19. September 2024, 6:59 Uhr | Lesezeit: 10 Minuten
Ägypten mit seinen Küsten am Roten Meer und den Pyramiden ist ein beliebtes Reiseziel. Doch das Land grenzt auch direkt an Israel sowie den Gazastreifen. Entsprechend verunsichert sind Urlauber und fragen sich, ob sie aktuell sicher Urlaub in Ägypten machen können.
Die spannende Geschichte der Pharaonen und ihrer Pyramiden, weite Wüstenlandschaften und langgezogene Küstenstreifen am Roten Meer sowie am Mittelmeer – es gibt etliche (und noch viele mehr als nur die genannten) Gründe für einen Urlaub in Ägypten. Gerade auch die günstigen Pauschalreisen-Angebote in dem nordostafrikanischen Land motivieren jährlich etliche Urlauber. Angesichts der explosiven Lage in der Region stellt sich jedoch für viele Urlauber zurzeit auch die Frage: Ist ein Urlaub in Ägypten angesichts des Krieges im Nahen Osten sicher?
Übersicht
Ägypten und die aktuelle Lage in Nahost
Der Krieg zwischen Israel und der Hamas in Gaza wirft bereits seit seines Beginns am 7. Oktober 2023 für Reisende in das benachbarte Ägypten Sicherheitsbedenken auf. Seitdem spitzt sich der Nahostkonflikt immer weiter zu. Im April 2024 griff Iran Israel direkt an, im August übte die libanesische Hisbollah-Miliz einen Vergeltungsschlag gegen das Land aus. Ein Ende des um sich greifenden Konflikts ist aktuell zumindest nicht in Sicht.
Ägypten steht im Nahost-Konflikt zwischen den Stühlen oder „balanciert im Konflikt zwischen Israel und der Hamas auf einem schmalen Grat“, wie es etwa der „Cicero“ formuliert. Das Land wolle die Angriffe seitens der Hamas nicht unterstützen, zugleich jedoch auch nicht eindeutig verurteilen. Das Land unterstützt die Palästinenser und die Zweistaatenlösung, wie es etwa die „Deutsche Welle“ (DW) schreibt. Palästinensische Flüchtlinge möchte es aber nicht aufnehmen. Urlauber in Ägypten müssen sich entsprechend der pro-palästinensischen Einstellung großer Teile der Bevölkerung auf große pro-palästinensische Demonstrationen einstellen, wie das Auswärtige Amt (AA) schreibt.
Zugleich hat Ägypten bereits vor 45 Jahren einen Friedensvertrag mit Israel geschlossen – als erstes arabisches Land. Und seit der Militäraktion Israels im Gazastreifen hat sich Ägypten laut einem Artikel der DW „sehr kooperationsbereit gezeigt“, etwa hinsichtlich humanitärer Hilfslieferungen über den Grenzübergang Rafah, der Ägypten mit den palästinensischen Gebieten verbindet. Die palästinensische Seite des Grenzübergangs wurde jedoch, sehr zum Unmut Ägyptens, im Mai 2024 von Israel übernommen. Seither kontrollieren israelische Truppen den Grenzübergang. Als Reaktion schloss Ägypten seine Seite dieses Grenzabschnitts. Daran will das Land festhalten, solange Israels Truppen die Kontrolle behalten. Die Beziehungen zwischen Israel und Ägypten sind entsprechend angespannt.
Aktuell laufen jedoch Gespräche über eine Waffenruhe in Gaza. Dazu befindet sich US-Außenminister Antony Blinken zurzeit in Ägypten. Wie der „ZDF“ berichtet, will der US-amerikanische Politiker „mit Regierungsvertretern über die Wiederbelebung der Gaza-Verhandlungen sprechen“. Sowohl Ägypten und die USA als auch Katar arbeiten hier als Vermittler. Ob die Gespräche von Erfolg gekrönt sind, bleibt abzuwarten. Die Aussichten auf ein Abkommen zwischen Israel und der Hamas sind zurzeit jedoch wenig vielversprechend (Stand: 18. September 2024).
