25. Juni 2023, 6:19 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Die Maya-Stadt Calakmul auf der Halbinsel Yucatán im heutigen Mexiko war einst eine der bedeutendsten antiken Supermächte der Region. Gelegen im zweitgrößten Biosphären-Reservat des gesamten amerikanischen Kontinentes, ist sie eine der besterhaltenen Stätten der untergegangenen Zivilisation. Noch immer entlocken Forscher ihr neue Geheimnisse.
Im Süden Mexikos, auf der Halbinsel Yucatán, erstreckt sich das nach dem Amazonas größte Regenwaldgebiet und Biosphären-Reservat auf dem gesamten amerikanischen Kontinent. Und hier, etwa 300 Kilometer entfernt von der Stadt Campeche, inmitten von mehr als 700.000 Hektar dichten Dschungels, befindet sich mit Calakmul auch eine der einst bedeutendsten Städte des antiken Volkes der Maya. Sie ist eine der besterhaltenen Ruinen dieser Zivilisation überhaupt, und doch sind ihre Geheimnisse immer noch nicht vollständig erforscht.
Es ist der 29. April des Jahres 562, als sich auf dem Gebiet des heutigen Mexiko eine neue Supermacht erhebt. Die Stadt Calakmul, die laut dem mexikanischen Instituto Nacional de Antropología e Historia (INAH, Nationales Institut für Anthropologie und Geschichte) bereits seit dem Jahr 250 vor Christus existiert, besiegt an diesem Tag ihren Erzrivalen Tikal, heute auf dem Gebiet von Guatemala gelegen. Für gut 130 Jahre ist nun die Metropole, deren Herrscher sich als Symbol einen Schlangenkopf gewählt haben, das Epizentrum des Maya-Universums, das auf seinem Höhepunkt aus etwa 60 Königreichen besteht.
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130 Jahre lang eine Supermacht
Calakmul muss man sich als eine hochzivilisierte Stadt vorstellen, in der künstliche Bewässerungsgräben die Versorgung der Bevölkerung sicherstellten. Neben den beeindruckenden Pyramiden, von denen die höchste 55 Meter misst, fand man gerade erst in jüngster Vergangenheit bislang Unbekanntes über die Stadt heraus. So entdeckte das INAH mittels der sogenannten Lidar-Technologie (Laser Imaging Detection and Ranging) auch die Überreste von Palästen, Kultstätten und luxuriösen Wohnräumen. Das alles liegt aber immer noch unter dem dichten Dschungel begraben, der weite Teile von Calakmul abseits der bisher für Touristen erschlossenen Gebiete bedeckt.
Mit bislang über 6000 entdeckten Strukturen ist Calakmul dennoch jetzt schon eine sehr gut erschlossene antike Maya-Stadt. Auf dem Höhepunkt ihrer Macht herrschte sie wohl über ein Gebiet von 13.000 Quadratkilometern. Mehr als 120 gravierte Stelen, die bislang in der Kultstätte gefunden wurden, zeugen vom Leben in der mächtigen Mega-City. So zeigen sie zum Beispiel das Leben und die Taten der König und Königinnen des Reiches. Doch dem laut INAH vielleicht bedeutendsten Herrschergeschlecht der Maya war nur eine extrem kurze Blütezeit beschert. Nach gut 130 Jahren wurde ihr Einfluss auf die Region unterbrochen.
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Verfall und Wiederentdeckung
Denn im Jahr 695, so belegen es unter anderem die Hieroglyphen-Funde auf den Stelen, erlitt Calakmul eine finale Niederlage gegen seinen Erzfeind Tikal. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten insgesamt 18 Schlangenkopf-Könige die Geschicke des riesigen Reiches bestimmt. Danach begann der Niedergang der Maya-Stadt, die nach und nach von ihren Einwohnern verlassen wurde. Das letzte Datum, das auf einer der zahlreichen hier gefundenen Stelen abgebildet ist, stammt aus dem Jahr 909. Danach verliert sich die Geschichte der einst mächtigsten Stadt der Maya im Dunkeln.
Es dauert 1000 Jahre, bis die moderne Welt überhaupt von der einstigen Existenz von Calakmul erfährt. 1931 ist laut „Spektrum der Wissenschaft“ der junge Biologe Cyrus Longworth Lundell im mexikanischen Regenwald auf der Suche nach Kautschuk unterwegs. Stattdessen macht er einen ungleich spektakuläreren Fund, nämlich zwei von dichtem Dschungel überwucherte Pyramiden. Er nennt die Stätte daraufhin Calakmul, was sich aus der Maya-Sprache ableitet. „Ca“ bedeutet demnach „Zwei“, „lak“ so viel wie „benachbart“, und „mul“ steht für „Pyramide“, bzw. einen von „Menschenhand aufgeschütteten Hügel“.
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Abgelegenes Welterbe
Lundell informiert daraufhin Sylvanus Griswold Morley über seinen Fund, seines Zeichens einer der damals führenden Experten für die Maya-Kultur. Dieser beginnt denn auch sogleich mit den Ausgrabungen rund um die archäologische Stätte von Calakmul, die heute laut INAH eine Fläche von 70 Quadratkilometern umfasst. Jedoch befindet sich der Ort für damalige Verhältnisse dermaßen abgelegen, dass die Grabungen schon bald wieder ruhen. Und das für mehr als 50 Jahre lang. Erst in den 1980er-Jahre beginnen die Universität von Campeche und das INAH damit, die heute bekannten Ruinen freizulegen.
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Bereits 2002 wurde Calakmul ob seiner Bedeutung von der Unesco zum Welterbe erklärt, 2014 dieser Status auch auf den die ehemalige Maya-Stadt umgebenden Dschungel ausgeweitet. Und noch immer machen Forscher hier neue Entdeckungen. Die bereits erwähnten dank der Lidar-Technologie gemachten Funde enthüllte die INAH beispielsweise erst im Oktober 2022. Entdeckungen, die hier bereits gemacht wurden, umfassen „National Geographic“ zufolge zum Beispiel wertvolle Jade-Masken, Keramiken, Gräber oder eben die zahlreichen gravierten Stelen.
Durch seine Abgelegenheit ist Calakmul nicht so ein Touristenmagnet wie zum Beispiel die Ruinen von Chichén Itzá. Archäologisch ist die antike Maya-Stadt aber zumindest gleichbedeutend. Die Seite der INAH beschreibt die Anfahrt, und gibt einen guten ersten Überblick über die Sehenswürdigkeiten. Demnach ist sie die ganze Woche über von 9 bis 17 Uhr für Besucher geöffnet. Was die Eintrittskosten betrifft, widersprechen sich leider diverse Quellen im Netz, eine offizielle Seite der Ruinen gibt es nicht. Die Seite der INAH besagt nur, das Personen unter 13 Jahren, Studenten und Rentner freien Zugang haben. Um einen zertifizierten Guide zu buchen, besuchen Sie zum Beispiel die Webseite „Visit Calakmul“, die nicht nur die archäologische Stätte, sondern das gesamte Biosphären-Reservat repräsentiert.