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Beinhaus Hallstatt in Österreich

In dieser Knochenkapelle ruhen hunderte kunstvoll bemalte Schädel

Beinhaus Hallstatt
Das Beinhaus Hallstatt existiert seit dem 12. Jahrhundert. Seit etwa 1720 werden hier kunstvoll bemalte Schädel Verstorbener aufbewahrt Foto: picture alliance / Eibner-Pressefoto
Robin Hartmann Autorenkopf
Freier Autor

1. Februar 2025, 7:47 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten

In dem kleinen österreichischen Dorf Hallstatt gibt es eine der wohl skurrilsten Sehenswürdigkeiten in ganz Europa. Denn die Michaelskapelle neben der örtlichen katholischen Pfarrkirche beherbergt eine der größten Sammlungen an Totenschädeln weltweit. Doch nicht nur das, jeder von ihnen ist auf andere Weise kunstvoll verziert. Was es mit dem Brauch auf sich hat, und warum es ihn tatsächlich bis heute gibt.

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Für viele Österreich-Urlauber aus aller Welt ist ein Besuch in der kleinen, malerisch schönen Marktgemeinde Hallstatt wohl ein Höhepunkt ihrer Reise. Doch in dem Nest, das bereits seit 1997 zur UNESCO-Welterberegion Hallstatt-Dachstein/Salzkammergut gehört, gibt es eine ganz besonders skurrile Sehenswürdigkeit, die wohl Manchen einen kalten Schauer über den Rücken jagen dürfte. Denn in der örtlichen Michaelskapelle, die zur katholischen Pfarrkirche gehört, findet sich eine der größten Schädel-Sammlungen auf der ganzen Welt. Kunstvoll bemalt, ruhen sie hier im Beinhaus Hallstatt teils seit Jahrhunderten. Doch woher kommt dieser einzigartige Brauch?

Der Seite der örtlichen katholischen Pfarrei zufolge befinden sich in der Michaelskapelle nicht weniger als rund 1200 menschliche Schädel. Das Besondere: Etwa 700 von ihnen sind bemalt, zeigen zum Beispiel eine Verzierung mit aufwendigen Blumenmustern. Auf vielen steht auch der Name des früheren „Besitzers“ auf die Stirn geschrieben. Wieder andere tragen hier einen Sinnspruch, ihre frühere Berufsbezeichnung oder die Geburts- und Sterbedaten. Ungewöhnlich ist auch, dass sich je nach Todeszeitpunkt des Verstorbenen im Beinhaus Hallstatt Schädel aus verschiedenen „Epochen“ dieser ganz besonderen Malerei finden lassen.

Die Schädel müssen ausbleichen

Beinhaus Hallstatt
Die Schädelmalerei im Beinhaus Hallstatt hat sich im Laufe der Jahrhunderte in Punkto Stil weiterentwickelt Foto: picture alliance / Michael Fritscher / picturedesk.com

Laut der Seite der Gemeinde handelt es sich bei den bemalten sterblichen Überresten um die größte Schädelsammlung dieser Art, die es jemals gegeben hat. Demnach war die Verzierung und anschließende Aufbewahrung der Schädel im Beinhaus Hallstatt für viele Familien aus der Region besonders in früheren Zeiten wie eine Art zweite Bestattung. Nach einer regulären „Ruhephase“ von 10 bis 20 Jahren entnahm man Schädel und große Knochen dem Grab. Erstere wurden dann vom Totengräber gereinigt und zum Bleichen für einen längeren Zeitraum dem Licht von Sonne und Mond ausgesetzt. Anschließend erfolgte die einmalige Gestaltung.

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Interessant ist dabei, dass sich die Schädelmalerei im Beinhaus Hallstatt über die Jahrhunderte veränderte, beziehungsweise weiterentwickelte. So sind solche Schädel, die Kränze zeigen, nachweislich die ältesten. Je dunkler der Kranz, desto älter auch die sterblichen Überreste. Dies ergaben mehrere Untersuchungen der makabren Sammlung. Die jüngsten ihrer Art tragen demnach einen schmalen Kranz und ein farbiges Kreuz. Die nächste „Phase“ der eigenwilligen Malerei kennzeichnet sich durch Blumenkränze. Darauf folgen dann gemalte Blätter an den Schläfen, zum Beispiel von Oleander, Eiche und Efeu.

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Schädelbestattung ist noch heute möglich

Seit Beginn des 17.Jahrhunderts werden laut der Pfarrei die Schädel im Beinhaus Hallstatt nachweislich aufbewahrt. Die Eigenart, sie zu bemalen, begann aber demnach erst um das Jahr 1720. Lange wurde zudem angenommen, die sterblichen Überreste habe man aus Platzmangel auf den Friedhöfen in die Michaelskapelle überbracht. Die Pfarrei jedoch spricht von einem Brauch, der aus der Tradition einzelner Familien hervorgegangen sei. Und so unglaublich es auch klingen mag, so wurden hier noch bis in die letzten Jahre des 20. Jahrhunderts die Schädel von Verstorbenen überstellt.

Der bislang letzte soll laut der Tourismuswebsite der Region Dachstein/Salzkammergut im Jahr 1995 dem Beinhaus Hallstatt übergeben worden sein. Dabei handele es sich um die sterblichen Überreste einer Frau, die bereits 1983 verschieden war. Die örtliche Pfarrei betont zudem, dass eine solche Art der Totenruhe auf besonderen Wunsch nach wie vor möglich sein. Dies gelte im Übrigen nicht nur für Katholiken, sondern auch Anhänger der evangelischen Konfession. Den Wunsch, auf diese Weise der Nachwelt erhalten zu bleiben, muss man dafür nur testamentarisch festhalten lassen.

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Wer jetzt neugierig geworden ist, kann das Beinhaus Hallstatt rund um das Jahr besichtigen. Die Öffnungszeiten der Michaelskapelle lassen sich der Website der Pfarrei entnehmen. Die katholische Kirche selbst mit einem Altar aus dem Jahr 1612 ist bei einem Besuch sicher auch sehenswert. Das Beinhaus als solches ist noch einmal um einiges älter, wurde bereits im 12. Jahrhundert „eröffnet“. Zwischen Anfang November und April ist das Beinhaus für normale „Tagesgäste“ geschlossen, es können aber Führungen bei der Stadt beantragt werden. Der Eintritt in die Schädelsammlung kostet für Erwachsene zwei Euro, für Kinder 50 Cent.

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