Und was bedeutet das alles nun für Urlauber? Sind Reisen nach Ägypten trotz des Nahost-Konflikts sicher? Das Auswärtige Amt schreibt in seinen Sicherheitshinweisen für Ägypten, dass es die Sicherheitslage insgesamt als „stabil und ruhig“ einschätzt. Zugleich hat es eine Teilreisewarnung für Ägypten ausgesprochen.
Teilreisewarnung für Ägypten
Das Auswärtige Amt hat angesichts der aktuellen Lage Reisewarnungen für Israel und die Palästinensischen Gebiete sowie für die angrenzenden Länder Libanon, Syrien, Irak und Iran formuliert. Von Reisen in Teilgebiete Jordaniens wird dringend abgeraten. Auch für Teile Ägyptens gibt es eine Reisewarnung. So warnt das AA „vor Reisen in den Norden der Sinai-Halbinsel, das Gouvernorat Nordsinai und das ägyptisch-israelische Grenzgebiet“. Ausgenommen bleibt der unmittelbare Küstenabschnitt sowie der Grenzort Taba. In diesen Regionen fänden derzeit militärische Operationen statt, schreibt das AA. Der Grund seien terroristische Anschläge in der Vergangenheit. Im Gouvernorat Nordsinai gilt außerdem der Ausnahmezustand mitsamt nächtlicher Ausgangssperren. Außerdem ist die Straße von Suez nach Taba für alle nichtmilitärische Fahrzeuge gesperrt.
Eine Warnung spricht das Auswärtige Amt auch für Reisen in den angrenzenden Gazastreifen aus. Besonders die Überlandfahrt nach Rafah sei gefährlich. Der zwischen Ägypten und dem Gazastreifen gelegene Grenzübergang Rafah sei jedoch ohnehin nur unregelmäßig und auch nur für bestimmte Personen geöffnet. Weiter rät das Auswärtige Amt von „unbegleiteten, individuellen Ausflügen und Überlandfahrten im Süden der Sinai-Halbinsel“ ab. Gemeint ist hier vor allem das Gouvernorat Südsinai mit den Küstenorten Sharm el Sheikh, Dahab, Nuweiba und Taba am Roten Meer, ihrerseits beliebte Reiseziele, wie Sie in dieser Übersicht nachlesen können: Ägypten – die schönsten Reiseziele und besten Tipps.
Neben der Reisewarnung für Teile der Sinai-Halbinsel gibt das Auswärtige Amt weitere Warnungen für „entlegene Gebiete der Sahara einschließlich der Grenzgebiete zu Libyen und Sudan“ aus. Ohnehin verbieten die ägyptischen Behörden Reisen in die Grenzregionen zu Libyen und zum Sudan und haben diese zu Sperrgebieten erklärt. Unter Umständen gibt es Ausnahmegenehmigungen für Besucher von Ausflugszielen in entlegenen westlichen und südlichen Wüstengebieten. Allerdings müssen Urlauber dafür einen offiziell anerkannten Reiseanbieter nutzen.
Terrorismus
Neben der aktuellen Lage im Nahen Osten und ihren Auswirkungen auf Urlaube in Ägypten stellt sich auch angesichts einer Vielzahl weiterer Themen im Land die Frage, ob ein Urlaub sicher ist. Dazu gehört auch die nach wie vor aktuelle Gefahr terroristischer Anschläge.
So besteht generell im ganzen Land das Risiko, Opfer eines terroristischen Anschlags zu werden. Zwar richteten sich diese in der Vergangenheit meistens gegen Sicherheitsbehörden und koptische Einrichtungen, doch auch zivile Ziele und ausländische Staatsangehörige seien in Einzelfällen angegriffen worden, schreibt das AA. Hier ist das letzte Mal jedoch bereits fünf Jahre her: 2019 kamen durch eine Autobombe in Kairo mindestens 20 Menschen ums Leben, zahlreiche wurden verletzt. Bis 2021 galt in Ägypten der Ausnahmezustand. Doch auch jetzt kommt es mitunter zu verstärkten Sicherheitskontrollen, besonders nachts und bei Demonstrationen.
