4. Juni 2024, 17:09 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Die japanische Insel Hashima war einmal die am dichtesten besiedelte Region auf der ganzen Welt. Heute ist das Eiland vor der Küste Nagasakis völlig verlassen, nur noch ein paar Katzen streunen dort – und einige mutige Touristen.
Dass man per Google Street View mittlerweile mit nur wenigen Mausklicks an fast jeden beliebigen Winkel der Welt kommt, dürfte bekannt sein. Aber nur die wenigsten wissen, dass man damit auch in dem Versteck eines waschechten Bond-Bösewichts herumstöbern kann.
Übersicht
Filmkulisse mit beeindruckender Geschichte
Wer bei Street View den Suchbegriff „Hashima“ eingibt, kann durch die Ruinen einer Stadt spazieren, die in dem Bond-Film „Skyfall“ als Vorbild für die Festung des irren Raoul Silva (Javier Bardem) gedient hat. Zwar wurden die Innen-Szenen im Studio gedreht, doch einige Außenaufnahmen zeigen die „Kriegsschiff-Insel“ („Gunkanjima“), wie sie aufgrund ihrer Silhouette auch genannt wird.
Doch noch spannender als ein virtueller Rundgang über Hashima ist die Geschichte der Insel. Denn einst war dieser verlassene Flecken Erde einer der am dichtesten besiedelten Orte auf der ganzen Welt, lebten hier auf gerade einmal 160 mal 480 Metern Tausende Menschen, die eines vereinte: Kohle, das schwarze Gold der japanischen Industrialisierung.
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Hunderte Arbeiter kamen auf Hashima zu Tode
Heute erinnern nur noch verfallene und verrostete Ruinen daran, dass es hier einmal eine ganze Zivilisation im Mini-Format gab – mit Kino, Supermärkten, Spielhallen. All das sollte den Menschen auf Hashima, meist Arbeitern, das schwere Leben auf der Insel so angenehm wie möglich machen. Denn wer hier lebte, der lebte gefährlich.
Die Kohle wurde aus einem hunderte Meter langen Förderschacht an die Oberfläche gebracht, wobei die Stollen, in denen sich die Arbeiter bewegten, unter dem Meeresspiegel lagen. Zudem waren nicht alle Einwohner Hashimas freiwillig hier – Japan hatte im Zuge seiner Imperialisierung auch Zwangsarbeiter aus China oder Korea rekrutiert. Wie „Spiegel Online“ berichtete, kamen hier allein bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges 1300 Arbeiter zu Tode.
In den 1970er-Jahren kam das Ende von Hashima
Weil es so wenig Fläche gab, baute man eben in die Höhe, unter anderem entstand auf Hashima das erste mehrstöckige Wohngebäude aus Beton in ganz Japan. Und obwohl die Kumpel auf wenigen Quadratmetern mit Gemeinschaftstoiletten hausen mussten, war ihr Lebensstandard teilweise sogar höher als der auf dem japanischen Festland – ein Grund, warum sich so viele Arbeiter für den Job auf Hashima anwerben ließen.
Doutoku Sakamoto, der auf Hashima geboren wurde, sagte der Zeitschrift „Mare“ in einem Interview über sein damaliges Leben: „Anfang der 60er-Jahre hatten wir hier schon einen Kühlschrank, eine Waschmaschine und einen Fernseher. Es war ein gutes Leben auf der Insel. Sie ist ein Teil von mir.“ Doch Hashimas Blütezeit währte nicht lange. 1974 kam dann das plötzliche Ende für die „Geisterinsel“, wie sie im Volksmund heute auch genannt wird.
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Viele Ruinen sind einsturzgefährdet
Denn die japanische Regierung entschloss sich, auf Erdöl als den Kraftstoff der Zukunft zu setzen, womit das Ende der Braunkohle-Ära besiegelt war – und damit auch das von Hashima. Die Insel wurde zum Sperrgebiet erklärt, nachdem sie innerhalb von wenigen Monaten von ihren einstigen Bewohnern geradezu fluchtartig verlassen worden war.
Das blieb sie dann auch jahrzehntelang – bis sie 2009 erstmals für Besucher geöffnet wurde. Inzwischen gibt es eine Handvoll Anbieter, die geführte Touren zur Insel anbieten. Da ein Großteil der Ruinen einsturzgefährdet ist, ist ein Rundgang auf eigene Faust nicht möglich, wie auch die Japanische Fremdenverkehrszentrale schreibt. Besucher müssen zudem vor dem Trip ein Dokument unterschreiben, mit welchem die bestätigen, die Ruineninsel auf eigene Gefahr zu besuchen.