10. Januar 2022, 13:38 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
In der Wüste Karakum öffnet sich seit Jahrzehnten ein weiter Krater, aus dem Flammen schlagen und in dem Glut glimmt. Ein einzigartiges Schauspiel, das Besucher fasziniert und Filmemacher inspiriert. Lange war das „Tor zur Hölle“, wie der Derweze-Krater auch genannt wird, eine Art Geheimtipp. Doch nun will der turkmenische Präsident das in Flammen stehende Erdloch schließen. TRAVELBOOK weiß, warum – und, dass es nicht das erste Mal ist, dass das Loch geschlossen werden soll.
Erst im Jahr 2018 benannte der turkmenische Präsident und autoritäre Machthaber Gurbanguly Berdimuhamedow das „Tor zur Hölle“ um. Fortan sollte es „das Leuchten von Karakum“ heißen. Doch nun soll die leuchtende Touristenattraktion ein Ende haben: Berdimuhamedow ordnet eine Schließung des Kraters von Derweze an.
Der Krater von Derweze schade der Umwelt und den in der Nähe lebenden Menschen, erklärte Berdimuhamedow im Staatsfernsehen. Außerdem wolle er das „Höllentor“ schließen lassen, um das austretende Gas gewinnbringend zu exportieren, anstatt es verbrennen zu lassen, wie unter anderen „BILD“ berichtet. Beamte sollen nun eine Lösung finden, wie das möglich ist. Berdimuhamedow gilt als Despot, der keine freie Presse oder Opposition zulässt.
Die Hintergründe des bizarren Schauspiels
Am Anfang war der Bohrturm. Der stand im Jahr 1971 mitten in der Wüste von Karakum in Turkmenistan, wo Geologen mit seiner Hilfe nach Erdgas suchten, bis er plötzlich im Boden versank. Der Grund: Unter dem Turm lag eine unterirdische Höhle, die mit Methangas gefüllt war. Als die Plattform einbrach, legte sie die Höhle frei und riss ein gewaltiges Loch in die Wüste. Das wäre nicht weiter schlimm gewesen, wenn, ja wenn dieser gewaltige Krater nicht Unmengen an giftigen Gasen freigesetzt hätte.
Die Wissenschaftler fackelten nicht lange, schließlich waren die angrenzenden Dörfer in Gefahr. Also steckten sie die Gaswolke an. Nach einigen Tagen, so ihre Hoffnung, wäre das Feuer erloschen und die Gefahr gebannt. Doch sie hatten sich geirrt. Das Feuer erlosch nicht nach wenigen Tagen. Auch nicht nach Wochen. Nicht mal nach Jahrzehnten. Es brannte weiter – und zwar bis heute.
Ein Hotspot in der Wüste
„Das Tor zur Hölle“: So nannten Dorfbewohner des nahe gelegenen Derweze (auch: Darvaza) den brennenden Krater, in dem wertvolles Gas einfach verpufft. Und doch erwies sich das Feuerloch als attraktive Einnahmequelle: Touristen aus der ganzen Welt machten sich auf den Weg nach Turkmenistan, um das „Höllenfeuer“ zu bestaunen.
Allerdings: Viele waren es nicht, die den mühsamen Weg auf sich nahmen. Immer noch gehört Turkmenistan zu den weltweit am meisten isolierten Ländern, nur 12.000 bis 15.000 Touristen kommen jährlich in das autokratisch regierte Land.
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Der Krater von Derweze: Keine Attraktion für jedermann
Abgesehen von der politischen Situation ist auch das Klima in der Wüste nicht gerade einladend: Im Sommer klettert das Thermometer auf bis zu 50 Grad, im Winter fällt es auf 20 unter null. Und wer zum Krater will, hat es nicht leicht. Es gibt keine Schilder, nur Ortskundige weisen den Weg.
Kein Wunder, dass es vor allem Menschen mit besonderen Anliegen waren, die sich auf die Reise ans Tor zur Hölle machten. So sind etwa Anhänger von satanischen Sekten oder Gläubige unter den Besuchern, die in dem Schauspiel die Vorboten der Apokalypse auszumachen glauben. Oder Fans außergewöhnlicher Orte, die einen besonderen Kick versprechen. Wohl auch deswegen gehört der Krater zu den „1000 Orten, die man sehen sollte, bevor man stirbt” – zumindest, wenn man dem gleichnamigen Bestseller Glauben schenkt.
Inzwischen nehmen immer mehr Abenteuerlustige die harte Anreise auf sich, um dem Krater ganz nah zu sein – und, natürlich, ein spektakuläres Foto posten zu können.
Dem Höllenfeuer drohte schon einmal das Aus
Der Diktator von Turkmenistan konnte sich schon in der Vergangenheit zunächst nicht für das Feuer erwärmen, das sich aus den Erdgasreserven des Landes nährt, für die man auf dem Weltmarkt gute Preise erzielen könnte. Nach einem Besuch am Krater im Jahr 2010 ordnete er an, das Feuer zu löschen und das „Tor zur Hölle“ zu schließen. Oder dass zumindest andere Maßnahmen ergriffen werden, um die Reserven zu schützen.
Doch dann setze der Despot wieder auf die Touristenattraktion. Seit einigen Jahren nämlich öffnet sich Turkmenistan dem Tourismus und investiert Milliarden in Hotels und Infrastruktur. 2013 wurde in der Karakum-Wüste auf 90.000 Hektar ein staatliches Schutzgebiet ausgewiesen, das auch den Derweze-Krater einschließt. Ziel sei es, eine der größten Wüsten des Planeten zu erhalten und seine Umweltprobleme zu lösen.
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Auch andere Orten mit touristischem Potenzial werden nach und nach für Urlauber attraktiv gemacht. Und im Zuge all dieser Maßnahmen wurde der Derweze-Krater zu einem Ziel für Abenteurer. Allerdings zu einem, dem nun abermals das Aus droht.