19. September 2022, 15:37 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Die Deutsche Bahn ist oft genug Ziel von Späßen, die auf die mangelnde Pünktlichkeit zurückzuführen sind. Das kommt nicht von ungefähr, zeigt die Verspätungsstatistik doch, dass die wenigsten Züge zum avisierten Zeitpunkt ihr Ziel erreichen. Doch wussten Sie, dass diverse Verspätungen hier nicht einmal aufgeführt sind? Die Details.
Wer in einen Zug der Deutschen Bahn steigt, kann zwar hoffen, dass er pünktlich am Ziel ankommt – besonders hoch ist die Wahrscheinlichkeit allerdings nicht. Der offiziellen Statistik der DB zufolge kamen im August 2022 fast die Hälfte der Züge zu spät am Ziel an. Nur 56,8 Prozent der Fernverkehrszüge hätten ihr Ziel „pünktlich“ erreicht, im Regionalverkehr waren es immerhin 89,5. Doch Moment, wieso steht „pünktlich“ in Anführungsstrichen, fragen Sie sich? Nun: Die Bahn lässt sich bei dem Begriff etwas mehr Interpretationsspielraum.
Denn wer meint, ein Zug sei nur dann pünktlich, wenn er zur geplanten Ankunftszeit ankomme, der irrt. Bei der Bahn gelten alle Züge als pünktlich, die mit weniger als 6 Minuten Verspätung am Ziel ankommen. „Ein Halt wird als pünktlich gewertet, wenn die planmäßige Ankunftszeit um weniger als 6 bzw. 16 Minuten überschritten wurde“, bestätigt eine Sprecherin der Deutschen Bahn TRAVELBOOK. „Die Messmethodik wird sowohl für Regional- als auch für Fernverkehrszüge angewendet und ist unabhängig von der Länge der Zugfahrt“, heißt es weiter. Die 15-Minuten-Pünktlichkeit werde deswegen noch zusätzlich erhoben, um eine Vergleichbarkeit mit den Pünktlichkeitswerten von Flugzeug und Fernbus zu haben. Dort werde ausschließlich so gemessen.
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Mangelnde Pünktlichkeit führt zu längeren Umstiegszeiten
Damit Kunden gar nicht erst damit rechnen, dass man bei einem „pünktlichen“ Zug, der dann immer noch 5 Minuten Verspätungen haben kann, einen wenige Minuten später abfahrenden Anschluss erreichen kann, werden Umstiege unter 6 Minuten gar nicht erst von der Bahn empfohlen. Angesichts der immer weiter steigenden Zahl von Verspätungen wurde die Umsteigezeit sogar noch länger.
„Knappe Anschlüsse, die in der aktuellen betrieblichen Lage schwer erreicht werden können, zeigen wir jetzt schon bei der Planung und Buchung nicht mehr an“, sagte Vorstandsmitglied Michael Peterson. Für etwa 800 Verbindungen gelten die längeren Umsteigezeiten bereits. So kann man natürlich auch Erwartungsmanagement betreiben. Mehr Informationen finden Sie hier.
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Ausfälle? Werden in den Verspätungsstatstiken nicht berücksichtigt
Noch mehr wird getrickst, wenn es um ausgefallene Züge geht. Denn Verbindungen, die komplett gecancelt wurden, fallen gar nicht in die Verspätungsstatistik. „Komplettausfälle oder Teilausfälle werden nicht in die Statistik eingerechnet“, bestätigt die Bahn-Sprecherin TRAVELBOOK. Grund dafür sei unter anderem, dass es schwierig sei, dafür ein sinnvolles mathematisches Modell zu hinterlegen: Welche Pünktlichkeit ordnet man einem Zug zu, wenn er an einer bestimmten Stelle seiner Fahrt ausfällt?
Die skurrile Folge dieser Verspätungslogik für die Kunden: Wenn ein ICE von München nach Berlin komplett ausfällt, Sie erst einen anderen Zug eine Stunde später nehmen können, der aber eine andere Strecke fährt, sodass Sie in der Folge erst zwei Stunden später als geplant am Ziel ankommen, zählt das für die Bahn nicht als Verspätung. Schließlich fuhr der Zug ja nicht zu spät, er fuhr schlicht gar nicht. Allerdings betont die Sprecherin auch, dass im Fernverkehr „nur“ 1 bis 2 Prozent aller Züge ausfielen. Demnach gebe es für die „Gesamtpünktlichkeit keine wesentliche statistische Abweichung“.
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Vielleicht sind die Ausfälle bei der aktuellen „Pünktlichkeit“ der Bahn auch tatsächlich von untergeordneter Relevanz. International kommt die Bahn hier nämlich auch aufs Abstellgleis. Wie die „taz“ schreibt, verspäten sich beispielsweise in Japan Züge im Schnitt um 66 Sekunden. Oder wie die Deutsche Bahn sagen würde: Gar nicht. Sie sind doch „pünktlich“ …