22. Februar 2023, 14:18 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Da, wo Manhattan und Brooklyn aufeinandertreffen, nicht weit vom Broadway entfernt, steht die City Hall: das älteste Rathaus der Vereinigten Staaten von Amerika. Unter dem Rathausplatz, über den jeden Tag Tausende New Yorker laufen, wird es aber besonders interessant. Denn tief unter der Erde befindet sich eines der schönsten Geheimjuwelen des Big Apple: die verlassene U-Bahnstation City Hall Station.
Die majestätische Station unterscheidet sich mehr als deutlich von den restlichen Haltestellen der bekannten New Yorker Subway-Linien, welche sehr versifft und heruntergekommen aussehen. Von dem sonst omnipräsenten Rost, schmucklosen Metall und den Schmierereien ist in der City Hall Station nichts zu sehen: Stattdessen gibt es hier riesige Kronleuchter, steinerne Strebebögen und kupferne Armaturen.
Es ist kein Zufall, dass man sich an spanische Architektur erinnert fühlt, wenn man die City Hall Station betrachtet. Der Architekt, der den Bahnhof entwarf, war der Katalane Rafael Guastavino. Er machte den historischen, sakralen Baustil seiner Heimat überall in den USA berühmt. Das bekannteste Bauwerk von Guastavino ist die imposante Grand Central Station, eines der Wahrzeichen von New York City. Guastavinos Ziel war es, eine Ästhetik, die sonst nur der Oberschicht und der Elite vorbehalten war, unters Volk und in die Alltags-Architektur zu bringen.
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Das Aushängeschild der New Yorker U-Bahn
Die City Hall Station sollte die Parade-Plattform und das Aushängeschild der New Yorker U-Bahn werden. Und tatsächlich waren bei der Eröffnungsfeier im Jahr 1904 so viele New Yorker anwesend, dass der Bahnhof rund um die Uhr von Polizisten bewacht werden musste. Der Kurator, der eine Ausstellung im New Yorker Transit Museum über Guastavinos Bauwerke organisiert hatte, sagte dem US-amerikanischen Sender CBS in einem Interview, dass die Station damals die „Mona Lisa“ der Untergrundbahn genannt wurde. Als Startbahnhof der sogenannten Manhattan Main Line sollte der Bahnhof die aufstrebende Position der Stadt New York innerhalb der USA repräsentieren.
Doch selbst in dem überfüllten New York von damals rechnete niemand damit, wie viele Einwanderer und Pilger aus Europa es in die Ostküsten-Metropole ziehen würde. Während laut Daten des Migration Policy Institutes um 1900 etwa 3,5 Millionen Menschen in NYC lebten, waren es 1920 schon über 5 Millionen und 1940 weit über 7 Millionen Menschen. Bald war klar, dass man die U-Bahn-Züge, und damit auch die U-Bahnhöfe, großzügig verlängern musste, um den wachsenden Menschenmassen im Nahverkehr gerecht zu werden. Aufgrund der geschwungenen und aufwendigen Konstruktion des City Hall Bahnhofs wurde aber schnell klar, dass man ausgerechnet das Prachtstück der Subway nicht verlängern konnte. Die neuen, längeren Züge passten nicht mehr durch die Kurve, weshalb die Schließung der Station beschlossen wurde.
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Tickets für eine Tour kosten 47 Euro
1945 schlossen sich die Zugänge zur City Hall Station. Seitdem ist es still um den Bahnhof geworden. Viele New Yorker wissen nicht mal etwas von seiner Existenz. Die wichtigste Station in unmittelbarer Nähe ist der Bahnhof Brooklyn Bridge, der letzte Halt auf der belebten Linie 6. Bleibt man nach dieser Station einfach in der U-Bahn auf dem Weg zum Startbahnhof sitzen, so rattert man an der einsamen City Hall Station vorbei. Das ist eine von zwei Möglichkeiten, die City Hall Station zu sehen. Die andere ist das bereits erwähnte New York Transit Museum. Ende der 90er plante das Verkehrs-Museum, die Station als Außenzweig des Museums zu etablieren, doch dies kam nicht zustande. Die Gründe dafür sind unklar.
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Seit 2006 gibt es wieder die Möglichkeit für eine Tour: jedoch nur, wenn man ein registriertes Mitglied in der Transit Museums-Community ist und rechtzeitig reserviert und dafür zahlt. Nur dreimal im Jahr werden Tickets zum Verkauf angeboten. Ein Ticket kostet umgerechnet etwa 47 Euro pro Person. Wer die City Hall Station betreten will, muss also einigen Organisationsaufwand betreiben und Geld in die Hand nehmen. Zum Glück gibt es noch die kostenlose Variante des Vorbeifahrens, auch wenn diese Option nur einen flüchtigen Blick auf den verwunschenen Bahnhof gewährt.