20. November 2020, 6:34 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
1997 zerstörte ein massiver Vulkanausbruch den Ort Plymouth auf Montserrat nahezu vollständig, im Zuge der Katastrophe wanderte mehr als die Hälfte der Bevölkerung aus. Dennoch ist Plymouth bis heute die offizielle Hauptstadt der Insel – und mittlerweile einer der weltweiten Hotspots für Dark Tourism.
Auf Montserrat, der kleinsten Karibik-Insel, liegt ein Ort, der 1997 schlagartig eine sehr traurige Berühmtheit erlangte: Plymouth. Fast alle Häuser hier sind zerstört, liegen teils begraben unter einer meterdicken Schicht aus Schlamm und Asche. Die ehemaligen Bewohner sind geflohen, viele von ihnen ins Ausland, denn hier fühlten sie sich nicht mehr sicher. Und so wurde Plymouth zur weltweit einzigen Hauptstadt, die gleichzeitig eine Geisterstadt ist.
Die Katastrophe beginnt sich bereits 1995 abzuzeichnen, als laut „Encyclopedia Britannica” der Vulkan Soufrière Hills zum ersten Mal ausbricht — davor hatte der Feuerberg 400 Jahre lang geschlafen. Doch nun speit er wieder Lava, Gestein und Asche in den Himmel über Plymouth. Sofort ist klar, dass große Gefahr droht, denn die Stadt liegt sprichwörtlich im Schatten des Vulkans. Doch das wahre Ausmaß der Katastrophe hätte sich wohl niemand träumen lassen.
Ein tödlicher Fehler
So wird die gesamte Bevölkerung von Plymouth zunächst einmal in Sicherheit gebracht, doch als die Lage in der Folgezeit vorerst ruhig bleibt, kehren die Menschen nach einigen Monaten wieder in ihre Heimat zurück – ein tödlicher Fehler. Denn der Soufrière Hills sammelt nur neue Kraft, bevor er im Sommer 1997 dann zu einem neuen, ungleich gewaltigeren Ausbruch ansetzt. Am 25. Juni schließlich ist es soweit.
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Die Eruption tötet an diesem Tag 19 Menschen, sorgt dafür, dass Plymouth wiederum evakuiert werden muss, seine Bewohner wissen zu diesem Zeitpunkt jedoch noch nicht, dass es dieses Mal für immer sein wird. Denn der Vulkan bleibt weiterhin hochaktiv. Am 4. August kommt es schließlich zur Katastrophe: Vier Tage lang wütet der Soufrière Hills, mit bis zu 160 Kilometern pro Stunde schießen Lavaströme an seinen Hängen hinab.
„Pompeji der Karibik“ ist immer noch eine Gefahrenzone
Am Ende sind 80 Prozent von Plymouth zerstört, liegen manche Gebäude laut „Telegraph” unter einer bis zu 21 Meter hohen Schicht aus Asche und Schlamm begraben. Der Ort ist seitdem auch bekannt als „Pompeji der Karibik”, in Anlehnung an die legendäre Stadt nahe Neapel, die 79 nach Christus ebenfalls von einem Vulkanausbruch vernichtet wurde.
Doch nicht nur die Hauptstadt hat es getroffen, zwei Drittel des südlichen Teils der Insel sind verwüstet, der einzige Flughafen des Landes ist zerstört. Bis heute ist der gesamte Süden von Montserrat als offizielle Gefahrenzone ausgeschrieben, die man, wenn überhaupt, nur mit fachkundigen, einheimischen Guides betreten darf. Lebten vor 1995 noch gut 11.000 Menschen auf der Insel, so sind es heute weniger als die Hälfte, laut „Visit Montserrat” aktuell noch 5000. Der Inselstaat, ein Überseeterritorium von Großbritannien, ist immer noch auf Entwicklungshilfe-Gelder angewiesen, hat kaum eigene Wirtschaft.
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Plymouth, ein Hotspot des Dark Tourism
Besonders dramatisch ist diese Geschichte auch angesichts der Tatsache, dass es ausgerechnet der Vulkan und die Katastrophe sind, aus der die Insel heute versucht, zumindest etwas Kapital zu schlagen – Montserrat, eines der am wenigsten besuchten Länder weltweit, hat sich mittlerweile zu einem Hotspot des Dark Tourism entwickelt. Hierher kommen Menschen, die das zerstörte Plymouth sehen möchten, denn mit einem Fremdenführer ist das durchaus möglich.
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Und laut „Guardian” blüht noch ein weiterer Wirtschaftszweig, der einzig wirklich nennenswerte auf Montserrat. Am Fuße des Vulkans wird mittlerweile in großen Stil Sand abgebaut und exportiert. Der damalige Regierungschef sagte dem Blatt 2016, man habe mittlerweile gelernt, mit dem Vulkan zu leben: „Ash to cash” – übersetzt bedeutet das soviel wie „Aus Asche wird Geld”. Der Soufrière Hills ist bis heute aktiv.