29. Mai 2021, 7:29 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Das Hotel Edén war einst das glanzvollste Luxus-Hotel in ganz Argentinien. Prominenz aus aller Welt war hier zu Gast – und auch zahlreiche ranghohe Nazis. TRAVELBOOK erzählt die ganze Geschichte.
Es ist der 26. Februar 1898, als in der argentinischen Provinz Córdoba in dem kleinen Ort La Falda, etwa 70 Kilometer von der Stadt Córdoba entfernt, ein Hotel eröffnet, wie es das Land noch nicht gesehen hat. Das Hotel Edén wird schnell zur nobelsten Adresse in ganz Argentinien, Polit-Prominenz und die internationale Geld-Elite geben sich die Klinke in die Hand. Sogar Gäste aus dem fernen Europa reisen an, gelockt von dem exzellenten Ruf des Hauses.
Das Hotel Edén ist zu seiner Zeit ein wahres Wunder, kaum ein anderes Haus weltweit kann es mit seinem Komfort und Luxus aufnehmen. Wie die argentinische Zeitung „Clarín“ berichtet, gibt es 100 Zimmer und 38 Badezimmer, einen gigantischen Speisesaal für 250 Gäste, eine Bibliothek, eine Bar und zwei Wintergärten. Das Hotel Edén verfügt sowohl über Strom als auch Zentralheizung und eine eigene Kühlkammer für Lebensmittel. Das Haus hat sogar seinen eigenen Schlacht- und Bauernhof.
Präsidenten und Könige zu Gast im Hotel Edén in Argentinien
Im Spielsalon kann man zwischen Tischtennis, Schach und Billard wählen, draußen wird entweder Tennis oder Boccia gespielt. Den Weinkeller des Hotel Edén füllen 10.000 Flaschen bester Tropfen aus aller Welt, 250 Angestellte sorgen dafür, dass es den wohlhabenden Gästen an nichts fehlt. Diese kommen häufig, um sich von der Tuberkulose zu erholen, die zur damaligen Zeit weltweit grassiert und noch nicht behandelbar ist.
Das Hotel Edén hat eine eigene Zuganbindung und ein hausinternes Postamt, die Wäsche wird täglich gewaschen. Sogar Eiscreme für die kleinen und großen Gäste stellt man hier selbst her. Und diese zählen zur absoluten Elite Argentiniens, unter anderem kommen im Laufe der Zeit die argentinischen Präsidenten Julio Argentino Roca, José Figueroa Alcorta, Agustín P. Justo und Roberto Marcelino Ortiz. Auch der spätere König Umberto II. von Italien checkt ein, genauso wie Edward von Windsor und der Schriftsteller Ruben Darío.
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Zwei deutsche Brüder übernehmen
Doch die teils deutsch-stämmigen Eigentümer des Hotels drücken gewaltige Schulden, denn der Bau und der Betrieb des Hotel Edén verschlingen Unsummen. So entschließen sie sich 1912 zum Verkauf des Hauses, die deutschen Geschäftsmänner und Brüder Bruno und Walter Eichhorn erwerben es. Die glanzvolle Geschichte des Hotels scheint zunächst weiter zu gehen, auch europäische Prominenz wie Albert Einstein besucht das Etablissement.
Die Brüder Eichhorn erhalten den Betrieb unter anderem dadurch aufrecht, dass sie das etwa 900 Hektar große Anwesen um das Hotel Edén herum aufteilen und verkaufen – manche sagen sogar, der Ort La Falda wäre erst dadurch überhaupt entstanden. Während des Ersten Weltkrieges erlebt das Haus seine Blütezeit, die Elite des Landes zieht sich hierhin zurück. La Falda wird eines der beliebtesten touristischen Ziele des Landes.
War Hitler im Hotel Edén in Argentinien?
