15. Juni 2020, 14:38 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Der Global Peace Index zeigt, welche Länder friedlicher geworden sind und in welchen sich die Lage verschlechtert hat. Demnach ist Südamerika 2020 erneut unsicherer geworden. Ein Hauptkrisenherd ist bis heute Venezuela. Aber auch in anderen Ländern in der Region geht es weniger friedlich zu.
Der Global Peace Index (GPI) des renommierten Institute for Economics and Peace (IEP) zeigt einmal im Jahr, wie die Lage in der Welt ist und ermittelt die friedlichsten und unfriedlichsten Länder der Erde. Anhand von 23 Kriterien wird der Weltfrieden vor allem auf drei Bereiche hin überprüft: gesellschaftliche Sicherheit, anhaltende nationale und internationale Konflikte und der Grad der Militarisierung. Auch die COVID-19-Pandemie spielte im GPI 2020 eine Rolle.
2020 ist es auf der Welt ingesamt weniger friedlich als noch im Vorjahr. Nur zwei von neun Regionen haben sich überhaupt verbessert. Das hat auch mit der Corona-Krise zu tun. In Südamerika verschlechterte sich die Lage im Vergleich zu den anderen Regionen am dramatischsten. In allen drei, von den Machern des GPI untersuchten Bereichen hat sich die Situation auf dem Teilkontinent zugespitzt. Der Grund: zunehmende politische Instabilität und gewaltsame Unruhen. Im Regionen-Vergleich steht Südamerika aktuell auf Platz fünf (von neun) der friedlichsten Regionen und damit erstmals seit 2016 hinter Nachbar Zentralamerika und Karibik.
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Uruguay ist das friedlichste Land Südamerikas
Laut den Autoren des GPI ist die Situation in fünf Ländern Südamerikas besser, weil friedlicher geworden. Eins davon ist Uruguay, das friedvollste südamerikanische Land in diesem Jahr. Im Ländervergleich kommt der Staat auf Platz 35 von insgesamt 163. Das schiebt Chile von seiner Spitzenposition. Das Land war im GPI 2019 noch das friedlichste südamerikanische Land, wurde im vergangenen Jahr jedoch von massiven Bürgerunruhen durchgeschüttelt und steht aktuell nur noch auf Gesamtplatz 45 (2019: Platz 27).
Das gefährlichste südamerikanische Land bleibt auch in diesem Jahr Venezuela, das gerade mal auf Platz 149 kommt und damit nicht nur fünf Plätze abfällt, sondern auch unter den 15 am wenigsten friedlichen Staaten der Welt ist. Der Grund für die prekäre Friedenssituation ist der anhaltende Konflikt im Land. Dessen Folgen wirken sich auch auf die Nachbarländer aus, sodass sich die politische Instabilität insgesamt verschärft hat.
Das sind die 10 gefährlichsten Länder Südamerikas 2020 (in Klammern die Platzierung im weltweiten Ranking von 163 Ländern):
- Venezuela (149)
- Kolumbien (140)
- Brasilien (126)
- Ecuador (90)
- Bolivien (86)
- Peru (84)
- Guyana (82)
- Paraguay (75)
- Argentinien (74)
- Chile (45)
Venezuela, Chile und Ecuador verschlechtert
Venezuela zeigt mit einem Punktabfall von 7,5 Prozent den größten Abwärtstrend in seiner Region und den drittgrößten im weltweiten Vergleich. Das krisengeschüttelte Land erlebt weiter politische und soziale Unruhen. Zunehmende Gewalt und Knappheit an Ressourcen sorgen für ansteigende Flüchtlingszahlen, mehr als zehn Prozent der Menschen gelten mittlerweile als Flüchtlinge und Binnenvertriebene.
