7. Mai 2019, 14:44 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Überfüllte Züge sind ärgerlich. Mit der neuen Auslastungsanzeige der Bahn sollen Reisende vorab gewarnt werden, wenn ein Zug bereits ausgelastet ist. TRAVELBOOK erklärt, wie das neue System der Deutschen Bahn funktionieren soll – und ob es überhaupt sinnvoll ist.
Wer regelmäßig mit der Bahn unterwegs ist, kennt das Problem: Nur weil man ein Zugticket für viel Geld gebucht hat, heißt das nicht, dass man auch einen Sitzplatz bekommt. Wer auch an hochfrequentierten Tagen wie Freitag oder Sonntag sicherstellen wird, dass er sitzen kann, kauft dementsprechend oft eine Sitzplatzreservierung. Dafür ist jedoch Voraussetzung, dass man selber die Auslastung in dem gewünschten Zug in etwa abschätzen kann. Das will die Deutsche Bahn nun ändern – und zwar mit einer neuen Anzeige.
Die wird schon bei der Buchung angezeigt und funktioniert nach einem Ampel-Prinzip: Ist die Anzeige grau, ist der Zug wenig ausgelastet, bei orange sollte man einen Platz reservieren und bei rot den Zug am besten ganz meiden. Dann ist auch keine Ticketbuchung oder Sitzplatzreservierung mehr möglich.
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Wie wird die Auslastung berechnet?
Der neue Service wird derzeit auf bahn.de getestet. Ab 9. April soll er auch in der DB-App verfügbar sein. Die Informationen zur Auslastung beziehen sich immer auf den gesamten Zug, also erste und zweite Klasse und sind frühestens 28 Tage vor Abreise verfügbar.
Um das Reiseaufkommen abzuschätzen, werden verschiedene Faktoren berücksichtigt, wie die Deutsche Bahn TRAVELBOOK mitteilte. Eine Rolle spielen demnach Erfahrungswerte, z.B. wie der Zug im vergangenen Jahr zur gleichen Zeit besetzt war und wann bestimmte Strecken, z.B. für Pendler, besonders stark frequentiert sind. Hinzu kommen bereits bestehende Buchungen.
Was ändert sich durch die neue Auslastungs-Anzeige?
Das ist die große Frage. Denn Vielfahrer wissen, dass es Warnungen vor ausgebuchten Zügen bereits vor Einführung der neuen Auslastungsanzeige gab. Bisher gab es zwei Stufen: Ein graues Ausrufezeichen warnte vor einem fast ausgebuchten Zug, ein rotes Ausrufezeichen vor dem bereits komplett ausgelasteten Zug. Diese Warnungen waren zwar nicht 28 Tage vor Abfahrt verfügbar – doch wie sicher eine so frühzeitige Prognose, immerhin einen Monat vor Reise, ist, lässt sich bisher noch nicht absehen. So verweist man auch auf der Website der Deutschen Bahn darauf, dass die tatsächliche Situation von der Vorhersage abweichen kann.
Klar ist allerdings, dass Reisende nun deutlich häufiger auf ein hohes Reisenden-Aufkommen hingewiesen werden, wie eine Sprecherin der Deutschen Bahn TRAVELBOOK bestätigte. Während die grauen Ausrufezeichen bisher sehr selten und sogar zu stark frequentierten Zeiten eine absolute Ausnahme waren, sehen nun Kunden deutlich häufiger die orangefarbene Anzeige, wie auch eine Stichprobe der Redaktion bestätigt.
Pro Bahn: System ist unzuverlässig
Nach Beobachtungen des Fahrgastverbandes Pro Bahn funktioniert die digitale Anzeige der Bahn in vielen Fällen noch nicht zuverlässig. Auch ein Hinweis à la „Wenn Sie noch keine Fahrkarte für diesen Zug gekauft haben, nutzen Sie bitte einen anderen“ erscheint bei manchen Verbindungen. Doch auch in diesen Zügen habe es meist noch vereinzelt freie Plätze gegeben, so Pro-Bahn-Sprecher Karl-Peter Naumann. Das deckt sich den Beobachtungen, die TRAVELBOOK zuletzt bei der Nutzung von Zügen der Deutschen bahn gemacht hat.
Das System sei erprobt und zuverlässig, teilt dagegen eine Sprecherin der Bahn auf Anfrage mit. Es könne aber im Einzelfall zu Abweichungen kommen, etwa wenn ein Zug ausfalle und Fahrgäste spontan auf andere Verbindungen auswichen. Zudem beziehe sich die Auslastungs-Info immer auf den ganzen Zug, nicht auf einzelne Wagen. Daher könne es vorkommen, dass die gefühlte Auslastung aus Sicht des Kunden nicht repräsentativ für die Gesamtbesetzung des Zuges sei.
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Wann Reservierungen sinnvoll sind
Wer bestimmte Wünsche habe, etwa einen Platz am Tisch oder als Gruppe zusammenzusitzen, für den sei eine Reservierung empfehlenswert, so Naumann. Man könne zudem bei fast jeder Reservierung im Internet sehen, welche Plätze schon gebucht seien – und entsprechend auf eine Reservierung verzichten, wenn noch genug Sitze frei sind.
Ob das neue System nun den Frust bei den Kunden einschränken oder aber zu mehr kostenpflichtigen Sitzplatzreservierungen führen soll, sei an dieser Stelle dahin gestellt …