Mitte der 1920er Jahre jedoch wendet sich das Blatt, wie auf der offiziellen Seite des „Hotel Edén“ nachzulesen ist. Zu dieser Zeit reisen Walter Eichhorn und seine Frau Ida regelmäßig nach Deutschland, wo sie 1924 in München Adolf Hitler kennenlernen. Erst 1995 kommt heraus, wie nahe sie sich anscheinend wirklich kamen. Damals veröffentlichte das FBI Akten, die belegen, dass die Eichhorns den Aufstieg Hitlers mit finanziellen Mitteln unterstützten. Es existieren zahlreiche Schriftstücke, in denen sich Hitler ausdrücklich für ihre Zuwendungen bedankt. Auch zur Hochzeit von Walter und Ida gratuliert Hitler persönlich.
1935 reist das Ehepaar von Argentinien nach Deutschland, wo es von Hitler für seine „enorme Unterstützung beim Aufstieg des Nationalsozialismus“ geehrt wird. Laut der Zeitung „Clarín“ wollen diverse Augenzeugen Hitler auch als Gast im Hotel Edén gesehen haben. Die Eichhorns sollen demnach nun auch durch das Hotel Unterstützer der nationalsozialistischen Idee rekrutieren.
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Geheimbotschaften direkt nach Berlin
Das Hotel Edén als solches prosperiert derweil zunächst weiter, man eröffnet einen eigenen Golfplatz, eine Werkstatt für die hauseigenen Autos und einen Friseursalon. Auch werden Telefonkabinen eingebaut, sowie Radioempfänger und Antennen zur Funk-Kommunikation. Angeblich konnte man so vom Hotel aus direkt mit Berlin kommunizieren und verschlüsselte Nachrichten schicken. Als 1939 im Rio de La Plata in der Nähe von Montevideo, der Hauptstadt Uruguays, das deutsche Kriegsschiff Graf Spee versenkt wird, fangen einige Besatzungsmitglieder danach an, im Hotel zu arbeiten.
Die argentinische Zeitung „La Voz“ berichtet, dass auch immer wieder hochrangige Nazis wie Adolf Eichmann und Josef Schwammberger das Hotel Edén besuchten. Als der Zweite Weltkrieg ausbrach, soll hier jedes Mal eine Party gefeiert worden sein, wenn Hitler-Deutschland einen militärischen Sieg errungen hatte. Und als sich abzeichnete, dass der Krieg verloren war, ließen sich dank der Verbindungen der Eichhorns zu Hitler etwa 1200 Deutsche in der Gegend um La Falda nieder. Noch heute ist der Ort bekannt für seine Häuser im alpinen Stil.
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Vergangenheit – und Zukunft?
1945 jedoch erklärt auch Argentinien Deutschland offiziell den Krieg, was kurz darauf das Ende des Hotel Edén als Nazi-Zufluchtsort bedeutet. Es wird beschlagnahmt und zwei Jahre später von den Eichhorns an ein Geschäfts-Konsortium verkauft. In den Folgejahren wechselt das Haus mehrfach den Eigentümer. 1965 erlebt es seine letzte Saison, von wiederholten Plünderungen schon stark gezeichnet. In den 70er Jahren wird das Haus schließlich teilweise saniert und 1988 zum historischen Monument erklärt.
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Seit 2006 ist der Ort ein historisches Museum, dass laut „Clarín“ vor Ausbruch der Corona-Pandemie überaus beliebt war. Zu den Führungen, die sowohl tagsüber als auch nachts stattfanden, seien jeweils etwa 200 Personen gekommen. Vielleicht ist dafür aber nicht nur die Vergangenheit des Hotel Edén verantwortlich, sondern auch zwei Hausgeister. Demnach soll hier unter anderem das Gespenst eines achtjährigen Mädchens umgehen, dass 1898 im Haus an Tuberkulose gestorben war. Und dann ist da noch die „weiße Frau“, bei der es sich um den Geist von Ida Eichhorn handeln soll.
Vor der Corona-Pandemie fanden in dem alten Hotel Edén auch Konzerte, Theaterstücke und Ausstellungen statt. Auch Hochzeitsfeiern und Geburtstage konnte man hier veranstalten. Die aktuellen Betreiber tun alles, um das Haus in eine würdige Zukunft zu führen.