23. April 2022, 6:38 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Zugfahren ist nicht bloß die umweltfreundlichere Alternative zum Fliegen, sondern offenbar eine, die man mit großem Selbstbewusstsein nutzen kann. Dem hat ein Schwede einen Namen gegeben: Zugstolz. Aber dahinter steckt noch viel mehr…
Das Bewusstsein für den Klimawandel und unseren ökologischen Fußabdruck nimmt zu – und so auch die Möglichkeiten, Reisen umweltfreundlicher zu gestalten. Ein Kernthema in diesem Zusammenhang ist das An- und Abreisen, und empfohlen, wenn möglich die Bahn (statt dem Flieger) zu nehmen. Zugstolz ist damit aber noch nicht erklärt.
Schwede prägt den Begriff Zugstolz
Erdacht hat den Begriff der schwedische Journalist Emanuel Karlsten (original: tågskryt) und erstmals in der Tageszeitung Göteborgs-Posten gebraucht. Und man würde wohl meinen: als Antwort auf die 2019 zum Unwort des Jahres gewählte Flugscham. Wir erinnern uns, der Neologismus beschreibt das persönliche Schamgefühl für die Teilnahme am Flugverkehr. Dieser ist ja – spätestens seit der „Fridays for future“-Bewegung – bei immer mehr Menschen verpönt.
Aber nein, „lasst das mit dem Fliegen und fahrt stolz mit dem Zug“, ist es nicht, was Karlsten sagen will.
Zugstolz als „Statussymbol der bewussten Mittelklasse“
Der Schwede hat seinen Zugstolz, der inzwischen zu einem verbreiteten Hashtag geworden war, im Gespräch mit der „Zeit“ erklärt – als ein „Statussymbol der bewussten Mittelklasse“. Wer sich mit tågskryt brüste, nehme sich öffentlich und medienwirksam viel Zeit, um möglichst umweltbewusst auch weitere Strecken zurückzulegen. Er ist sozusagen etwas Besseres.
Karlsten meint das keineswegs verächtlich. Vielmehr sei es ein typischer Zug seiner Landsleute. Demnach wollten Schweden stets behaupten können, das Richtige getan zu haben. Die Kritik richtet sich in der Konsequenz viel mehr gegen die Macht des Internets und die Tatsache, dass sein Hashtag (wie so viele vorher und danach auch) zu einer Bewegung wurde. Mithilfe von Hashtags stellten sich die Menschen in den Sozialen Medien dar, wie sie gern wahrgenommen werden wollen. Doch am Ende steigen sie – wenn auch mit Flugscham – doch in den Flieger.
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Interpretieren Sie den Begriff auf Ihre Weise!
Bevor wir Ihnen das alles erzählt haben, dachten Sie sicher, „Zugstolz“ wolle uns das Gefühl der Flug- und Reisescham nehmen. Und warum auch nicht! Reisen wollen wir ja weiterhin, manchmal müssen wir es auch; und wenn wir es tun, wollen wir es genießen (dürfen). Mit dem Zug eine Transportmöglichkeit zu nutzen, die derzeit für größere Entfernungen die umweltschonendere ist – auf jeden Fall ein Schritt in die richtige Richtung.