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Skrunda-1 in Lettland

Diese sowjetische Geisterstadt sollte einst vor dem Atomkrieg warnen

Skrunda, Lettland, Lost Place
Skrunda besteht heute nur noch aus Ruinen und Natur, die den Ort wieder zurückerobert Foto: Getty Images
Annette Schimanski

25. November 2018, 14:41 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten

Die Angst vor einer Eskalation war im Kalten Krieg enorm. Die Sowjetunion errichtete ganze Städte, um einen möglichen Angriff der USA möglichst früh zu entdecken. Einer dieser damals geheimen Orte war Skrunda-1 – mitten im heutigen Lettland.

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Die Sowjetunion hatte während des jahrzehntelangen Konflikts mit den USA rund 40 geheime Stützpunkte dieser Art in Osteuropa errichtet. Alle trugen sie den Namen einer naheliegenden Stadt und eine Nummer. Skrunda-1 bzw. Skrunda-2 wurde 150 Kilometer westlich von der lettischen Hauptstadt Riga errichtet – weite Felder, schlichte Wohnhäuser, Wald und wenige Farmen bestimmten schon damals das Bild von Skrunda.

Abriss sowie Neubau zu teuer

Heute sind die Häuser verlassen und verfallen, die Fensterscheiben zerschlagen, Wände sind von Pflanzen überwuchert, das Gras ist hoch und vergilbt. Ende der 90er-Jahre verließen die letzten Einwohner die einst geheime Stadt, aber bereits 1995 begann die Demontage und der Verfall. Die einzige Geschichte, die die verlassenen Gebäude jetzt noch erzählen, ist die von Misswirtschaft.

Nach dem Fall der Sowjetunion und dem Ende des Kalten Kriegs ereilte Skrunda ein ähnliches Schicksal wie viele Militär-Stützpunkte aus dieser Zeit. Die Menschen gehen, die Ortschaft verfällt und steht dann vor dem Dilemma, dass es zu viel Geld kosten würde, die Stadt wieder aufzubauen, ein Abriss der Gebäude aber auch zu teuer wäre. So wurde auch Skrunda zu einer Geisterstadt, die nun von Touristen, die die Faszination eines „Lost Place“ erleben wollen, erkundet wird.

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Skrunda, Lettland, Lost Place
In Skrunda gab es Wohnhäuser, einen Kindergarten, eine Krankenstation und sogar einen Nachtclub. Foto: Getty Images

Was passierte in Skrunda-1?

Skrunda wurde 1963 als ein wichtiger Punkt in der Verteidigungsstrategie der Sowjetunion angelegt. Im Zentrum des Hauses standen Radarsysteme, die systematisch den Himmel „scannten“, um herannahende Atomraketen aus dem Westen zu entdecken – ein Frühwarnsystem für den Ernstfall. Von dem Radarturm ist heute nichts mehr übrig. Er wurde 1995 abgebaut, aber nur aufgrund von Protesten der lettischen Bürger.

Die sogenannte lettische Volksfront, eine Organisation, setzte sich für die Unabhängigkeit des Landes von der Sowjetunion ein und wollte eigentlich nicht dulden, dass das russische Militär über 1991 hinaus in Skrunda blieb. Der Abriss der zentralen Bauten in Skrunda war daher symbolischer Natur, um Lettland zu besänftigen. Die russischen Truppen blieben noch Jahre nach dem Ende der Sowjetunion vor Ort.

Skrunda, Lettland
Die Turnhalle ist vollkommen zerstört, die Farbe blättert von der Wand. Foto: dpa

Nachdem 1999 der letzte Bewohner Skrunda verlassen hatte, wurden die Gebäude geplündert und verwüstet. Vorher hatten 5000 Menschen in Skrunda gewohnt. Zurück blieben nur Ruinen und Natur. Erst nach über einem Jahrzehnt wurde gehandelt. 2010 sollte das Gebiet an ein russisches Unternehmen verkauft werden. Nachdem dieses aber kein Geld gezahlt hatte, wurde die Stadt von einem Investor aufgekauft, der Skrunda aber vollkommen vernachlässigte.

Skrunda, Lettland
Je verfallener der Ort wurde, desto mehr Besucher wollten die verlassene Stadt besuchen. Foto: dpa
Skrunda, Lettland
Inzwischen muss man Eintritt zahlen, um die Stadt zu besichtigen. Foto: dpa

Mit der steigenden Beliebtheit von Riga und verlassenen Orten entdeckten Touristen auch die ländlichen Gegenden Lettlands und damit auch Skrunda. Auf nur 0,4 Quadratkilometern fanden sie dort verfallene Wohnhäuser, Fabriken, einen Supermarkt, einen Kindergarten, sogar einen Nachtclub und ein unterirdisches Bunkersystem. An manchen Wänden sind verblasste Malereien zu erkennen, beispielsweise ein signalrotes, riesiges Porträt von Lenin. Der Müll besteht aus Gefäßen, Kleidung, Zeitungen, Akten sowie Möbeln und wird nach und nach von der Natur verschluckt.

Skrunda, Lettland, Lenin
Man kann Überbleibsel der sowjetischen Ära in Skrunda entdecken. Foto: dpa

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Der Staat holte sich das Gebiet zurück, öffnete es für Touristen

2015 beschloss die lettische Regierung Skrunda zurückzukaufen. Laut „Guardian“ hat das ganze Gebiet 12.000 Euro gekostet. Seitdem ist ein Teil der Fläche erneut in militärischer Nutzung. Die andere Hälfte soll für Industrie und Wohnraum erschlossen werden. Bisher ist noch nicht viel passiert, außer, dass Besucher nun vier Euro Eintritt zahlen müssen und eine Karte erhalten, um das verlassene Skrunda erkunden zu können.

So ist Skrunda zu einer offiziellen Touristenattraktion geworden, hat eine eigene TripAdvisor-Seite mit Bewertungen –  und verliert damit ein wenig den Mythos, der häufig verlassene Ruinen umgibt.

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