen Tsunami geben, könnten diese Unterseekabel zerstört werden und der Schiffsverkehr einbrechen.
Die Vulkane in Island
Wie bereits erwähnt gab es mit dem Eyjafjallajökull schon einmal den Fall, dass durch einen Vulkanausbruch auf Island der Flugverkehr beeinträchtigt wurde. Das ist auch insofern relevant, als alleine auf der Strecke London bis New York jährlich drei Millionen Passagiere unterwegs sind. Eine Unterbrechung dieser wichtigen Verkehrsader könnte den Forschern zufolge zu „weitreichenden Störungen und Verzögerungen im globalen Handel und in den Transportnetzen führen.“
Die Kaskadenvulkane im westlichen Nord-Amerika
Zu den Kaskaden-Vulkanen im westlichen Nord-Amerika gehören zum Beispiel der Mount Rainier, der Glacier Peak oder der Mount Baker. Würde einer dieser Vulkane ausbrechen, könnten gigantische Schuttlawinen ausgelöst werden. So habe es nach einem Ausbruch des Mount Rainier vor 5600 Jahren eine so gigantische Schlammlawine gegeben, dass diese mehr als 97 Kilometer zurücklegte. Würde es heute zu einem Ausbruch mit derartigen Folgen kommen und der Luftraum über den nördlichen USA und Teilen Kanadas gesperrt werden, gäbe es auch hier laut den Forschern einen Verlust von mehreren Billionen US-Dollar.