Politische Äußerungen, Drogen und Kleinkriminalität
Auch hinsichtlich der Gesetzgebung sollten Urlauber sich vorab informieren und entsprechend verhalten, damit ihre Reise nach Ägypten sicher bleibt. Wer sich etwa kritisch über das Land und dessen Politik äußert, muss mit Durchsuchung und Strafverfolgung rechnen. Derartige Kommentare, auch auf Social Media, können als „strafbare Beleidigung und Diffamierung Ägyptens oder des Staatspräsidenten bzw. als strafbares ‚Verbreiten falscher Nachrichten‘ angesehen werden“, heißt es beim Auswärtigen Amt.
Strafbar ist auch der Gebrauch von Drogen, selbst geringe Delikte werden hart bestraft. Die Strafen reichen von Gefängnis bis hin zur Todesstrafe. Strafbar sind in Ägypten auch Prostitution und Ehebruch, ebenso wie die Teilnahme an nicht offiziell genehmigten Demonstrationen. Des Weiteren ist es verboten, militärische und polizeiliche Einrichtungen, Fahrzeuge oder Personen sowie Gefängnisse zu filmen oder zu fotografieren. Drohnen sind nur mit vorheriger Genehmigung erlaubt.
Generell ist die Kriminalitätsrate in Ägypten „vergleichsweise niedrig“, wie das AA schreibt. Allerdings kämen kleinkriminelle Vorfälle wie Taschendiebstähle, aber auch Betrug und Erpressungen besonders durch Taxifahrer in Urlaubsregionen vor.
Allein reisende Frauen und LGBTQ+
Frauen müssen in Ägypten mitunter mit Übergriffen rechnen. Das Auswärtige Amt rät gerade allein reisenden Frauen, bei Dunkelheit keine Spaziergänge in Großstädten sowie außerhalb von Touristengebieten zu unternehmen.
Im Vergleich zu seinen muslimischen Nachbarn erscheint Ägypten in Sachen gleichgeschlechtlicher Partnerschaften auf den ersten Blick ein Stück fortschrittlicher. Denn: sexuelle Beziehungen zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern werden nicht explizit bestraft. Von sicheren Reisen in Ägypten für gleichgeschlechtliche Paare kann jedoch nicht die Rede sein. Denn: Es gibt weit gefasste Gesetze zum Schutz von Moral und Religion – und nach denen kann Homosexualität sehr wohl geahndet werden. So steht laut dem Auswärtigen Amt etwa „Unzucht“ unter Strafe. In diesem Fall muss mit Geld- und Gefängnisstrafen gerechnet werden. Laut dem AA wurde zwar bislang kein ausländischer Tourist deshalb strafverfolgt, es habe aber Verhaftungen und auch Abschiebungen von Ausländern gegeben. Ägyptische Behörden sollen zudem Dating-Apps nutzen, um LGBTIQ-Personen zu finden. Außerdem soll es einzelne Fälle Transgender-Reisender gegeben haben, bei denen es zu Schwierigkeiten bis hin zur Einreise-Verweigerung gekommen sei, ganz besonders, wenn Angaben im Reisepass nicht der Geschlechteridentität entsprochen hätten.
Minengefahr, Naturkatastrophen und Verkehr
Ob Urlaub in Ägypten sicher ist, kann auch von anderen äußeren Einflüssen abhängen. So besteht in Ägypten weiterhin die Gefahr, durch eine Mine verletzt zu werden. Laut des AA’s sind Minenfelder oftmals nicht ausreichend gekennzeichnet. Das gelte besonders auf der Sinai-Halbinsel, in nicht erschlossenen Küstenbereichen des Roten Meeres sowie am nicht erschlossenen Teil der Mittelmeerküste westlich von El Alamein und in den Grenzregionen zu Sudan und Libyen. Das AA rät entsprechend, in diesen Regionen nicht von regulären Straßen und Wegen abzuweichen.
