22. Mai 2022, 15:49 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Der Berkeley Pit im US-Bundesstaat Montana entstand aus einer der einst größten Kupferminen der Welt. Über Jahrzehnte angefüllt mit deren Abwässern, ist er heute einer der giftigsten Seen unseres Planeten. Und dennoch könnte gerade diese Giftgrube helfen, ein Heilmittel gegen den Krebs zu finden.
Nahe der Stadt Butte im US-Bundesstaat Montana liegt einer der gefährlichsten Orte der gesamten Vereinigten Staaten. Die Rede ist von einer knapp 500 Meter tiefen Grube, angefüllt mit Millionen von Kubikmetern an hochgiftigem Wasser. Derart gigantisch sind die Ausmaße des sogenannten Berkeley Pit, dass es auf Luftaufnahmen nur aussieht wie ein gewaltiges schwarzes Loch. Und dennoch könnte dieser unwirtliche, ja potentiell tödliche Ort, einen Durchbruch in der Krebsforschung bergen.
Der Berkeley Pit war einst eine der größten Kupferminen auf der ganzen Welt. Laut der Seite „Visit Montana“ nahm diese 1955 ihren Betrieb auf, verschlang in der Folge immer mehr Land. Dem Hunger nach Rohstoffen fielen die Gemeinden Meaderville und McQueen zum Opfer, genauso wie ein Teil von Buttes East Side. Die Minengesellschaft kaufte den Menschen ihre Häuser ab, opferte genauso Geschäfte und Schulen ihrer Jagd nach dem Kupfer. In der Folge wuchs die Grube, die heute als Berkeley Pit bekannt ist, auf schier gigantische Ausmaße an.
Leben in dem tödlichen Wasser
Gut 2100 Meter ist sie heute lang, 1700 Meter breit und fast einen halben Kilometer tief. Bis zu ihrer Schließung im Jahre 1982 gewann man hier mehr als 290 Millionen Tonnen Kupfererz. Dafür bewegte man unvorstellbare 1,5 Milliarden Tonnen Abraum aus der Grube, die heute als das Berkeley Pit berüchtigt ist. Denn der „New York Times“ zufolge füllte sich das gewaltige Loch mit der Zeit mit Wasser, welches mit zahlreichen giftigen Chemikalien „angereichert“ ist – unter ihnen Schwefelsäure, Cadmium, Arsen, Aluminium und Zink.
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In der Folge wurde der Berkeley Pit zu einem der giftigsten Orte im ganzen Land. Als 1995 hier ein Schwarm Gänse auf der Wasseroberfläche landete, verendeten die Tiere innerhalb weniger Stunden qualvoll. Und auch ein Mensch würde laut „Visit USA“ an Verätzungen sterben, wenn er größere Mengen aus der Giftgrube tränke. Umso erstaunlicher ist es daher, dass es in dem verseuchten Wasser tatsächlich Leben gibt, oder besser gesagt: Lebensformen. Und zwar gleich eine ganze Vielzahl an Pilz- und Bakterienarten.
Erfolge bei der Krebsbekämpfung
Wie die „New York Times“ berichtet, sind diese Funde einen Wissenschaftler-Ehepaar zu verdanken, das bis 2007 hier allein 142 Organismen nachwies. Und mit, bzw. dank ihnen, 80 chemische Verbindungen, die sonst so nirgendwo auf der Welt zu finden sind. Schon ab 2004 verbuchten die Stierles, die ganz in der Nähe des Berkeley Pit ihr Labor betrieben, vielversprechende Entdeckungen auf dem Gebiet der Krebsforschung.
Denn zwei der chemischen Verbindungen, die die Stierles isolieren konnten, zeigten Erfolge bei der anfänglichen Bekämpfung von Brust- und Eierstockkrebs. Dies wiesen sie anhand von Untersuchungen nach, die in zwei Fachzeitschriften für organische Chemie veröffentlicht wurden. Mikroben aktivieren in lebensfeindlichen Umgebungen demnach mitunter Gene, dank derer sie chemische Verbindungen herstellen können, die ihnen beim Überleben helfen.
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Ein tödlicher See als Touristenattraktion
Und vielleicht auch eines Tages dem Menschen. Doch schon kurz nach ihrer Entdeckung dämpften die Stierles allzu euphorische Erwartungen. Bis im Idealfall ein entsprechendes Medikament auf dem Markt gebracht werden könne, würden Jahre vergehen. Die Stierles haben sich laut dem Magazin „Chemical and Engineering News“ aber mittlerweile darauf verlegt, aus den Mikroorganismen aus dem Berkeley Pit in Zukunft möglicherweise Antibiotika zu gewinnen.
Bleibt zu hoffen, dass andere Wissenschaftler das Werk des Forscher-Ehepaars fortführen. Der Berkeley Pit, einer der giftigsten Seen der ganzen Welt, existiert unterdessen weiter, und ist sogar zu einer kleinen Touristenattraktion geworden. Für zwei Dollar kann man ihn sich von März bis November von einer Aussichtsplattform aus ansehen. Laut „Visit USA“ ist er damit einer der wenigen Orte auf der Welt, an denen Menschen dafür bezahlen, sich Giftmüll anzusehen.