15. März 2024, 13:04 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
An der schönen Südostküste von Spanien, mitten in einem Naturpark und in unmittelbarer Nähe zum Wasser, rottet seit fast 20 Jahren ein halb fertiger Hotelklotz vor sich hin und verschandelt die Landschaft. Was es mit dem Geisterhotel auf sich hat und was damit in Zukunft passieren soll – TRAVELBOOK hat die Infos.
Es ist kein schöner Anblick, der sich den Besuchern des Strandes El Algarrobico in der spanischen Region Almería bietet. Direkt hinter dem Strand erhebt sich an einem Steilhang ein Betonriese mit 21 Stockwerken. Überall bröckelt der Putz, die einst strahlend weiße Farbe ist vergilbt, und noch immer stehen Baukräne herum. Es sind die Überreste eines geplanten Luxushotels mit 411 Zimmern, das Touristen aus aller Welt empfangen sollte. Doch dazu kam es nie.
Die Geschichte des Hotel Algarrobico
Die Geschichte des Geisterhotels von Algarrobico beginnt im Jahr 2003, als die zuständige Gemeinde den Bauherren einer Hotelgruppe die Genehmigung für das Projekt erteilt. Schon damals gibt es Proteste von Umweltschützern. Denn das Baugelände liegt im geschützten Naturpark Cabo de Gata und viel zu nah am Wasser. Vor allem Greenpeace setzt sich für einen Baustopp ein. Die Umwelt-Aktivisten bezeichnen das Hotel am Algarrobico-Strand als „illegal“ und hängen entsprechende Plakate an den bereits halb fertigen Bau. Es gibt zahlreiche Protestaktionen, auch mit Booten. Im Jahr 2005 erzielen die Umweltschützer dann einen ersten Erfolg: Ein Gericht ordnet einen Stopp der Bauarbeiten an.
Es folgen jahrelange Rechtsstreits. 2012 erklärt der oberste Gerichtshof von Andalusien in Granada den Bau für illegal. Zwischenzeitlich kommt es dann laut einem Bericht des „Spiegel“ zu einem gegenteiligen Urteil. Doch 2016 erklärt Spaniens Oberster Gerichtshof den Bau der umstrittenen Hotelanlage schließlich ebenfalls für illegal. Die Richter entscheiden laut „Spiegel“, dass das Gelände an einem der letzten naturbelassenen Strände in der Gegend von Carboneras nicht hätte bebaut werden dürfen.
Doch darüber, was mit der Ruine passieren soll, wird in dem Prozess nicht entschieden. Wie das Reiseportal „Traveltomorrow.com“ schreibt, fordert der Gerichtshof die Stadtverwaltung von Carboneras im Rahmen des Urteils lediglich auf, die vor fast zwei Jahrzehnten erteilte Baugenehmigung zu ändern und zu überprüfen.
Stadtverwaltung stellt sich quer
lm Juli 2021 lehnte der Oberste Gerichtshof Andalusiens einen erneuten Antrag von Greenpeace ab, den Abriss des Hotels am Strand von Algarrobico vorzunehmen. Nach Ansicht der Richter kann die Aktion erst dann fortgesetzt werden, wenn die Gemeinde Carboneras die 2003 erteilte Baugenehmigung aufhebt. Doch das ist bis heute nicht geschehen.
Wie die spanische Zeitung „El Mundo“ berichtet, habe sich die sozialistische Regierung von Carboneras bis zu den spanischen Parlamentswahlen im Mai 2023 geweigert anzuerkennen, dass das Algarrobico unrechtmäßig errichtet wurde. Kurz zuvor, am 26. April 2023, habe die PSOE-Regierung sogar noch eine Resolution im Plenum eingereicht, die eine Neuklassifizierung des Landes als „nicht bebaubar“ vorschlug – nicht mehr als ein Trick, der laut „El Mundo“ schlicht implizieren sollte, dass das Land im Jahr 2003 sehr wohl noch „bebaubar“ gewesen sei. Die Regierung von Andalusien legte Berufung gegen die Resolution ein – und bekam Recht.
Mit den Wahlen haben sich die Machtverhältnisse in der Stadtverwaltung laut „El Mundo“ zwar zu Ungunsten der PSOE verschoben – jedoch ist die neue Regierung scheinbar fragil: Ein für Mitte März angesetztes Misstrauensvotum könnte erneut für Wirbel und Machtverschiebungen sorgen. So vergehen die Monate, und noch immer verschandelt der halb fertige und zunehmend verfallene Hotel-Bau den Küstenabschnitt von Algarrobico.
Leere Wahlversprechen
Die Umweltschützer von Greenpeace bezeichnen den Bau auf ihrer Webseite als „Symbol für die Zerstörung der Küste“ und als einen „der größten Skandale der Stadtentwicklung“. Das Urteil des Obersten Gerichtshofs von Februar 2016 habe bestätigt, dass das Hotel trotz der Passivität der zuständigen Behörden illegal inmitten des Naturparks gebaut worden sei. „Trotz der Wahlversprechen zum sofortigen Abriss im März 2008 und der Versprechen von Umweltministern und andalusischen Präsidenten steht das Hotel noch immer“, schreibt Greenpeace. Und weiter: „Einer Studie zufolge werden durch den Abriss und die anschließende Sanierung der Umgebung rund 400 Arbeitsplätze geschaffen.“
Wann das Kapitel des Geisterhotels am Strand von Algarrobico endgültig geschlossen werden kann, steht also weiter in den Sternen. Zunächst wird sich wohl weiter die Justiz mit dem Fall befassen müssen.