In puncto Naturgefahren muss in Ägypten unter anderem mit Erdbeben gerechnet werden, da das Land in einer seismisch aktiven Zone liegt. Auch Haie können mitunter zur Gefahr werden. So gab es laut AA etwa im Juni 2023 einen Todesfall durch einen Haiangriff in Hurghada sowie zwei ähnliche Fälle im Sommer 2022.
Auch in Sachen Verkehr bestehen in Ägypten gewisse Risiken. So ist etwa das Schienennetz teilweise so alt, dass es immer wieder zu schweren Unfällen kommt. Auf den Straßen wird mitunter so riskant gefahren, dass die Unfallgefahr sehr hoch ist. Hinzu kommen Unfälle mit jedweder Art von Gefährt, da diese oftmals in einem schlechten Zustand sind. Zuletzt stieg außerdem die Zahl der Unfälle mit Touristen- und Tauchbooten.
Gesundheit
Es gibt außerdem verschiedene Krankheiten, mit denen Ägypten-Urlauber rechnen müssen, beziehungsweise vor denen sie sich schützen sollten. Dazu gehört etwa das Dengue-Fieber. Die Gefahr, von einer Aedes-Mücke gestochen zu werden, besteht besonders an der Küste zum Roten Meer und hier besonders in Hurghada sowie vereinzelt El Gouna und Al-Qusair. Ein Thema in Ägypten sowie in vielen anderen Reiseländern sind auch Durchfallerkrankungen, hier zuletzt wiederholt die EHEC-Erkrankung. Außerdem besteht Gefahr durch Hepatitis C, Schistosomiasis sowie durch Leishmaniose und das West-Nil-Fieber.
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Das sollten Sie bei einem Urlaub in Ägypten beachten
Bei einer geplanten Reise nach Ägypten ist der vielleicht wichtigste Hinweis angesichts der aktuellen Lage im Nahen Osten, sich gut zu informieren. Das heißt, vor und während der Reise das Geschehen im Auge zu behalten und sich sowohl in den lokalen als auch in den internationalen Medien zu informieren. So können Sie abschätzen, wie sich die Lage entwickelt und wissen, was aktuell wo passiert und ob sie reagieren müssen.
Darüber hinaus hat das Auswärtige Amt eine ganze Reihe an Ratschlägen für einen sicheren Aufenthalt in Ägypten veröffentlicht. TRAVELBOOK fasst die wichtigsten kurz zusammen:
- Halten Sie sich an die Reisewarnungen und sehen Sie von Reisen in die ausgewiesenen Gebiete ab.
- Seien Sie wachsam und beachten Sie die Sicherheitshinweise von Hotels und Reiseveranstaltern. Beachten Sie außerdem stets Verbote, Hinweisschilder und Warnungen und folgen Sie den Anweisungen des lokalen Sicherheitspersonals.
- Unternehmen Sie Tauch- und Schnorchel-Touren, Bergwanderungen sowie Ausflüge in die Wüste nur in hierfür lizenzierter ortsansässiger Begleitung. Auch bei Überlandfahrten empfiehlt es sich, eine ortskundige Begleitung dabei zu haben.
- Meiden Sie Menschenansammlungen und Demonstrationen sowie an Feiertagen die Nähe koptischer Einrichtungen. An Tagen wie dem Jahrestag des Sturzes des ehemaligen Präsidenten Mubarak (25. Januar) oder dem Revolutionsjahrestag (30. Juni) sollten Sie außerdem unbedingt religiöse Stätten, Universitäten und staatliche Einrichtungen meiden.
- Fahren Sie nur in Taxis mit eingeschaltetem Taxameter und bezahlen Sie erst nach dem Ausstieg am Fenster. Informieren Sie sich zudem vor Antritt der Fahrt über den ungefähren Preis.
- Vermeiden Sie Überlandfahrten auf Schienen und seien Sie generell im Straßenverkehr vorsichtig und wachsam.
- Lassen Sie sich hinsichtlich notwendiger Impfungen vom Reisemediziner beraten.
- Trinken Sie kein Leitungswasser. Bei Flaschenwasser achten Sie darauf, dass die Flasche zuvor nicht geöffnet wurde.