10. Juli 2020, 12:43 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
In Norditalien bei Parma gibt es ein riesiges Labyrinth, das nach Angaben des Betreibers das größte der Welt ist. Ein italienischer Kunstmäzen hat sich mit dem millonenschweren Anwesen einen Kindheitstraum erfüllt. Und der Irrgarten selbst ist nicht die einzige Attraktion auf dem insgesamt acht Hektar großen Areal.
Wer sich Luftaufnahmen von der Gegend rund um den kleinen Ort Fontanellato bei Parma ansieht, wird ihn schnell entdecken: ein riesiger grüner Stern, dessen Inneres von unzähligen parallel verlaufenen Linien durchzogen ist, sticht aus der ansonsten kleinteilig parzellierten Landschaft hervor. Worauf wir hier blicken, ist das größte Labyrinth der Welt, das circa zehn Fußballfelder (68 x 105 Meter) groß ist.
Der bekannte italienische Designer und Verleger Franco Maria Ricci hat sich mit dem Riesen-Irrgarten einen Kindheitstraum erfüllt. „Als ich klein war, kamen ab und zu Zigeuner mit ihren Schaustellerwagen nach Parma und haben ein Spiegelkabinett aufgebaut. Das hat mich sehr fasziniert“, berichtet der heute 82-Jährige auf TRAVELBOOK-Nachfrage. Später, als Student der Geologie, habe er dann bei Ausgrabungen unterirdische Labyrinthe entdeckt.
Schließlich war es seine Freundschaft mit dem erblindeten argentinischen Schriftsteller Jorge Luis Borges (†1986), die seine Leidenschaft für Irrgärten neu entfachen ließ. Borges war berühmt für seine fantastischen Erzählungen, in denen häufiger Labyrinthe vorkommen, darunter die Werke „Fiktionen“ (1944) und „Das Aleph“ (1949/1952). Er besuchte Ricci häufiger auf dessen Anwesen in Parma. „Die Bahnen, die seine zögerlichen Schritte eines Blinden in Räumen zeichneten, welche für mich völlig simpel und vertraut waren, ließen mich an die Unsicherheit derer denken, die sich zwischen Verzweigungen und Rätseln bewegen“, erklärt Ricci. Und so entstand, zuerst als Wunschtraum und dann immer konkreter, die Idee, sich ein eigenes Labyrinth zu erschaffen.
Mithilfe eines Architekturstudenten entwarf Ricci in den 90er-Jahren die ersten Pläne für das größte Labyrinth der Welt. Die ersten Spatenstiche folgten 2006. Fast zehn Jahre lang wurde unermüdlich an der Fertigstellung des Irrgartens gearbeitet, und im Frühjahr 2015 war es endlich so weit: Die ersten Besucher wurden in das Labyrinth gelassen und durften sich daran versuchen, selbstständig wieder herauszufinden.
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„Mein Labyrinth ist wirklich sehr groß, und es passiert leicht, dass man sich darin verirrt“, sagt Franco Maria Ricci zu TRAVELBOOK. Tatsächlich ist das bereits mehrfach vorgekommen. Aber Angst haben braucht trotzdem niemand: Für den Fall, dass jemand den Ausgang nicht mehr findet, gibt es eine Notfallnummer – sofern man ein Handy bei sich hat. „Dann kommt jemand und begleitet Sie zum Ausgang“, erklärt Ricci.
Das Labyrinth wurde nicht, wie sonst üblich, mit typischen Heckenpflanzen angelegt, sondern mit verschiedenen Arten von Bambus. Damit ging es wesentlich schneller, als wenn man etwa Buchsbaum gepflanzt hätte. Etwa 60.000 Bambusse waren notwendig, um das 7 Hektar (etwa 10 Fußballfelder) große Areal mit Gängen zu durchziehen. Die Kosten bislang: etwa 10 Millionen Euro.
Ein Besuch lohnt sich aber nicht allein, um sich am Irrgarten zu versuchen. In dem herrschaftlichen Gebäude, das in der Mitte des Labyrinths steht, ist eine Ausstellung mit den Werken aus Riccis riesiger Kunstsammlung zu sehen, außerdem eine Bibliothek mit berühmten Buchdrucken und Typografien. „Komplettiert wird diese historische Sammlung natürlich mit all den Büchern, die Franco Maria Ricci während seines 50-jährigen Wirkens herausgegeben hat“, heißt es auf der Website des Projekts.
Ricci zählt zu den bekanntesten Verlegern Italiens. Unter anderem hat er mit seinem Verlagshaus die renommierte Kunstzeitschrift FMR gegründet, die alle zwei Monate auf Italienisch, Deutsch, Englisch, Französisch und Spanisch erscheint. Zudem besitzt Ricci in Italien mehrere Buchläden. Einen Buchladen gibt es auf dem Gelände des Labyrinths ebenfalls. Außerdem ein Restaurant und einen Shop mit lokalen Produkten aus der Region, und in der pyramidenförmigen Kapelle im Labyrinth können Paare sich sogar trauen lassen. Zudem stehen Gästezimmer zur Verfügung, in denen Besucher über Nacht bleiben können.
Ricci will sich auch um einen Eintrag ins Guinnessbuch der Rekorde bemühen. Es sei nun mal das größte Labyrinth der Welt, erklärt der Erbauer nicht ohne Stolz. Und daran gebe es nichts mehr rütteln. Den begehrten Eintrag hat allerdings seit 2018 ein anderes Labyrinth inne: das Yancheng Dafeng Dream Maze in Yancheng in China. Und das, obwohl es mit seinen knapp 3,5 Hektar nur etwa halb so groß ist wie das Labirinto della Masone in Italien.
Adresse: Strada Masone 125, Fontanellato, Parma. Öffnungszeiten im Sommer: Täglich von 10.30 Uhr bis 19 Uhr. Eintritt: 18 Euro pro Person, in der Gruppe 15 Euro.