10. Dezember 2024, 7:07 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Die Bouvetinsel im Atlantischen Ozean ist die einsamste Insel der Welt. Zwischen Südafrika und der Antarktis gelegen, ist sie mehr als 1500 Kilometer vom nächsten Festland entfernt. Dennoch beanspruchten gleich mehrere Nationen den unbewohnten, fast vollständig von Eis bedeckten Felsen in der Vergangenheit für sich. Heute wird die Insel nur noch für Forschungszwecke genutzt – und offenbar auf kuriose Weise von Steuerbetrügern.
Unter den gottverlassensten Flecken dieser Erde beansprucht die Bouvetinsel im Südatlantik einen absoluten Spitzenplatz. Vom nächsten Festland mehr als 1500 Kilometer entfernt, gilt sie sogar als einsamste unbewohnte Insel der Welt. 49 Quadratkilometer groß, ist sie fast vollständig von Eis und Gletschern bedeckt. Zwar gibt es kein menschliches Leben hier, aber mit Pinguinen, Robben und Seevögeln zu tausenden eine einzigartige und seit 1971 als Naturreservat besonders geschützte Fauna. Trotzdem hat der Felsen im Eismeer eine bewegte und teils skurrile Vergangenheit.
Laut „Atlas Obscura“ wurde die Bouvetinsel erstmals am 1. Januar 1739 von dem französischen Kapitän Jean-Baptiste Lozier Bouvet entdeckt, nach dem der karge Flecken noch heute benannt ist. Wegen einer falschen Berechnung seiner geografischen Lage dauerte es jedoch fast 80 Jahre, bis der Brite James Lindsay ihn im Jahr 1808 wiederfand. Da er annahm, es handele sich um eine andere Insel, nannte er sie nach sich selbst Lindsay Island. 1825 dann erhob zum ersten Mal eine Nation offiziell Anspruch auf das Ödland, als der Walfänger Captain Norris es quasi zum dritten Mal entdeckte, für die britische Krone beanspruchte, und in Liverpool Island umbenannte.
Nur Tiere leben hier permanent
Damit waren aber nun wiederum die Norweger nicht einverstanden, die ihrerseits am 1. Dezember 1927 auf der Bouvetinsel landeten und ihre Landesflagge dort hissten. Sie tauften sie in ihrer Sprache Bouvetøya und damit wieder nach dem ursprünglichen Entdecker. Der Name hat bis heute Bestand, denn dem norwegischen Polarinstitut zufolge verzichtete Großbritannien im Jahre 1929 auf den Anspruch auf die Insel. Die Skandinavier hatten sie als potenziellen Walfanghafen vorgesehen, verzichteten aber schon mit Inbesitznahme der Insel auf jegliche Art von Jagd.
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Die lokale Robbenpopulation wurde noch 1929 unter strengen Schutz gestellt. Heute ist sie dank dieser Maßnahmen auf schätzungsweise 65.000 Tiere angewachsen. Hinzu kommen noch fast 5000 Pinguine. Permanentes menschliches Leben gibt es hier nicht, die Insel wird aber mitunter von norwegischen und internationalen Wissenschaftlern zu Forschungszwecken genutzt. Der einzige Hinweis, dass hier jemals Menschen einen Fuß an Land gesetzt haben, ist eine meteorologische Station, in der bis zu sechs Personen für zwei bis vier Monate leben könnten. Auch Kreuzfahrtagenturen haben die einsamste Insel der Welt mitunter in ihrem Programm.
Mysteriöse Vorfälle
Umso erstaunlicher ist es, dass die Bouvetinsel in der Vergangenheit Schauplatz gleich mehrerer mysteriöser Vorfälle war. So wurde hier im Jahr 1964 ein verlassenes Boot entdeckt, in dem sich zahlreiche Vorräte befanden. Von der Crew jedoch fehlt bis heute jegliche Spur. Noch geheimnisvoller ist ein Ereignis aus dem Jahr 1979, das als „Vela-Zwischenfall“ in die Geschichte einging. Am 22. September dieses Jahres zeichnete ein US-amerikanischer Satellit namens Vela zwischen der Bouvetinsel und den zu Südafrika gehörenden Prinz-Edward-Inseln einen grellen, doppelten Lichtblitz auf. Um dieses Ereignis ranken sich bis heute die wildesten Spekulationen.
Denn die Art von Lichtblitzen, wie sie an diesem Tag auftauchten, werden typischerweise von einer Kernwaffenexplosion verursacht. So gibt es die Annahme, es könne sich dabei um einen streng geheimen Atombombentest gehandelt haben, den Israel und Südafrika gemeinsam durchführten. Eine von den USA eingesetzte Aufklärungskommission konnte jedoch keine stichhaltigen Nachweise dafür liefern. Beide Nationen bestreiten den Vorfall und eine Beteiligung daran bis heute. Fakt ist aber, dass Südafrika in den 1970er-Jahren die Entwicklung einer eigenen Kernwaffe vorantrieb. Im März 1975 verhandelte Israel zudem mit dem Staat über den Ankauf solcher Waffen.
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Steuerbetrüger und eine Internetdomain
In den vergangenen Jahren machte die Bouvetinsel aber noch wegen einer anderen, skurrilen Geschichte Schlagzeilen. Denn wie die australische Nachrichtenseite „ABC“ berichtet, gaben offenbar einige Bürger des Kontinents bei ihrer Steuererklärung den einsamen Felsen als festen Wohnsitz an. Demnach sei Geld im Wert von 2,5 Millionen Dollar als Eigentum von Menschen angegeben worden, die dort ansässig seien. Auch die zu Australien gehörenden subantarktischen McDonald-Inseln sowie die Heard-Insel wurden offenbar für derartige Steuerbetrügereien missbraucht.
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Noch skurriler mutet es an, dass die Bouvetinsel sogar über eine eigene Internetdomain verfügt. Demnach gibt es tatsächlich die Endung „.bv“. Laut dem offiziellen norwegischen Internetregister Norid wurde diese bereits im Jahr 1997 registriert, jedoch bis heute noch nie benutzt. Damit könnte man die Domain vielleicht scherzhaft, aber passend, als einsamste der Welt bezeichnen. Ganz im Sinne der Insel, nach der sie benannt ist. Die Bouvetinsel liegt 2400 Kilometer von Südafrika und 1600 Kilometer von der Antarktis entfernt im Südatlantik. Sie ist damit die einsamste unbewohnte Insel der Welt.