Das Auswärtige Amt rät von Reisen nach Venezuela klar ab und mahnt zur erhöhten Vorsicht, sollte man in Venezuela unterwegs sein. Seit Januar 2019 kommt es überall im Land zu politischen Protesten, Demonstrationen und teils gewalttätigen Auseinandersetzungen, auch wenn die Protestaktionen seit Ende 2019 deutlich weniger geworden sind. Der im Mai 2016 verhängte Ausnahmezustand über das ganze Land und der wirtschaftliche und medizinische Versorgungsnotstand bestehen weiterhin. Lesen Sie hier die Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amtes für Venezuela.
Auch Chile erlebte ein überaus unruhiges Jahr, das zum zweitgrößten Abfall in Sachen Frieden in der Region führte und zum fünftgrößten weltweit. Noch 2019 das friedlichste Land in Südamerika, löste die Preiserhöhung der Metro-Tickets im Oktober 2019 einen landesweiten Konflikt mit zivilen Unruhen und teils gewaltsamen Massenprotesten gegen Ungleichheit aus. Mindestens 25 Menschen starben. Lesen Sie hier die Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amts für Chile.
Zur gleichen Zeit erlebte auch Ecuador intensive und teilweise gewaltsame Proteste, nachdem die Regierung im Oktober entschied, langjährige Treibstoffsubventionen zu kürzen. Massive Sachbeschädigungen und Störungen des Geschäftsalltags waren die Folge. Die Regierung entschied schließlich, die Kürzungen der Subventionen wieder rückgängig zu machen, wodurch sich die Lage wieder entspannte. Hier lesen Sie die aktuellen Reise- und Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amts für Ecuador.
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Brasilien rutscht weiter ab, Kolumbien ist friedlicher
In Brasilien bleibt die Lage weiterhin schlecht. Das Land ist im Vergleich zum Vorjahr zehn Plätze im weltweiten Ranking gefallen, von Platz 116 auf 126 und bleibt so das drittgefährlichste Land Südamerikas. Die andauernde Problematik der Drogenkriege und der organisierten Kriminalität bleiben ebenso bestehen wie die politischen Unruhen, die zum Teil zu gewaltsamen Protesten führen. Neben den generellen Warnungen rät das Auswärtige Amt Brasilien-Reisenden zur Zeit besonders von Reisen in die Grenzgebiete zu Venezuela ab. Alle Hinweise des Auswärtigen Amts zu Brasilien lesen Sie hier.
Kolumbien – noch immer zweitgefährlichstes Land in der Region – ist im Ranking immerhin drei Plätze nach oben geklettert, von Platz 143 auf 140. Obwohl Kolumbien im vergangenen Jahr einen Anstieg ziviler und politischer Unruhen erlebte, stieg der Frieden in dem Land um 0,2 Prozent. Indiz dafür ist z.B. die sinkende Mordrate. Auch hinsichtlich des politischen Terrors hat sich die Lage etwas verbessert.
In Argentinien, Paraguay und Guyana ist die Situation insgesamt friedlicher als noch im vergangenen Jahr. Guyana ist im Weltranking zehn Plätze nach oben gesprungen (von 92 auf 82). Und auch Paraguay klettert auf der Friedensleiter ein großes Stück höher, von Platz 88 auf 75. Argentinien schafft zumindest einen Schritt von Platz 75 auf 74 und ist so das drittsicherste Land der Region.
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Ohnehin angespannt, hat sich die Situation in Südamerika auch durch den Konflikt in Venezuela weiter verschlechtert. Die Flucht zahlreicher Menschen aus der prekären wirtschaftlichen und politischen Situation übt zunehmend Druck auf die Nachbarländer aus, die ihrerseits häufig mit politischer Instabilität, Terrorismus und Drogenkriegen zu tun haben.
Die größten regionalen Verschlechterungen zeigen sich laut den Machern des GPI im Bereich der Sicherheit. Die Inhaftierungsrate habe sich deutlich verschlechtert und die Wahrscheinlichkeit gewaltsamer Demonstrationen sei signifikant gestiegen, heißt es im Bericht. Zwischen 2011 und 2018 habe Südamerika die zweithöchste Rate gewaltsamer Proteste erlebt, mit 34,6 Prozent der weltweiten Ausschreitungen. Die meisten davon in Venezuela.