11. Juni 2023, 8:05 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Eine Stadt, in der sich einst die High Society Italiens vergnügte, ist heute verlassen. TRAVELBOOK erzählt die verrückte Geschichte von dem Bauerndorf, das zum Las Vegas Italiens wurde.
„Consonno ist die kleinste, aber schönste Stadt der Welt“ heißt es am verwaisten Eingangstor zur ehemaligen Vergnügungsstadt. Der Ort liegt im Norden Italiens, in der Lombardei. Doch von der einst schönsten Stadt ist schon lange nichts mehr zu sehen. Dabei sah es einst so rosig aus für den kleinen Ort, in dem sich der Unternehmer Mario Bagno einen Lebenstraum erfüllen wollte. Er träumte davon, einen Vergnügungspark zu errichten.
1960 beschloss er, dass Consonno die richtige Stadt für dieses Vorhaben sei. Sie wollte er in ein italienisches Las Vegas verwandeln. Doch zunächst war der Ort weit von Glamour entfernt. Consonno war damals noch ein Bauerndorf. Das schreckte den Unternehmer allerdings nicht ab: Mario Bagno kaufte 1962 für 22,5 Millionen Italienische Lire den Ort und zwang die Bewohner, umzusiedeln. Fast alle Gebäude ließ er abreißen, nur die Kirche, der Friedhof und ein paar wenige Häuser blieben erhalten.
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Wo Italiens Elite feierte
An Stelle der alten Häuser wurden Hotels, Restaurants, Clubs und Bars für Italiens High Society erbaut. Sogar eine Tanzhalle und eine Eisenbahnstrecke zur Erkundung der Ferienanlage ließ Mario Bagno errichten. Jedes Gebäude wurde dem Stil einer anderen Kultur oder Zeit nachempfunden: Es gab ein muslimisches Minarett, mehrere chinesische Pagoden und ein mittelalterliches Burgtor in Consonno. Besonders sticht ein 30 Meter hoher Turm hervor, der als Wahrzeichen des Orts gilt.
Doch damit nicht genug: Es soll sogar Pläne für einen Zoo, eine Autorennbahn, einen Reitplatz, eine Bowlinghalle und eine ägyptische Sphinx gegeben haben, wie die Buchungsplattform italy-villas.de schreibt. In den späten 60er und frühen 70er-Jahren dürfte das Konzept des Unternehmers aufgegangen sein. Consonno wurde zum beliebten Ziel für Wochenendpartys und Hochzeiten, riesige Menschenmengen strömten in die Stadt.
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Das Ende der prunkvollen Stadt
Doch das Jahr 1976 markiert das Ende von Italiens Las Vegas. Ein Erdrutsch zerstörte die einzige Zufahrtsstraße und der Graf und die Stadt wurden sich nicht einig darüber, wer die Reparaturen bezahlen soll. Doch der Unternehmer wollte noch nicht mit „seiner“ Traumstadt abschließen. So versuchte er in den 80er-Jahren der Stadt wieder Leben einzuhauchen und das Gran Hotel Plaza von Consonno in ein Pflege- und Altenheim umzuwandeln und die Zufahrtsstraße zu reparieren. Doch auch das gelang ihm nicht und nach Bognos Tod verfiel auch dieses Gebäude und wurde schließlich 2007 offiziell geschlossen. Seither ist Consonno eine Geisterstadt, die zudem bei einem Rave von tausenden Feiernden komplett verwüstet wurde.
Heute veranstalten Bewohner aus der Umgebung immer wieder Feste auf dem verfallenen Gelände. Es ist mit Graffitis übersät, die an den kitschigen Bauten fehl am Platz wirken. Wie vor 60 Jahren wird nun wieder darüber nachgedacht, die Stadt gänzlich dem Erdboden gleichzumachen. Wer in Mailand ist, kann Consonno auf einem Tagesausflug besuchen. Der letzte Kilometer muss allerdings zu Fuß in Angriff genommen werden, die Zufahrtsstraße ist ja bekanntlich nicht befahrbar. Offiziell für die Öffentlichkeit zugänglich ist Consonno aber nicht mehr und seit 2021 sind die verbleibenden Gebäude eingezäunt und als nicht sicher eingestuft.
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Was soll mit Consonno passieren?
Wie die örtliche Zeitung „La Provincia di Lecco“ vor einigen Jahren schrieb, plant die Stadt Olginate, das Areal von Consonno in der Zukunft anderweitig zu nutzen. So sollen einige Gebäude auf dem Hügel von Consonno abgerissen werden. Ein großer Teil des Geländes soll begrünt und in einen öffentlichen Park umgewandelt werden. Einen Zeitplan für die Umsetzung dieser städtebaulichen Maßnahmen nannte die Zeitung allerdings nicht – und bislang gibt es keine weiteren Details zum Vorgehen. Tragisch, denn so verfällt das einstige prunkvolle Las Vegas Italiens immer weiter zur Geisterstadt.